Hm, ich glaube eher, dass die Grenzkontrollen eingeführt wurden, weil am folgenden Tag Verhandlungen mit den anderen EU-Staaten anstanden und man ein Zeichen setzen wollte. Hat halt leider nicht geklappt.

(Und zu Syrien: Ich weiß nicht, wie die Situation in der Schweiz ist - da mag der syrische Bürgerkrieg eine eher geringe Rolle für die Entwicklung der Flüchtlingskrise spielen, aber was den Rest Europas, insbesondere die "Balkan-Route", also Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn, Österreich, Deutschland, Schweden betrifft, was ja die momenten dringenste Angelegenheit ist, ist der Bürgerkrieg sogar überaus entscheidend.
Und sicher würde die Flüchtlingskrise nicht auf einmal aufhören, wenn der Krieg vorbei wäre, aber ein Ende würde zumindest näher kommen. Kaum jemand verlässt gerne die eigene Heimat und viele Flüchtlinge, gerade aus Syrien, wollen eigentlich gerne wieder zurück (einige, mit denen ich gesprochen habe, überlegen sogar JETZT zurückzufahren, obwohl dort noch Krieg herrscht) - ich glaube, Symptombekämpfung alleine reicht nicht aus. Es darf nicht nur um die Bewältigung der Flüchtlingskrise in Europa gehen, sondern es müssen auch größere Anstrengungen (etwa eine Koalition mit russland) unternommen werden, um die Krisen vor Ort zu bekämpfen...)

Ich saß heute mit fast ausschließlich Flüchtlingen in einem Zug, der in Freilassing über die Grenze ist.

Nach stundenlangem Warten im fast komplett luftdicht abgeriegelten Zug in Salzburg, absolut null Information, und keiner Möglichkeit, irgendwo Wasser und Essen zu besorgen, kam in Freilassing dann die deutschsprachige Durchsage der BPolizei "an die deutschen Passagiere", dass sie den "Tipp erhalten" haben, dass sich im Zug "mehrere illegal eingereiste Personen befinden". Auf dem Bahnsteig hat sich schon die Mannschaft mit geschätzt 50 Uniformierten getümmelt. Zuerst sind zwei BPolizisten von vorne bis hinten durch den Zug, und haben alle Gesichter abgefilmt. Danach wurden die Wagen einzeln abgeriegelt, und pro Wagen alle illegal Eingereisten auf den Bahnsteig getrieben und in einem abgegrenzten Bereich festgehalten. Während der Zug mit den verbleibenden (gefühlt) 20 EU-Bürgern und Inhaber eines Schengen-Visums dann weitergefahren ist, haben wir die Info bekommen, dass alle anderen unmittelbar zur Erstregistrierung kommen und von da deutschlandweit auf Auffanglager verteilt werden.

Ich hab meine Gedanken und Gefühle noch überhaupt nicht sortiert, aber heute bestimmt schon vier Stunden geheult. Das kommt mir wiederum total lächerlich vor, weil uns dank mitteleuropäischem Aussehen überhaupt nichts passiert ist - es wollte noch nicht mal jemand unseren Pass sehen! - und alle Flüchtlinge das Prozedere fast stoisch über sich haben ergehen lassen.

Ja...? Naja, sie reisen ja auch ein....
außerdem: wonach willst du als polizist sonst gehen wenn nicht nach dem Aussehen?

Naaaajaaaaaaa.... Ungarn und Deutschland. Da liegen doch schon irgendwie Welten dazwischen....

Da muss ich dir ausnahmsweise mal zustimmen, Pirx - Was in Ungarn abgeht ist mit D. kaum zu vergleichen (bzw. der Vergleich fiele zu D.s Gunsten aus). Noch haben wir keine faschistoide Diktatur, immerhin.

Trotzdem - in D. läuft extrem viel sehr schlecht. Da ist es ein schwacher Trost, dass es in der Mehrzahl der europäischen Länder eher noch schlechter läuft. (Gerade mal wieder rechte Idioten in Bischofswerda am demonstrieren gewesen... jetzt gibts zumindest einen polizeilichen Kontrollbereich ums Flüchtlingsheim.

Grr...manchmal sind die Sachsener...nicht nett. Wo ist das Loch, in das ich diese Idioten stopfen kann?!
In einem Gespräch habe ich mal gehört, dass besonders der Osten was gegen Flüchtlinge hat. Aber warum nur?
Ich bete jetzt einfach, dass das nicht stimmt.

*müde aufblick* Bitte, kein Sachsenbashing... nicht hier und bitte nicht schon wieder...

Noch zu dem, was Kaktus erzählt hat... Ich hab total gemischte Gefühle was das angeht, wenn ich ehrlich bin. Ich versteh das völlig, dass das echt grauenhaft mitanzusehen ist, aber andererseits, frage ich mich wie das anders gehen soll. Pässe haben viele nicht, und mal kurz nachfragen dauert. Wenn man viele Menschen auf einmal bewegen muss, und das ganze dann noch halbwegs auf Tempo, geht das nun mal nicht mit Samthandschuhen. Mir grausts aber ganz ehrlich ein bisschen vor mir selbst, wenn ich das so schreibe, und ich war ja auch nicht dabei.
Ich kann nur erzählen, wie das zB in dem Transitquartier ist, wo ich jetzt schon ein paar Mal geholfen hab (allerdings nur eine Nacht, in der die Unterkunft auch tatsächlich belegt wurde.). Da gibts die Aufteilung in, wie wir es daheim ein bisschen scherzhaft nennen, in "Kavallerie" und "Kuscheltruppe". Die Kavallerie sind u.a. erfahrene Rettungssanitäter, Leute mit Erfahrung mit Großschadensereignissen, Einsatzleitung, etc., die dann draußen bei den Bussen stehen, die Leute in Gruppen einteilen und in diesen Kleingruppen ins Haus schicken. Da herrscht schon ein rauherer Ton, das muss ich zugeben. Im Haus sind dann wir von der "Kuscheltruppe" (Zivis, andere Ehrenamtliche, etc) und zählen wieviele Männer Frauen und Kinder in dieser Gruppe sind und führen sie auf die Zimmer. Hier versucht man schon, das Ganze so stressfrei wie möglich zu halten, die Menschen sind sowieso alle total fertig. Da heißts dann wirklich nur mehr "Here are the toilets and showers, please stay here until everybody has a room. Do you need a doctor? If you need anything, come to us. Do you want a teddy bear for the children?"
Das Problem ist halt, dass die Polizei nur aus Einsatzkräften besteht, da ist kein Platz für die "Kuscheltruppe".
Wie gesagt, ich fühl mich richtig schlecht, dass ich das von der logistischen Seite her versteh, aber ich denk, dass es trotzdem eine Möglichkeit geben muss, einen menschenwürdigen Mittelweg zu finden

So seh ich das eigentlich auch: keine Ahnung, wie das Verfahren mit der Registrierung und Verteilung anders gehen soll. Prinzipiell wird sich daran wohl nicht rütteln lassen.
Es hätte in der Nacht, und in wahrscheinlich jeder anderen, auch nur ein paar Kleinigkeiten gebraucht, um dieses Prozedere ein wenig menschlicher und mit mehr Würde zu gestalten:
Informationen darüber, wie lange der Zug noch steht, und darüber, was anschließend passiert, wären schonmal hilfreich gewesen. Der nächste Schritt wäre eine Person, die übersetzt, gewesen. Das müssen noch nicht mal Übersetzungen in alle z.B. pakistanischen Sprachen sein; Englisch hätte schon sehr weitergeholfen. Unter den Menschen im Zug waren so viele, die dann hätten weiterübersetzen können. Aber die nicht vorhandene Informationspolitik ist wahrscheinlich Konzept - wer nicht weiß, was kommt, kann sich auch nicht darauf vorbereiten.
Ganz fundamental wären auch Wasser und etwas zu Essen nötig gewesen. In meinem näheren Umfeld ist zwar niemand kollabiert, aber das wäre angesichts der Luft zum Schneiden und den Stunden des Wartens gut möglich gewesen.

Dann saßen die Menschen hinter diesen grün-weißen Massenbrechern am Bahnsteig, während die Polizisten lautstark über die Ablösung diskutiert haben. Zwei Jungs im Kindergartenalter mussten mal aufs Klo, dann hat einer der Polizisten sie hinter den nächsten Busch geführt und gesagt: "Hier, Pipi!", und als die sich geweigert haben, hat er sie erst nach viel Genervtheitsäußerungen aufs Zugklo geführt. Generell hätte ich zumindest einem der Polizisten aufgrund seiner Äußerungen gerne auf die Schuhe gekotzt. Zeigt auf die Flüchtlinge am Bahnsteig und sagt: "Die, die sind alle ein Sicherheitsrisiko!", "80% sind junge Männer, und viele von denen haben Familie, die sie zurückgelassen haben! Herzlos! Und die kommen jetzt alle her! Überlegt euch das mal!", "Hier werden die doch mit offenen Armen empfangen! Kein Wunder, hier kriegen die ja auch am meisten.",...
Ein Mitarbeiter der ÖBB (der mit Abstand netteste uniformierte Mitteleuropäer am Bahnsteig) hat uns erklärt, dass auch die Bahntickets, die die Leute ja nicht bis zum Ende in Anspruch nehmen können, nicht erstattet werden, obwohl dafür mehrere 100 Euro gezahlt wurden. Zugtickets hatten die Flüchtlinge in unserem Wagen alle - sonst gibt's Sozialstunden, bevor sich noch irgendjemand den Antrag auf Flüchtlingsstatus angeschaut hat (wurde mir vor ein paar Tagen von einem Sozialarbeiter erklärt).
Und uns dann nicht mal kontrollieren. Darauf komm ich auch noch nicht klar.

Holly, du hast schon in einem Übergangsquartier gearbeitet, und Jasper und Kleo haben was von einem Café erzählt, wenn ich richtig gelesen habe? Mögt ihr mal erzählen, wie eure Arbeit da aussieht? Welche Arbeit ist eurer Meinung nach nötig?

//edit: Ich hab grade nochmal über meinen Text gelesen, und will mein Polizistenbashing ein bisschen eindämmen: bis auf den einen waren alle anderen, gefühlt 100, relativ korrekt. Haben sich auch unsere Beschwerden zur Informationspolitik angehört und selber gesagt, dass es so eigentlich nicht geht. Wobei ich kann natürlich nur unsere Wahrnehmung als außenstehende Mitteleuropäerinnen wiedergeben kann.

Offener Brief von Generalmajor a.D. Gerd Schultze-Rhonhof an Angela Merkel
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Ich muss offen erklären, dass ich entsetzt bin - ziemlich. Ich war nun drei Tage nicht da, komme online und sehe - das hier.
Das Otherboard scheint sich wirklich sehr stark verändert zu haben, in den letzten Jahren. (Nicht nur, dass so ein Artikel in positivem Kontext verlinkt wird - dass es nicht einmal Widerspruch gibt!)

Ich werde auf dieses Machwerk jetzt nicht im Detail eingehen - ich möchte dich, Pirx, nur auf zwei, drei Details aufmerksam machen:

1.: "Compact" ist ein rechtspopulistisches Schmuddelblatt. Und dafür musst du dich eigentlich nicht mal auf Süddeutsche, Wikipedia, Spiegel o.Ä. verlassen (kurzes googlen genügt), sondern einfach einmal die Website durchstöbern. Unterste Schublade, das Ganze.

2.: Der Chefredakteur, Jürgen Elsässer, hat sich, auch hier reicht kurzes googlen/wikipedia, abwechselnd in links- und rechtsextremen Kreisen herumgetrieben, antisemitischen Scheiß von sich gegeben, Scheíße über das Massaker von Srebrenica, verteidigt so abstoßende Regime wie das des Iran, unterstützt die faschistischen Tendenzen in Ungarn, die AfD und PEGIDA usw. usf. - ist klar, worauf ich hinauswill, hm?

3.: Der Autor, Schultze-Rhonhof, ist scheinbar auch nicht zitierbar und betreibt üble Geschichtsklitterung in Bezug auf den 2. Weltkrieg. (D. ist gar nicht hauptschuldig, Hitler wollte doch verhandeln, die Alliierten und die Polen waren doch auch Kriegstreiber!)

4.: Der Artikel selbst ist mit rechtspopulistischer Phrasendrescherei dermaßen gespickt, dass jemand, der ihn gelesen hat, auch ohne obige Informationen zu kennen, von einer Verlinkung absehen sollte.

Und wenn sich jetzt eine Diskussion entwickeln sollte, weshalb, rechtspopulismus, Rassismus, Geschichtskliterung, Faschismus, Völkermordleugnung, Antisemitismus usw. scheiße sind - dann lauf ich schreiend davon.