Ich hab mich in letzter Zeit immer mal wieder gefragt, was genau eins meint, wenn es, bezogen auf Bilder, Musik, Bücher, whatever, sagt, das eine sei höherwertig als das andere, bedeutender, wichtiger, besser, was gemeint ist, wenn von "Schundliteratur" die Rede ist. Was sind die Kriterien zur Beurteilung der Qualität von Kunst? Gibt es irgendwelche eindeutigen Maßstäbe? Gibt es objektive Qualitätsunterschiede? Der allgemeine Sprachgebrauch ist diesbezüglich recht uneindeutig - einerseits wird immer so getan, als sei das eine "Frage des Geschmackes", etwas rein subjektives, als seien Schönheit, oder "Qualität eines Kunstwerkes" relative Begriffe. Andererseits gibt es Qualitätsurteile, die eigentlich allgemein akzeptiert sind und die anzuzweifeln fast ein wenig absurd wäre.
Niemand könnte beispielsweise bestreiten, dass meine Gedichte verglichen mit denen Celans schlicht scheiße, miserabel, wertlos sind - oder es wäre zumindest ein hoffnungsloses Unterfangen. Genauso wäre es doch fast absurd, wolle man erklären, dass es nicht objektiv zu beurteilen ist, ob nun Goethes Faust oder das Shades of Grey Zeug... tollere, bedeutendere Literatur ist. - Umgekehrt stößt sicher irgendwann die Vergleichbarkeit an ihre Grenzen. Und oft sind KünstlerInnen, die heute hoch geschätzt werden, zu ihrer Zeit "verkannt" worden - allein dieses Wort legt doch nahe, dass es einen objektiven Wert gibt, der halt nicht erkannt wurde und spricht gegen Relativismus-Thesen.
Gibt es hier diesbezüglich irgendwelche Meinungen? Gibt es objektive Kriterien zur Beurteilung der Qualität von Kunst? Wenn ja, welche, wenn nein, warum nicht? Bis zu welchem Punkt lassen sich diese Kriterien sinnvoll anwenden? Usw. usf.
Thema von Jasper im Forum Politik und Gesellschaft
Ich hatte in letzter Zeit ein paar Diskussionen zum Thema und bin mir selbst recht unsicher, wie eins Dinge denn nun richtig macht, darum dachte ich, werf ich das hier mal in den Raum.
Mal angenommen ihr hättet Kinder - wie würdet ihr mit ihnen umgehen, von welchen Prinzipien würdet ihr euch leiten lassen? Was wäre euch besonders wichtig? Was würdet ihr anders machen, als eure Eltern bei euch? Was haltet ihr von antiautoritären Erziehungsmodellen? Ist Formung überhaupt vermeidbar, wie viel Weltoffenheit lässt sich einem Kind vermitteln, wie sehr muss eins zwangsläufig beeinflussen, wie viel Freiheit kann eins lassen? Was haltet ihr von "Strafen" (jedweder Art)? Wie würdet ihr mit eigenen Überzeugungen umgehen - würdet ihr, wenn ihr z.B. euch selbst aus Überzeugung vegan ernährt, das auch mit euren Kindern machen? Wie geht eins mit Konflikten um? Wie weit reicht vernünftiges Miteinander-Reden, Dinge-Erklären? However... Nur ein paar Gedankenschnipsel, sehr unausgegoren. Ich find das alles irgendwie recht überfordernd - Ich persönlich neige wohl dazu, Vernunft von Kindern sehr hoch zu bewerten, gehe in Richtung antiautoritär, lehne Strafen wohl annähernd grundsätzlich ab... aber wie gesagt, ich bin mir bei der ganzen Thematik recht unsicher. Entschuldigt den überflüssigen Thread, bitte.
Thema von Jasper im Forum Alltägliches und Hobbies
Ich weiß nicht, ob irgendwann schonmal darüber gesprochen wurde - ich hab keinen entsprechenden Thread gesehen, also mach ich einfach hier mal einen auf. Wenns schon einen gibt, kann der ja auch wieder entfernt werden.
Mir ging nur grad was recht banales durch den Kopf - Wie das denn so ist mit "Du" und "Sie" und Hallo, Hey, Sehr geehrte/r Herr/Frau XY, Liebe/r xy, Hand schütteln, umarmen, Viele Grüße, alles gute, HDL, whatever...
In welchern Situationen duzt ihr Menschen, wann greift ihr zum Sie? Werdet ihr in bestimmten Situationen gerne mit Nachnamen und Sie angesprochen, weil es höflich erscheint und ihr euch sonst nicht ernst genommen fühlt, oder ist Sie im Gegenteil künstlich, kalt, distanziert? Gibt es Zusammenhänge, in denen ihr Menschen, egal welchen Alters, von Vorne herein duzt oder siezt? (Bei Mitfahrgelegenheiten z.B. setz ich eigentlich so einen formlosen Umgang voraus, wenn ich wo anrufe...) Wie ist es mit Begrüßungs- und Abschiedsgesten in der Familie und bei Freunden? Gibt es da Dinge, die euch aufgezwungen werden und die euch eigentlich eher unangenehm sind? (Keine Ahnung - sowas wie Wangenküsse bei Verwandten oder so) Wenn ihr offizielle Briefe schreibt, wie Förmlich schreibt ihr da? Und wenn es persönliche Briefe sind, schreibt ihr "liebe/r xy" und am Ende ein "dein/e..." vor den Namen, oder ist euch das eher zuwider? Was ist mit Abkürzungen à la HDL oder mfG usw.?
Es gibt so viele Situationen, in denen eins spontan entscheiden muss, wie es auf den/die Andere/n zugeht und welche Worte es verwendet... Klärt ihr das mit den entsprechenden Personen ab? Oder ergibt sich das? Fängt eins irgendwann an sich zu duzen oder bietet eins das förmlich an?
Menschliche Umgangsformen sind teilweise vielleicht überfordernd, aber irgendwie auch ganz faszinierend... und ich denk, dass da jede/r eine Unterschiedliche Einstellung zu hat, dass jeder/m verschiedene Umgangsformen verschieden angenehm sind...
Im Übrigen bitt ich um entschuldigung, mit so einem banalen Thema anzukommen.
Es ist schon nach halb zwölf und immernoch gibt es kein Türchen. Es wäre schade, wenn wir in dem ansonsten so gut gefüllten Adventskalender auf einmal Lücken hätten, ich schwafle also einfach mal ein bisschen über Winter, Wochenende und Schnee. Nicht, dass das hier irgendwie Sinn ergeben würde, aber zumindest ist dann in der Threadübersicht kein komisches Loch zwischen dem 9. und dem 11., den es ja hoffentlich geben wird.
Jetzt ist der zweite Advent also vorbei, in weniger als zwei Wochen beginnen die Weihnachtsferien und eins muss wohl so langsam anfangen sich wegen der einen oder anderen Sache Gedanken zu machen - Geschenke, organisatorisches wer wann wo wie-Zeugs und so weiter.
Inzwischen dürfte wohl so ziemlich jeder hier im Forum eimal Schnee gehabt haben - wenn ich das richtig verstanden habe kam die Schneefront ja am Wochenende in so ziemlich jeden Winkel in Deutschland und in der Schweiz und in Österreich sieht es vermutlich auch nicht anders aus (?). Am Freitag saß ich grade in der letzten Geschichtsklausur meines Lebens, hatte schon eine knappe halbe Stunde geschrieben als die ersten Leute unruhig geworden sind und sich immer wieder umgedreht haben um aus dem Fenster zu sehen. Langsam, wie ich bin, mussten sie auch noch zu tuscheln anfangen und den beaufsichtigenden Lehrer zu einer Reaktion bewegen, bis ich aus dem Fenster geschaut hab und die großen Flocken gesehen habe. Da war der Boden schon von einem dünnen Netz bedeckt. Zwei Stunden später, als ich den Klausurraum verlassen habe war der ganze Boden schneebedeckt und es hat immernoch weitergeschneit. Und nach der Schule bin ich dann Rodeln gegangen. Okay, das ist vielleicht leicht euphemistisch - Köln ist flach. Nicht mal richtige Hügel gibt es. Aber es gibt künstliche Bergchen in den Parkanlagen und im Stadtwald, die aus aufgetürmtem Weltkriegsschutt aus Aushebungen von Teichen und Seen bestehen. Und an ein zwei Stellen kann man tatsächlich schlitten fahren. Die lokale Boulevardpresse zieht natürlich gleich mit Photoapparaten umher um Bilder von dümmlich grinsenden Menschen zu machen, die sich kindlich freuen, angesichts der Weiße der Welt, oder um frustrierte Autofahrer in Schneebedingtenunfallbedingten Staus abzulichten... naja, however. Ob Berg oder Nichtberg, es war jedenfalls ziemlich wundervoll, das Rodeln und das durch den Schnee nachhause gezogen werden. Der winterlichte Apfelstrudel, den ich gegessen hab war dann jedoch ganz unwinterlich mit Erdbeeren gefüllt. (Shame on me...) Und auch ansonsten ließ ich wohl wie immer an Pietät zu wünschen übrig. Am Samstag bin ich dann mit zwei anderen Menschen ein Stück in die Eifel gefahren, wo wir nach zwei weniger Anläufen tatsächlich einen Berg gefunden haben, der den Namen auch verdient. Schlittenüberschlagenbedingt tut mein Bein noch immer ein wenig weh. Das hats auch am Samstag, den Berg bin ich trotzdem noch ein paar mal hochgekreucht. Die Sonne ist untergegangen, als wir gefahren sind. Der Schnee war rosa und gelb und blau, im Abendsonnenlicht. Am Sonntag habe ich mich an Haferkeksen und unpassendem Strudel überfressen. Bauchschmerzlichübelkeitsunangenehm wurde es aber dankenswerterweise erst recht spät, anfangs wars also noch sehr schön.
Achja - trotz meiner, in diesem Zusammenhang auch schon mehrfach erwähnten, Antipatie gegenüber dem ganzen kommerzialisiertamerikanisiertalkoholisiertsinnentleertmassenveranstaltungisierten Weihnachtsmarktgedöns bin ich am Freitagabend tatsächlich auf einem solchen gewesen. Wenn eins von dem ganzen Pack, von dem man umgeben ist und von den ganzen Fressbuden abgelenkt wird, ist die Szenerie sogar erträglich und wenn eins dann auch noch eine halbe Packung gebrannte Mandeln isst vergisst man sogar seine Abneigung gegen Menschenmassenanziehende Kitschhüttchen und beginnt, zur eigenen Scham, das zu genießen.
Durch den ganzen Schnee ist es die ganze Nacht nicht richtig dunkel gewesen. Ecken, in die ich mich sonst kaum alleine trau, außer, wenn ich mich mit Musik volldröhne, waren aufeinmal nichtmehr schwarz, sondern in ein gleichbleibendes Dämmerlicht gehüllt. Ganz faszinierend.
Grau und trist ist der Sonntag gewesen, irgendwie. Und das färbt auch auf Menschen und ihre Stimmung ab. Und die beginnen dann auchnoch untereinander wechselzuwirken. Kann recht deprimierend werden. Als ich am Abend dann von der Bahn nachhause gelaufen bin war der meiste Schnee schon weg und ich musste Pfützen umkurven.
Jetzt ist der Winter aufeinmal wieder ein ekliges, deprimierendes Arschloch, nach diesem sehr schönen Intermezzo. Es gibt allenfalls Schneereste, der Rest ist Matsch. Ich sitz alleine gammlig vor meinem Laptop, hab keine Lust, rauszugehen, weil es recht ätzend um die Welt bestellt ist. Immer drinnenzuhocken ist aber auch nicht sonderlich angenehm. Ich sollte für die letzten Klausuren des vorletzten Schulhalbjahres lernen, find aber nicht die Motivation. Lohnt sich ja doch nicht. Mal sehen, vielleicht werd ich mich doch noch zu einem Nachtspaziergang durchringen. Der Winter und ich - das wird keine innige Liebe mehr werden. (Auch wenn ich gegen gelegentliche Seitensprünge wie am Wochenende nichts hab - davon muss der Sommer ja nichts wissen.)
Thema von Jasper im Forum Politik und Gesellschaft
In diversen Ländern und Regionen auf der Welt herrschen momentan ja bürgerkriegsähnliche Zustände, drohen Kriege oder andere gewaltsame Konflikte - wenn man sich Syrien anschaut, wird deutlich welche Dimensionen diese Konflikte haben und was sie für die betroffenen Regionen bedeuten.
Das Verhalten anderer Staaten, hauptsächlich der Anreinerstaaten, der großen, hauptsächlich westlichen, Militärmächte und des UN-Sicherheitsrates, oder auch der NATO usw. usf. variiert sehr stark - und während in einigen Konflikten garnicht eingegriffen wird, in anderen nur eine Seite von außen gestärkt wird, sei es mit Waffenlieferungen, mit Finanziellen Mitteln oder durch logistische Hilfe, wird in einigen Regionen, so etwa in Libyen, sogar militärisch interveniert - natürlich ist das hauptsächlich von politischen und wirtschaftlichen Interessen der Staaten abhängig, die tatsächlich großen Einfluss auf das vorgehen der vereinten Nationen/der Nato/sonstiger internationaler politischer/militärischer Bündnisse haben.
Aber ebenso gibt es ideologische Streitigkeiten bezüglich der Frage, wie mit solchen Konflikten umgegangen werden sollte - ist ein Eingreifen legitim, oder ist es anmaßend und kontraproduktiv? Ist es vielleicht sogar die Pflicht von "hoch entwickelten Industrienationen" und "westlichen Demokratien" gegen Unrecht eines solchen Ausmaßes vorzugehen? Mit welchem Ziel? Geht es um einen Regimewechsel oder "nur" darum, die aktuelle Krise zu beenden und weitere Tote zu verhindern? Wessen Partei darf oder muss man ergreifen? Was sind legitime Methoden der Beeinflussung? Und wie schlimm muss eine Krise sein, damit man eingreifen darf oder sogar muss? Wäre eine militärische Intervention in Syrien angebracht oder verletzt man damit die Souveränität des Syrischen Staates zu sehr? Oder ist es das Risiko, dass ein zweites Afghanistan entsteht?
Ich habe überlegt, das in den "Nahostkonflikt"-Thread zu packen mache jetzt aber wohl doch einfach einen neuen Thread auf. Entschuldigt mein unentschlossen-unsicheres Rumgefrage.
Thema von Jasper im Forum Politik und Gesellschaft
... - Formen des Widerstands und ihre Legitimität. Gegen bestehendes Unrecht vorzugehen, sich Intoleranz entgegenzustellen, gesellschaftliche Zustände anzuprangern, sich Befehlen zu widersetzen, die man für Unrecht hält, gesellschaftliche Zustände verbessern zu wollen, das sind allesamt Dinge, die notwendig, dut und richtig sind. Und es gibt diverse Situationen, in denen irgendeine Form des Widerstandes notwendig ist - wenn Regenwälder abgeholzt oder niedergebrannt werden, Atomkraftwerke in die Luft gehen, ein Mitschüler gemobbt wird, in der Bahn rumgepöbelt wird, Menschen zum Militärdienst eingezogen werden, Homosexuelle diskriminiert werden, jemand hingerichtet wird, Wahlen gefälscht werden usw. usf. - und so vielfältig, wie die Bereiche sind, in denen man sich einsetzen kann und sollte und etwas an der gegenwärtigen Situation verändern will, sind auch die Instrumentarien, die Möglichkeiten und Mittel das zu tun. Das reicht von einfachen Petitionen bis zum Tyrannenmord, um mal zwei Extreme zu nennen. Von bewusster Wahlentscheidung, über Verweigerung der Stimmabgabe, Protestbriefe, Demonstrationen, Ersatz- bzw. Zivildienst oder Totalverweigerung, Unterschriftenaktionen, schottern, festketten an Gleisen, Verbiegen der selbigen, Hungerstreik, Tierbefreiungsaktionen, das Inbrandsetzen von Kaufhäusern und Attentate auf die Springerpresse, Sabotage, bishin zur Revolution. Unabhängig davon, ob jetzt die Ziele, der Zweck positiv oder negativ einzuschätzen bzw. zu bewerten ist stellt sich dabei sicher immer die Frage nach der Verhältnismäßigkeit, nach der Legitimität der Mittel des Widerstandes. Welche Mittel sind legitim, welche nicht? Wonach entscheidet sich das? Ist Gewalt grundästzlich kein legitimes Mittel des Widerstandes, oder ist es in einigen Situationen gar notwendig über den gewaltfreien Widerstand hinauszugehen? Inwiefern ist ziviler Ungehorsam legitim, inwieweit muss man sich an die gesetzlichen Rahmenbedingungen halten? Wo ist die Grenze? Ist gewaltfreier Widerstand im Sinne Gandhis der richtige Weg? Folgt man Kant, der das Bestehen eines Widerstandsrechtes grundsätzlich in Frage stellt? Ist ein unterschied zu machen zwischen der Mittel, die man bei Gefährdung der eigenen Person und Gefährdung anderer anwenden darf? Was ist von Aktionen wie etwa dieser hier zu halten? Wie weit darf investigativer Journalismus gehen? Welche Mittel darf man anwenden um Unrecht aufzudecken?
..., die Gefahren, die von ihr ausgehen, und mögliche Grenzen Der wissenschaftliche Fortschritt hat gewaltige Möglichkeiten eröffnet, die Welt in den letzten Jahren, Jahrzehnten, Jahrhunderten massiv verändert und vor immer neue Herausforderungen gestellt - ja, ich fange pathetisch an und überbiete mal die Überschrift von Kleos Thread, die sie als sensationsheischend auf BILD-Niveau bezeichnet hat - und eben auch ganz neue Gefahren, ganz neue ethische Probleme mit sich gebracht. Die Folgen begegnen einem überall - sei es nun Atomkraft, die Gefahr, die von Nuklearwaffen ausgeht, Streit um PID, Gentechnik, manipulative Eingriffe in das menschliche Hirn, Doping-Mittel, Eugenik, Überwachungsmaßnahmen in ganz neuen Dimensionen, Organspendezeugs, Nacktscanner oder Klone - Ein Großteil der Diskussionen die öffentlich ausgetragen werden kommen erst durch neue Möglichkeiten, durch wissenschaftliche Erkenntnisse auf. Vieles, was zu guten Zwecken verwendet werden könnte, kann auch auf schreckliche Weise missbraucht werden und häufig sind die Folgen von Forschung auf bestimmten heiklen Gebieten kaum abzusehen. Über einige der oben genannten Themen wurde ja schon ausgiebig diskutiert, in entsprechenden Threads, daher möchte ich hier keines der genannten Phänomene einzeln betrachten und über Richtigkeit der Anwendung dieser wissenschaftlichen Errungenschaft diskutieren, sondern diese Einzelfälle allenfalls als Beispiel heranziehen um vielleicht sowas wie eine eigene Position auf die ganz allgemeine Frage zu finden, ob die Freiheit der Wissenschaft etwas ist, was als Selbstzweck aufgefasst werden kann oder sogar muss, oder ob sie da eingeschränkt werden muss, wo die Gefahren, die von ihr ausgehen größer sind als der anzunehmende Nutzen, ob Forschung und Erkenntnisgewinn grundsätzlich gutzuheißen sine und man die ganze Verantwortung für die Folgen auf die abwälzen kann, die diese neuen Erkenntnisse dann anwenden, oder ob die Wissenschaft sich gegebenenfalls selbst Grenzen ziehen muss, die sie nicht überschreiten darf, oder ob Forschung gar verboten werden kann oder darf. Man mag argumentieren, dass sich wissenschaftlicher Fortschritt nicht verhindern, allenfalls hinauszögern lässt und grade ein möglichst freier, öffentlicher Umgang, der das ganze aus dem Geheimen in den Blick der Bevölkerung führt größtmögliche Kontrolle ermöglicht und das Risiko des Missbrauchs so klein hält, wie nur möglich. Ist es überhaupt Möglich, Wissen zurückzuhalten? Viele Praktiken zum Erkenntnisgewinn, viele mögliche Wege zu wissenschaftlichem Fortschritt sind verboten - Nun stellt sich doch die Frage, ob man nicht nur Methoden verbieten darf, sondern auch Inhalte - kann man die Freiheit der Wissenschaft einschränken um negative Folgen abzuwenden? Lässt sich Wissen auf Dauer unterdrücken und ist das überhaupt wünschenswert? Tragen die Wissenschaftler, die an der Atombombe gebastelt haben auch die Verantwortung für die Folgen ihrer Forschung? Wie weit darf man am Menschen rumexperimentieren und ab wann sind manipulative Eingriffe ethisch nicht mehr vertretbar? Wissenschaftlicher Fortschritt verschafft sehr kleinen Menschengruppen immer mehr Macht, Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten, Mittel zur Unterdrückung werden immer "besser", Waffen immer effektiver - Manchmal hat man tatsächlich das Gefühl grade auf eine brave new world zuzusteuern. Gibt es Grenzen, die der Mensch nicht überschreiten kann oder darf, was die Forschung betrifft? Darf er die Wissenschaft auch in Bereichen vorantreiben, in denen er möglicherweise die Kontrolle verlieren könnte? Oder ist Erkenntnis als Selbstzweck aufzufassen? Ein Haufen Fragen, es tut mir leid - ich habe recht wenig geschlafen und kann nicht sonderlich gut denken, man verzeihe mir diesen Post, vielleicht verschönere ich ihn morgen noch editierend. (Achja, da fällt mir ein, dass es in dem Thread hier letzten Endes genau um das geht, was Dürrenmatt in "Die Physiker" thematisiert - das haben ja, wenn ich mich recht erinnere, viele von euch gelesen. Ach, ich mag Katastrophen...)
Ich denke ihr werdet solche Fälle kennen, in denen der eigene Verstand einem bezogen auf eine moralische Fragestellung etwas anderes sagt als das eigene Gefühl - Das man aus dem Bauch heraus etwas anderes tun würde, als einem der eigene Kopf sagt, dass einem eine Möglichkeit "richtiger" vorkommt, obwohl rational gesehen die andere Variante sinnvoller erscheint. I n dem Gespräch über Organspende war z. B. mal von "lebenden Organbanken" die Rede, was vielleicht rational gesehen nicht falsch erscheint, aber doch ersteinmal eine abstoßende Vorstellung ist Ein anderes Beispiel wäre die Frage ob man Tote in kauf nehmen oder sogar herbeiführen darf, um eine größere Anzahl an Menschen zu retten, oder ob man beim Versuch, einer kleineren Anzahl Menschen zu helfen eine größere gefährden darf. Oder auch das Gleichnis vom verlorenen Schaf (ohne damit Religions-Diskussionen entfachen zu wollen - nur als Beispiel.) - "Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, wenn er "eins" von ihnen verliert, nicht die neunundneunzig in der Wüste lässt und geht dem verlorenen nach, bis er's findet? Und wenn er's gefunden hat, so legt er sich's auf die Schultern voller Freude. Und wenn er heimkommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir; denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war. " - im Grunde ist es doch vollkommen irrational, die Herde zurückzulassen um das einzelne Schaf zu retten - emotional gesehen hingegen würden viele das Ganze wohl anders bewerten. Kann sein, dass bei den genannten Beispielen für euch keine Differenz zwischen rationalem und emotionalem Urteil besteht, aber ich hoffe, ich konnte halbwegs ausdrücken, welche Problematik ich meine. Jetzt also die Frage - ist es moralisch richtig, so zu handeln, wie man es nach rationalen Gesichtspunkten tun müsste, auch wenn das eigene Gefühl einem was anderes sagt? Oder muss man sich nach seinem Gefühl richten und in Kauf nehmen, dass man weiß, dass die andere Möglichkeit objektiv betrachtet sinnvoller gewesen wäre?
Thema von Jasper im Forum Politik und Gesellschaft
Den Thread hier gabs ja schon im alten Otherboard, da hat malhiermalda ihn eröffnet. Scheint mir wichtig zu sein, darum mach ich den auch mal hier auf.
Das Thema Organspende und die Fragen und Probleme, die damit einhergehen, beschäftigen mich schon eine ganze Weile - und grad in den letzten Wochen bin ich ein paar mal eher zufällig auf das Thema gestoßen, da hab ich mich also jetzt dazu durchgerungen, mal einen entsprechenden Thread zu eröffnen. (Meines Wissens gibt es noch keinen, in dem über diese Problematik diskutiert wird - korrigiert mich bitte, wenn ich mich irre. Man hätte den Thread wohl auch anders einordnen können - sei es bei wissenschaft und Technik, bei aktuellen Problemen oder auch Politik und Gemeinschaft. Mich interessiert aber wohl grade der philosophische Aspekt und überhaupt schien es mir hier am passendsten zu sein - auch wenn das wohl durchaus anfechtbar ist.) Aktuell beschäftigt mich das Thema wieder, weil ich jetzt, wo ich 16 bin, dem Transplantationsgesetz zufolge meine Bereitschaft zu Organ- und Gewebespende erklären und in Form eines Organspendeausweises schriftlich festhalten darf, was ich wohl auch in den nächsten Tagen machen werde, aber das ist an dieser Stelle sicher irrelevant. Dann hab ich im Internet einen Artikel vom Spiegel gelesen (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13526747.html), der sicher auch als Diskussionsgrundlage dienen kann. Zufällig gibt es nun auch noch in der aktuellen GEO-Ausgabe einen Artikel zum Thema (ich weiß nicht, ob man den im Internet lesen kann oder nicht). Nun, das Thema ist wohl sehr facettenreicht, über Organtransplantation und die Themen, die damit zusammenhängen lässt sich wohl auf den verschiedensten Ebenen diskutieren, ich werd das also nicht auf eine bestimmte Frage begrenzen, das käm mir falsch vor, zumal hier ja alle Fragen zusammenhängen und aufeinander aufbauen - Wann ist ein Mensch tot? Nach dem Hirntod? Wenn das Herz aufhört zu schlagen? Wenn das Großhirn unwiederbringlich den Geist aufgibt, die Persönlichkeit, das Bewusstsein, Gedanken, Gefühle und Wahrnehmung verschwunden sind und nie mehr zurück kommen können? Gibt es vielleicht sogar eine moralische Pflicht zur Bereitschaft, das Leben anderer durch Organspenden zu retten, wenn man in eine solche Situation gerät? Kann man es jemandem also zum Vorwurf machen, wenn er sich dagegen entscheidet? Kann man von einer Mutter verlangen, oder sie darum bitten, ein Kind auf die Welt zu bringen, bei dem Anenzephalie diagnostiziert wurde, das also ohne Großhirn auf die Welt kommt, nur um ihm Organe zu entnehmen? Wie sieht es bei solchen anenzephalischen Kindern mit der Menschenwürde aus? Hat ein Mensch, der nie einen Gedanken gedacht hat und nie einen Gedanken denken wird, der keine Persönlichkeit besitzt, der kein Bewusstsein hat, keine Wahrnehmung, der keine Emotionen kennt, keine Gefühle, der nichts fühlt, keinen Willen, keine Wünsche hat, hat so ein Mensch das, was wir "Menschenwürde" nennen? Hat er mehr Würde und Wert als eine Pflanze? Wenn ja warum? Wie kommt man zu so einer Annahme, dass der Mensch, ohne Eigenschaft, die ihn über andere Erhebt, ein Übermaß an Würde besitzt? Wenn nein, wovon ist der Wert von Leben dann abhängig? Intelligenz, Bewusstsein, Emotionen? Um mal ein wenig provokant und drastisch zu werden - ließen sich nicht mithilfe solcher Bewusstseinsloser Lebewesen all die Grausamkeiten verhindern, die durch Tierversuche geschehen? Wenn das Szenario von "Planmäßig erzeugten menschlichen Organbanken" als schreckensvision herausbeschworen wird - worin genau liegt dieser Schrecken? Übertragen wir nicht nur Erfahrungen, die wir mit Menschen gemacht haben auch auf Wesen, die äußerlich anderen Menschen zwar gleichen, aber zentrale Eigenschaften wie Bewusstsein, Willen, Wahrnehmung, Emotionen, Charakter und Persönlichkeit nicht aufweisen, weil wir nicht in der Lage sind, das gedanklich zu trennen? Was spricht dagegen, wenn wir dadurch Leid verhindern könnten, ohne das weiteres Leid entsteht? Und nun werfen sich weitere Fragen auf, bezüglich Monismus und Dualismus, nach der Verbindung von Geist und Körper, nach deontologischen oder konsequentialistischen Moralvorstellungen... Mich würde sehr interessieren, wie ihr die Thematik seht, wie ihr auf ein paar der oben genannten Fragen oder auch auf andere, die mit dem Thema zusammenhängen, antworten würdet
(EDIT: Achja - die Fragen sind nicht als rethorische Fragen zu verstehen - ich hab bewusst meine eigenen Ansichten aus dem Spiel gelassen, die Fragen spiegeln also auch nicht meine Meinung und meine Position wieder.)