Auch wenn ich ja im Großen und Ganzen deiner Meinung bin, der letzt Absatz nervt mich ein bisschen - dass da auf einmal mit dem Grundgesetz argumentiert wird und gesagt wird "Steht im Grundgesetz, basta." Denn das Grundgesetz ist ja schließlich heilig und nur Rechtsradikale können das in Frage stellen.

Dass ich Freiheit, Gleichheit usw. für wichtig halte und Sexismus scheiße finde liegt sicher nicht daran, dass das Grundgesetz sagt, dass das scheiße ist. - Sondern aufgrund von moralischen Überzeugungen. Und das ist ein großer Unterschied.

Kurz: Ja, das Grundgesetz kann man für diskutabel halten und an vielen Stellen ist es das auch! (Das fängt schon bei dem bizarren unverständlichen Satz "Die Würde des Menschen ist unantastbar" an.) - und das ist nicht zwangsläufig ein Diskurs der Rechten. Das Grundgesetz ist ein menschengemachter Verfassungstext und damit sicher nicht heilig und über jeden Zweifel erhaben. (Sogar das Grundgesetz sieht die Möglichkeit von Grundgesetzänderungen vor - so viel dazu.)

Für mich ist das ein typischer Fall von "kann nicht sein was nicht sein darf" - ich schließe mich vollständig Schildi an.

Mhm, wenn es dir beim lesen darum geht, Ausdrucksformen kolonialistischen Rassismus' in belgischen Comics zu studieren, eignet sich Tim im Kongo gut und es ist wichtig, dass solche geistesgeschichtlichen Dokumente zugänglich und erhalten bleiben.
Aber diesen Zweck erfüllen sie in aller Regel nicht - wenn du deinem Kind ein Buch gibst, dann willst du nicht mit ihm über den Wandel der Hexenmythen vom 15. ins 16. Jahrhundert diskutieren, oder erforschen, inwiefern sich antisemitische Klischees in der Kinderbuchmalerei äußern o.Ä.
Wenn es also darum geht, ein Kind zu unterhalten, es pädagogisch zu beeinflussen, ihm bestimmte Werte zu vermitteln, seine Phantasie anzuregen usw. usf. - dann sind Tim im Kongo oder Pippi Langstrumpf im Tacka-Tucka-Land (oder wie auch immer das heißt) eben vollkommen unangebracht, weil sie dafür sorgen, dass das Kind ein menschenverachtendes Weltbild verinnerlicht.

Um es mal übertrieben deutlich zu machen: Es ist gut, dass Mathebücher aus Nazideutschland, in denen Kinder die Schädigung des Volkskörpers durch Behinderte oder die Vermehrungsrate der Juden berechnen sollen, als historische Dokumente unverfälscht erhalten bleiben. Für den Geschichtsunterricht sind sie gut geeignet. Für den Matheunterricht aber eindeutig nicht!

Ähnliches gilt für rassistische Kinderbücher. Bei Shakespeare-Werken sieht das m.E. schon wieder anders aus, weil Menschen, die Shakespeare lesen, meist keine Kinder sind und die entsprechenden Dramen aus anderen gründen lesen, als etwa Kinder Pippi Langstrumpf.

Im Übrigen: Der literarische Wert eines Buches hängt in keiner Weise von rassistischen Begriffen für schwarze Menschen ab - das Buch verliert nicht an Wert, wenn ich das eine Wort ersetze ( - das kann ich ja transparent mit einer Fußnote kenntlich machen, wenn es denn sein soll...). Warum aber ist es vielen Leuten scheinbar so wichtig, dass ihre Kinder möglichst früh menschenverachtende rassistische Beleidigungen lesen? Warum finden sie sich nicht damit ab, dass Menschen sich davon beleidigt fühlen, die tagtäglich Ausgrenzung und Gewalt erfahren? Und das Publikum besteht nicht nur aus weißen Kindern, die dadurch ein rassistisches Weltbild internalisieren - sondern auch aus schwarzen Kindern, die dadurch schon in sehr jungen Jahren erleben müssen, wie sie für "anders", weniger wert usw. erklärt werden. Das ist scheiße.

Kurz gesagt: In einer Uni-Bibliothek, in der germanistischen, pädagogischen oder historischen Abteilung ist Tim im Kongo sicher angebracht. Und niemand fordert, die Bücher dort zu "manipulieren" o.Ä. (Bei Tim im Kongo ist da eh Hopfen und Malz verloren, da reicht es nicht aus, einzelne Wörter zu verändern.).
Unkommentiert in einem Kinderzimmer hat das Buch aber nichts verloren.

(Achtung: Im folgenden zitier ich teilw. rassistische Sprache)

Hm, jetzt wollen wir doch nicht gleich alles durcheinander werfen. Worüber reden wir eigentlich? Davon, dass es nicht cool ist, wenn Schwarze in Kinderbüchern "Neger" genannt werden? Oder von "gnadenloser Zensur im eigenen Haushalt"?
Hältst du es nicht für einen Unterschied, ob ich einem Kind eine von allem Problematischen gesäuberte sterile Kunstwelt präsentiere, oder ob ich darauf verzichte, ihm rassistische Pamphlete wie "Tim im Kongo" vorzusetzen, wo es doch so viele tolle Kinderbücher gibt (auch von vor mehr als 30 Jahren), die Schwarze nicht als primitive Untermenschen darstellen?

Du musst auch nicht gleich das Kind mit dem Bade ausschütten - natürlich ist es in unserer Scheißwelt nicht möglich, ein Kind ohne Sexismus, Rassismus usw. aufwachsen zu lassen. Aber ich wenn ich ein Kind habe, sollte ich Versuchen, den Einfluss solcher menschenverachtender Geisteshaltungen möglichst klein zu halten und erklärend einzugreifen, wenn es sich mal nicht verhindern lässt.
Das heißt nicht, dass Eltern überprotektiv jede Bewegung eines Kindes beobachten sollten - nur, dass sie, wenn sie alte Kinderbuch-Klassiker verschenken, darauf achten, was sie da verschenken o.Ä.
Peter Pan, der kleine Prinz oder Bullerbü mögen nicht frei von problematischen Inhalten sein - aber sie sind eben nicht im gleichen Maße rassistisch wie Tim im Kongo und auch nicht so sehr, wie das Tacka-Tucka-Land-Zeug. - Ein Kind kann in seiner Kindheit nicht alle Kinderbücher dieser Welt lesen. Warum soll ich auf Teufel komm raus versuchen, ihm diskrimminierenden Kram vorzulegen, wenn es mehr schöne Bücher gibt, als du in einem Menschenleben lesen kannst?

Du sprichst davon, ich wolle Kindern "elementaren Dinge unserer Kultur vorenthalten"? Ich bitte dich - rassistische Beleidigungen sind ja wohl keine elementaren Dinge unserer Kultur. Und wenn doch, dann eben ätzende Dinge unserer Kultur. Es gibt Dinge, die Menschen wohl erst ab einem bestimmten Alter richtig verstehen und einordnen können. Darum zeigst du einem kleinen Kind wohl auch noch keine Splatterfilme und Pornographie o.Ä. - Und auch eine kritische Sicht auf Rassismus muss sich entwickeln. Und das tut sie nicht, wenn Kinder in sehr jungen Jahren rassistische Propaganda eingetrichtert bekommen. (ÜBER Rassismus zu schreiben ist was anderes, als RASSISTISCH zu schreiben, im Übrigen...)

Mit zunehmendem Alter, wenn das Kind selbst lesen kann und sich selbst aussucht, was es liest, wird es natürlich immer weniger Aufgabe der Eltern, sich darum zu kümmern - aber da sind dann eben die Grundsteine schon gelegt. Ich schätze und bewundere viele Autor_innen, deren Bücher problematische Elemente beinhalten, auch sexistischer und/oder rassistischer Art, keine Frage. Ich mag sie nicht wegen, sondern trotz dieser Elemente. Ich erkenne sie, hoffentlich, inzwischen ganz gut, kann sie einigermaßen einordnen o.Ä. - aber die sexistischen/rassistischen Elemente sind sicher nicht das, was diese Bücher und Autor_innen wertvoll macht.
Wie gesagt, niemand fordert, Dostojewski, Fontane, Balzac oder Shakespeare umzuschreiben - zumindest ich ganz sicher nicht. Es geht hier nicht um Vorhaben a la Rote Khmer oder so.

Es mag sein, dass du dir nichts schlimmeres vorstellen kannst, als auf dem Schulhof nicht über irgendwelche Bücher mitreden zu können, die rassistisch durchsetzt sind - aber ich vermute dennoch, dass die Verletzung von Menschen, die von Rassismus betroffen sind, schwerer wiegen, als dein oder mein nicht-mitreden-können.
Und was sind das schon für Kinder, von denen du ausgeschlossen wirst, weil du Tim im Kongo nicht kennst? Da läuft dann doch scheinbar etwas ziemlich falsch. Und ich hoffe, dass ich, wenn ich mal ein Kind haben sollte, es nicht Gewalt auf andere ausüben muss, nur um bei irgendeiner Gemeinschaft dabei zu sein...

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An Rassismus oder Sexismus wird das Kind sowieso nie vorbeikommen, wenn es aber von zuhause aus nie gelernt hat wie man damit umgeht - na dann gute Nacht.

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Daran wird es nie vorbeikommen, also ist es ja auch egal? Eigenartige Position.
Und inwiefern lernt ein Kind durch Tackatuckaland-Pippi oder Tim im Kongo, wie es mit Rassismus umgehen soll? Soweit ich mich erinnere, tritt dort niemand auf und sagt "Hey, was ihr hier abzieht ist scheiße und rassistisch! Wehrt euch dagegen, ihr müsst euch sowas nicht gefallen lassen!" - nein, es geht um Werke, die ein rassistisches Weltbild aktiv verbreiten. Daraus lernt ein Kind nichts über den Umgang mit Rassismus.
Und nicht alle Eltern haben die Kapazitäten, den ganzen Tag beim eigenen Kind zu sein, und ihm zu erklären, warum dies oder jenes an diesem Buch irgendwie doof ist.

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Konkretes Beispiel: Ich hatte mal einem Jungen Nachhilfeunterricht in Latein gegeben. Er ist halb Deutscher, halb Franzose und die Eltern hatten eine Heidenangst, dass er wegen seiner deutschen Herkunft fertiggemacht werden könnte. Darum haben sie mit ihm nie über das dritte Reich gesprochen oder das Thema immer vermieden oder abgestritten. Das Resultat: Er wird auf dem Schulhof Hitler genannt und er streitet konsequent alles das mit dem dritten Reich zu tun hat ab. Noch mit 13.

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Ich verstehe nicht so recht, wo hier der Zusammenhang ist - wann habe ich gesagt, dass alle Kinder am besten zu kleinen Holocaust-Leugner_innen erzogen werden sollen? - Natürlich sollte mit Kindern über die Nazizeit gesprochen werden. Und über Rassismus und über Sexismus usw. Klar! (Darum verstehe ich auch den "Heile Welt vorgaukeln"-Vorwurf nicht) - Aber es gibt eben mehr Alternativen, als dem Kind entweder "Mein Kampf" vorzusetzen, oder aber garnicht mit ihm über das "dritte Reich" zu sprechen - ich kann ihm nämlich auch erklären, was das war, wie das war, warum das alles schrecklich war und was da in Deutschland passiert ist. Ich kann dem Kind Anne Frank zu lesen geben und diverse Kinderbücher, die sich mit der Nazizeit beschäftigen. Ich muss dem Kind keine Nazikinderbücher geben.

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aber ich bitte dich: Lass deinem Kind die Chance, gleich aufzuwachsen wie alle anderen Kinder auch.

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Deine Sorge rührt mich ja ehrlich ^^ - Aber lass mich dir widersprechen und umgekehrt eine Bitte an dich richten: Solltest du mal ein Kind haben, dann gib ihm die Chance, nicht zu einem rassistischen, sexistischen Arsch zu werden. Lass es nicht in einem gewaltvollen Umfeld aufwachsen, wie so viele andere Kinder es leider tun. Manchmal ist anders sein die bessere Alternative.

Ich weiß übrigens sehr gut, dass Kinder, die nicht rechtzeitig anfangen, nach unten zu treten und nach oben zu buckeln, ganz schnell auf die Fresse kriegen und Ausschluss und Mobbing erleben müssen - hab ich auch mitbekommen. Aber so scheiße das auch alles war - ich würde meinem Kind nicht wünschen, für dieses verlogene Gemeinschaftsgefühl zu einem rücksichtslosen Arsch zu werden, dass genauso nach unten tritt, wie es "die andern" an der Schule tun.

Und zu guter letzt:

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Das sind alles literarische Werke, die unsere Kindheit stark beeinflusst haben - sind wir nun alle frauenfeindliche Rassisten geworden?

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Ich fürchte, dass wir das ein Stück weit wohl wirklich alle geworden sind, ja. Du, ich und vermutlich alle anderen im Forum auch. - keine Neonazis, die "Juden raus!" brüllen und Asylbewerber-Unterkünfte anzünden oder so. Aber ich fürchte, dass das alles auf andere Art schon Auswirkungen auf uns hat. Dass wir uns selbst kritisch beobachten müssen und darauf achten, wie wir uns verhalten. Ich habe rassistischen Müll tief verinnerlicht - ich schaue auf Frauen mit Kopftuch oder auf Schwarze oder auf Homosexuelle anders, als ich es täte, wäre ich nicht in einer rassistischen, homophoben, ... Welt aufgewachsen. Das wird sich auch nicht so schnell ändern. Aber die Bereiche meiner Selbst, die meinem Willen unterliegen, die kann und sollte ich beeinflussen und verändern und versuchen, so wenig Arsch wie möglich zu sein, denke ich.
Diskrimminierende Strukturen sind leider viel subtiler, als dass sie sich auf NPD-Kreise beschränken würden.

So, genug für heute. Euch allen eine gute Nacht und liebe Grüße!

Es sind wohl kaum irgendwelche Kinderbücher, die uns ursächlich zu Rassisten und Sexisten machen. Das schaffen wir mit unserem fragwürdigen Wertsystem auch ohne Pippi und Co.
Wir leben in einer extremen Leistungsgesellschaft...schneller, höher, besser,weiter. Fast immer geht es darum zu gewinnen, oder wenn das nicht klappt, zumindest so viele wie möglich hinter sich zu lassen. Selbst Kinder-und Gesellschaftsspiele sind zu einem hohen Prozentsatz auf Sieg ausgerichtet. Mit dem Eintritt in unser Bildungssystem geht es dann so richtig los. Schulische Wettkämpfe werden ganz selbstverständlich benutzt, um mehr Leistung aus den Kids herauszuholen. Auf einer Homepage eines Hochbegabteninternats habe ich sogar gelesen, wie das Prinzip Wettkampf als fester Bestandteil des pädagogischen Konzepts angepriesen wurde. Echt gruselig!
Unsere Gesellschaft mit ihren propagierten Erfolgskriterien fördert Konkurrenzdenken, Macht- und Erfolgsstreben in geradezu erschreckender Art und Weise. Das alles fängt schon bei den Kindern an, die noch nicht die nötige Reife besitzen, um ihre eigenen daraus resultierenden Verhaltensmuster zu hinterfragen Tja...man erntet, was man sät. Und was ernten wir? Machtgier und Machtmißbrauch, Geltungssucht und Profilierungsverhalten, Diskriminierung von Randgruppen, Geringschätzung von vermeintlich Schwächeren usw.
Ein angemessenes Sozialverhalten und ein respektvoller und wertschätzender Umgang miteinander bleiben auf der Strecke. Wen wundert´s ? Mich...schon lange nicht mehr.
Pippi und Co aus dem Bücherregal zu verbannen, kommt mir ungefähr so vor, als wolle man Lackkratzer beseitigen, obwohl wir doch einen Motorschaden haben.

Ich selbst bin sehr hin- und hergerissen, ob ich sowas theoretisch meinen eigenen Kindern vorlesen würde... ich glaube, ich würde Pippi im Taka-Tuka-Land tatsächlich irgendwelcher anderen Lektüre opfern, denn es gibt mittlerweile so viele gute Bücher, die Kinder bestärken, die auch Problematiken aufgreifen, sodass Kinder sich damit beschäftigen (mit einer erwachsenen Person an der Seite, die erklären kann), ohne dass rassistische Stereotype einfach platt reproduziert werden.

Irgendwo im Forum hatten wir doch mal ein Gespräch über "Unsa Haus" - das wäre wohl ein Extrembeispiel für solche Bücher, die ganz viele Fragen bei Kindern aufwerfen und förmlich danach rufen, erklärt zu werden

Nawakute, was du schreibst über unsere Leistungsgesellschaft, die ewigen Wettbewerbe, dass alles immer in Konkurrenz ausarten muss... da kann ich dir nur zustimmen, das ist ehrlich zum Kotzen. Und es macht so vieles kaputt.
Ich denke, nicht umsonst bin ich in einem Alter, das "Generation Y" genannt wird, und wir werden oft ausgelacht als Zweifler und Egoisten, denen das Selfie wichtiger ist als der Verdienst, und der Feierabend wichtiger als die Karriere.
Eigentlich bin ich unheimlich froh, anhand diese Anzeichen zu merken, dass es nicht nur mir allein so geht, dass ganz viele meiner Altersgenoss_innen dasselbe Gefühl haben, dass wir vielleicht irgendwann einmal weniger konkurrieren werden.
Im Arztberuf wird auch viel darüber geredet: Allein, dass durch die zunehmende Quote an weiblichen Absolventinnen, die mehr Interesse an Teilzeit-Modellen usw. haben, sich das Berufsbild wandeln wird, und dass es irgendwann nicht mehr diese knallharten friss-oder-stirb-Regeln in den Kliniken geben wird, mit 36-Stunden-Diensten (früher waren es 60!!)...
Inzwischen wird vielfach schon angeboten, das Praktische Jahr in Teilzeit zu absolvieren.

Gerade heute sah ich einen Stephen-Colbert-Post im Internet, wo er etwas darüber sagte. In etwa: "Ihr lieben jungen Leute! Das TIME-Magazine dieser Woche nennt euch faule Narzissten, einen Teil der ICH-ICH-ICH-Generation. So selbstsüchtig. Ihr tweetet eure Videos, ihr hashtaggt eure Spotify-Playlists und snapchattet euer YOLO. Eure Generation will immer, dass sich alles um sie dreht, und das ist sehr verstörend für uns Baby-Boomer, denn Selbstbezogenheit ist eigentlich unser Ding. Wir sind die originale ICH-Generation, um uns hat sich die letzten 50 Jahre alles gedreht. Wir haben all das Geld, wir haben all die Posten in der Regierung, und wir allein haben den Ozean beinahe leergefischt.
Nun mag es so aussehen, als sei alles, was für euch bleibt, unbezahlte Praktika und dank der globalen Erwärmung bald Auslandssemester vor der Küste von Ohio."
Schön ist auch das Ende: "Also sorgt euch nicht, wenn wir eure Entscheidungen nicht gutheißen. Denn ich denke, durch unsere Selbstsucht haben wir euch ein Geschenk mitgegeben. Eine spezielle Form der Unabhängigkeit. Denn ihr schuldet eurer vorigen Generation nichts...Dank uns schuldet ihr es den Chinesen."

(Das Ende soll wohl lustig sein, ist aber eigentlich ziemlich traurig.)
Übersetzung frei Schnauze von mir und ziemlich schlecht.

Jetzt sind wir ziemlich offtopic, aber um nochmal zum Ausgangsthema zurückzukehren: Es könnte wohl tatsächlich sein, dass die vermehrte und vermehrt geforderte Sensibilität gegenüber Diskriminierung aller Art, die laute Forderung nach mehr Gleichberechtigung, ein Teil dieses Phänomens ist. Leute, die mehr so auf Work-Life-Balance aus sind, haben vielleicht einfach mehr Zeit, um sich Gedanken um sich und ihre Umwelt zu machen. Und auch, wenn viele in meinem Alter politisch passiv oder sogar verdrossen sind, so machen sie sich trotzdem Gedanken und äußern die auch, und das alles verschwindet nicht hinter dem eigenen Streben und Vorwärtskommen.

Wir sind die Supermarkt-Veggie-Produkte- und absichtlich-Glasflaschen-Käufer_innen, die Unterstrichmenschen und Indie-Hörer_innen, die mit den Öko- und Second-Hand-Klamotten und dem Lichtblick-Strom, die mit den Posteo-Mailadressen, und an sich ist das alles irgendwie niedlich und lächerlich, aber zusammen macht es eben doch etwas aus. Darüber bin ich froh.

Zitat

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Es sind wohl kaum irgendwelche Kinderbücher, die uns ursächlich zu Rassisten und Sexisten machen. Das schaffen wir mit unserem fragwürdigen Wertsystem auch ohne Pippi und Co.

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Ich habe auch noch nie jemanden getroffen, der oder die das behauptet hat, glaube ich.
Natürlich wird niemand durch die Verwendung eines rassistischen Begriffes in einem Kinderbuch zu einem Rassisten/einer Rassistin. Es ist eine strukturelle Sache, die alle möglichen Bereiche unserer Gesellschaft durchzieht. Aber eben AUCH die Kinderbuchliteratur.
Kinder können natürlich rassistisch werden, obwohl sie nie rassistische Kinderbücher gekriegt haben und umgekehrt. Unbenommen. Aber das heißt doch nicht, dass wir sagen sollten "Ach, dann sind rassistische Entgleisungen in Kinderbüchern ja auch schon egal.", oder?
Es ist nur ein kleiner Baustein im gesamten Geflecht. Aber warum sollten wir an diesem Baustein festhalten?

Andere Veränderungen sind natürlich genauso wichtig, vielleicht noch wichtiger - aber das ist ja ein anderes Thema und lenkt von der Frage ab, um dies grad geht.

Ein schwerkranker Mensch geht zu einem Arzt, um sich behandeln zu lassen. Was wird ein guter Arzt tun? Er wird nach entsprechender Untersuchung und Diagnose möglichst die Ursachen der Erkrankung behandeln. Wenn die Ursachen korrekt erkannt und adäquat therapiert werden, dann werden die Symptome automatisch verschwinden.
Nur wenn die Ursache der Erkrankung nicht behandelbar ist, wird er sich auf die Behandlung der Symptome beschränken müssen, um den Erkrankten zumindest eine bessere Lebensqualität und eine Verlängerung der Lebenszeit zu ermöglichen.

Übertragen auf die Probleme unserer Welt: Kinderbücher mit zweifelhaftem Inhalt sind für mich Symptome. Was ich persönlich von einer Metaebene betrachtet für die Ursachen halte, habe ich hoffentlich verständlich in meinem vorherigen Beitrag angerissen.
Ich bin nicht gegen die Behandlung von Symptomen und bin froh um jeden Menschen, der bereit ist gegen bestehendes Unrecht aufzustehen. Es sind eh viel zu wenige.
Nur, wenn die Existenz der Menschheit auf diesem Planeten langfristig Bestand haben soll, wird das aus meiner Sicht wohl kaum ausreichend sein.
Wie weit die Menschen über ihre eigenen egoistischen Belange hinaus von einem Verantwortungsgefühl für andere entfernt sind, zeigt doch einmal mehr die aktuelle Flüchtlingsproblematik. Ich frage mich ernsthaft, wann die ersten Mensch an irgendeiner Grenze erschossen werden.

Was konkret die Kinderbücher angeht: Kinder, die in ihrem sozialen Umfeld mit einer selbstverständlichen Akzeptanz anderer Religionen und Hautfarben aufwachsen, werden aus sich selbst heraus entsprechende Inhalte hinterfragen. Das zumindest ist meine Erfahrung.

Hm, was das angeht, bin ich tatsächlich anderer Meinung.

Ich denke, das Beispiel mit Arzt und Krankheit und so hinkt. Rassismus (wo wir gerade bei dem Thema waren) hat nicht EINE Ursache, und wir würden es uns zu leicht machen, wenn wir es uns so vorstellten. Rassismus ist ein multifaktorielles und gesellschaftlich umfassendes Problem, und es gibt 1000 kleine Dinge, die Rassismus verstärken bzw. Menschen rassistisch diskriminieren.
(Oft passiert das ja gleichzeitig, wenn ich z.B. nur weiße Menschen in meiner Firma einstelle, diskriminiere ich damit direkt Nicht-Weiße, UND es könnte bei meinen anderen Mitarbeiter_innen der Eindruck entstehen, Nicht-Weiße seien zu dumm, um dort zu arbeiten, etc.)

Sagen wir mal, Rassismus ist wie...nunja, Bluthochdruck. Der kann viele Gründe haben: Genetische Faktoren, was wir essen, wieviel wir essen, Stress...
Und wenn ich nun ein Mensch bin, der sich mit zu vielen Dingen beschäftigt, der dazu ständig Burger futtert und noch dazu eine Familiengeschichte von Herzinfarkten hat, dann wird niemand sagen: Hier, nimm diese Tablette, und der Rest ist egal.

Genauso kann eins nicht bei Rassismus sagen: DAS ist DER eine Grund für Rassismus in unserer Gesellschaft, und alles andere können wir fröhlich so weitermachen wie bisher! (Überhaupt weiß ich gar nicht, was DER Grund denn sein sollte.)

Geschichten mit kleinen unterwürfigen schwarzen Kindern, die sich selbst für zu dumm halten, um Regierungsentscheidungen zu fällen, und die sowas erst von den klugen weißen Menschen beigebracht bekommen müssen, die sie regieren, weil sie ja dazu selbst zu unfähig sind... Das ist eklige Indoktrination erster Güte. Das ist in meinen Augen nichts, wo wir sagen könnten: Achwas, es ist eh alles so schlimm, da kommt es doch auf sowas gar nicht erst an.
Doch, auch auf sowas kommt es an, und wenn es um (früh-)kindliche Prägung geht, kommt es gerade auf so etwas an!

Es ist eine sehr verbreitete Taktik von Menschen, die bestehende Herrschaftssysteme aufrecht erhalten wollen, die Kritik und den Aktivismus von Menschen, die diese Systeme ändern wollen, kleinzureden und zu verunglimpfen. Das Argument "warum kümmert ihr euch denn um sowas Banales, es gibt doch viel wichtigere Dinge!" ist ein wunderbares Mittel, um diejenigen zum Schweigen zu bringen, die ihre Stimme gegen etwas erheben.

Der Kampf gegen herrschende diskriminierende Strukturen hat eben einfach viele Fronten, und diese ist eine davon. Sie ist nicht mehr und nicht weniger wert als die vielen anderen Themen, womit sich Menschen befassen, die Diskriminierung verhindern wollen. Genausoviel Gültigkeit haben der Einsatz für z.B. anonymisierte Bewerbungssysteme und Quoten, die kritische Aufarbeitung von Kolonialismus und die Forderung nach mehr medialer Repräsentation.

Das alles ist unbequem und macht keinen Spaß, aber gleichzeitig ist es leider bitter nötig, und bevor wir das Streben nach politischer Veränderung kritisieren, sollten wir uns bewusst machen, wieviel wir selbst von Menschen profitieren, die in der Vergangenheit dafür gekämpft haben, dass wir jetzt so leben, wie wir es tun, und meine Familie z.B. nicht mehr in Leibeigenschaft lebt (was sie angeblich mal getan hat). Dazu haben viele Schritte geführt, die auch alle zunächst verlacht wurden und für unsinnig gehalten wurden.

Hallo Leute. Ich war lange tot, was das Oboard betrifft. Bitte vergebt mir also gewisse sprachliche Ungenauigkeiten, ich bin außer Übung.

Vorweg: Ich habe nicht alles gelesen, sondern nur die ersten drei Seiten dieses Threads, und dann musste ich einfach was dazu sagen. Als Mensch. Ging nicht anders.

Ich denke, wir können uns alle darüber einig sein dass die Gesellschaft in dieser Hinsicht scheiße ist und noch recht viel Arbeit vor sich hat. Ich kann auch absolut verstehen wie man die Fehler die man stetig vorgelebt bekommt selber macht. Das ist menschlich.
Wir sind aber nicht nur die Gesellschaft. Wir sind ein Teil davon, egal ob wir wollen oder nicht, aber im Otherboard sind wir auch unsere eigene Gesellschaft. Und ich finde es schade dass wir uns darüber streiten müssen wie ungerecht Männer und Frauen und Frauen und Männer und etwaige Topfpflanzen (Vorsicht. Scherz.) sich behandelt fühlen oder auch behandelt werden.

Ich traue mir zu euch alle einfach nur als Menschen zu sehen. Nicht geschlechtsneutral, aber euer Geschlecht ist mir vorrangig erst einmal egal. Ich werde mich in Zukunft bemühen, das auch sprachlich zu spiegeln, sprich in meinen Texten wird es nach bestem Bemühen keine Männer oder Frauen geben, sondern Menschen. Nicht Er oder Sie, sondern Es. Ich denke für mich ist das der einzig angebrachte Weg niemandem unnötig auf den Zehen herumzutreten. Vielleicht inspiriert es ja eins von euch. Vielleicht findet ihr es auch alle doof. Aber ich finde es doof sich über solche Kleinigkeiten zu streiten wenn wir größere Probleme haben.

Tatze, zu deinem aller letzten Argument "aber es gibt doch viieel wichtigere Dinge!"... haben wir gerade die letzten eineinhalb Seiten was geschrieben...

Und zu dem davor: "Ich traue mir zu, euch einfach alle nur als Menschen zu sehen"... dazu gibt es auch schon genügend Aussagen, sie stehen alle in diesem Thread

Tja, es schadet ja wohl nicht das noch mal zu sagen.^^