Hey ihr,

ich habe mich in letzter Zeit verhältnismässig viel mit dem CETA-Abkommen beschäftigt, da ich meine Seminararbeit darüber schreiben musste/sollte/durfte. Das ist einfach ne 20 Zeitige Arbeit mit 10 Minuten Präsentation und Abfrage danach die dann als mündliches Abitur gewertet wird.
Mich würde einfach mal interessieren, wie weit ihr euch mit den beiden Abkommen auseinander gesetzt habt und was eure Sichtweise dazu ist.

Beide sind ja Freihandelsabkommen, eins mit Kanada, eins mit den USA. Bei beiden sollen mindestens 99% aller Zölle wegfallen, und damit soll der Handel zwischen beiden Ländern extrem gesteigert werden.
Persönlich finde ich, dass das CETA-Abkommen nicht perfekt ist, aber auch nicht so grässlich, wie alle immer behaupten. Lebensmittel- und Umweltstandards werden geschützt sowie regionale Produktbezeichnungen wie der "Schwarzwälder Schinken". Ausserdem sollen ja auch die Produkte für den Verbraucher am Ende billiger werden und auch qualitativ besser, wegen der grösseren Konkurrenz. Vor Allem mittlere Unternehmen sollen profitieren, da sie auf einen grösseren Absatzmarkt zugreifen können, während grosse global player zum Grossteil eh schon Tochterfirmen im Partnerland haben und von der Abschaffung von Zöllen recht wenig profitieren.
Kritischer muss man die Investor-State-Dispute Settlement Klausel mit den Schiedsgerichten sehen. Irgendwie ist es seltsam, dass die Richter keine juristische Ausbildung brauchen und man nicht in Berufung gehen kann. Ausserdem heisst es, dass Staaten nicht beklagt werden können für etwas, was im "legitimen, öffentlichen Interesse" ist. Aber was das genau ist wird auch nirgendwo gesagt...

Naja, was habt ihr da für Meinungen? Wird CETA als Blaupause für TTIP verwendet? Und was befürchtet ihr, wenn die zwei Abkommen durch kommen?

bei TTIP kenn ich mich selber zu wenig aus, aber basically ist es auch einfach nur ein Abkommen, das alle Zölle zwischen den USA und Europa wegfallen lässt.
Das CETA-Abkommen ist da genau gleich, alle Zölle weg, aber gewisse Standards werden auf demselben Level wie jetzt gehalten (Umwelt, Gesundheit, Lebensmittel vor allem)
Dazu kommt noch, dass berufliche Abschlüsse gegenseitig anerkannt werden, sie sich im Tierschutz und bei der Wissenschaft unterstützen wollen, technische Standards angleichen wollen, und eben der Schutz von so regionalen Produktbezeichnungen. Nicht enthalten sind Sozialleistungen und die Kultur.

Diverse Experten versprechen sich eine Steigerung der Export bzw. Importmenge vom Partnerland und auch ne Steigerung des Handelsvolumens, dazu kommt eben für den Verbraucher Vorteile wie billigere und qualitativ hochwertigere Produkte und mehr Produktvielfalt, eben durch die größere Konkurrenz. Ausserdem sollen Zölle von um die 500 Millionen Dollar gespart werden, was die Unternehmen auch wieder sinnvoll einsetzen könnten.

Bei den Schiedsgerichten geht es eben darum, dass diese Gerichte neben der "normalen" Justiz existieren und man nicht zwingend eine juristische Ausbildung braucht um Schiedsrichter zu werden. Dazu kommt, dass viele befürchten, dass höhere Standards nicht eingeführt werden können, da Unternehmen sofort dagegen klagen würden, wenn sie dadurch Verluste machen. Und das kann dann recht teuer für den Staat werden wenn sie gewinnen.

Ich hoffe, das hat dir n bisschen geholfen. Vom Prinzip her sind das die Wichtigsten Inhalte und vor allem die Schiedsgerichte werden kritisch gesehen.

Naja, ich bin irgendwie der Meinung, das von diesem Abkommen nur alle etwas haben, wenn es auch allen etwas weh tut. Die USA und die EU sind nicht gleich, folglich gibt es Unterschiede die auf beiden Seiten für Verwunderung bis sogar Unverständniss und Ablehnung führen. Will man beide Ansichtsweisen vereinigen in einer großen für beide tauglichen, dann müssen alle an bestimmten Punkten zurückrudern, können dafür aber an anderen Volle Kraft fahren, und kommen im Idealfall damit weiter als ohne diese Vereinigung. Somit wären beide Abkommen als ein riesiger Kompromiss zu sehen, und hier müssen sich beide Seiten entscheiden: Ist es uns das Wert, oder nicht. Allgemein bin ich eher ein Gegner von jeglicher Abgabe von Souveränität an Bündnisse oder interstaatlichen Instiutionen bzw Organisationen, aber in diesem Fall bin ich der Ansicht das ein Handelsabkommen mit den USA gerade Deutschlande, sehr recht sein sollte.
Die Frage die sich uns natürlich stellen sollte, ist nur wieder: Wie viel von dem erwarteten Wirtschaftswachstum kommt den einfachen Leuten zugute, und wie viel nur der Industrie?