Ich glaube ich bin nicht alleine mit andauerndem Fernweh. Also dies hier soll der Reisethread werden. Vergangenes und Geplantes, Tipps und Tricks, Destinationen und Abenteuer!!!


Bei mir ist das so: Ich habe Menschen kennengelernt, die keine 2 Wochen am selben Ort sein können. Free spirits, immer unterwegs, moderne Nomaden. Hab ich nicht verstanden, weil wo es schön ist, kann man doch länger bleiben... Nachdem ich dann 2 Monate zu Hause war ging es bei mir los. Ich will einfach raus, wieder meinen Rucksack packen und losgehen...


Wie definiert ihr eigentlich reisen? Gibt es einen Unterschied zwischen Urlaub machen und reisen und was trifft auf euch eher zu? Seid ihr Touristen?
Oder spricht euch reisen eher gar nicht an?

Zugegebenermaßen ist das Reisen zwar auf gewisse Weise attraktiv für mich, wie wahrscheinlich für jeden. Oder wird man irgendwo einen Menschen (unserer Altersgruppe) finden, der nicht behaupten würde, gerne zu reisen? Manche schreiben es sogar demonstrativ in ihre Profile bei diversen sozialen Netzwerken, unter "Hobbys" etc...

Doch vermutlich bin ich da weniger reiselustig als viele andere, was eine Zeit- aber auch nur eine Mutfrage sein kann. Gewissermaßen bin ich ja doch studienbedingt an einen Ort gefesselt und kann schlecht zwei Monate am Stück freimachen, um wegzufahren.
Dazu kommt meine Abneigung gegen Langstreckenflüge. Nicht, dass ich Flugangst hätte; ich bin (wie ich ja gestehen muss) doch schon öfter Kurzstrecke geflogen, das längste waren drei Stunden (und zurück). Aber wenn man sich so sehr bemüht, mit seinem Lebensstil den CO2-Ausstoß zu verringern, umweltfreundlich zu sein und sparsam... Dann ist es in meinen Augen sehr abwegig, im Gegensatz dazu mal eben nach Ostasien oder (Süd-)Amerika zu jetten. Es wären sicherlich sehr bereichernde Erfahrungen, doch ich hätte auch ein schlechtes Gewissen, nur dafür, nur zu meinem eigenen Vergnügen soviel zu verbrauchen.

Denn die Erlebnisse, die man machen kann, sind meiner Meinung nach ortsunabhängig; es nicht nicht zwingend nötig, sich so weit wie möglich von Zuhause zu entfernen, um etwas anderes zu haben. Das Entdecken anderer Kulturen, natürlich, doch zu welchem Preis? Man wird doch niemals dazugehören. Das heißt, natürlich gibt es die vage Möglichkeit, irgendwann einmal dazugehören zu können, irgendwie, doch das schließt ein, dass man dort wiederum sesshaft wird, feste Kontakte knüpft, eben nicht immer weiter zum nächsten Ort reist. Die Leute, von denen du erzählt hast, ShangriLa, die nie länger als zwei Wochen irgendwo bleiben "können", könnte es sein, dass die vielleicht auf der Suche nach einem solchen Ort sind und ihn nur noch nicht gefunden haben? Oder ist das etwas vollkommen anderes?

Ich frage mich eben doch oft, wozu man letztendlich reist. Ich habe Reisen nie als Selbstzweck verstanden, sondern eher um vielleicht etwas zu haben, was man später anderen geben kann. Und sei es nur, dass man schließlich mit mehr Toleranz zurückkommt, sich weniger wundert über die Vielfalt, der man begegnet. Doch ist allein das genug?

Hier komme ich zu der Touristen-Frage. Das Wort "Tourist" definiert primär nur jemanden, er eine "tour" macht, somit eigentlich jeden Reisenden. Wenn ich es etwas klarer abgrenzen will, empfinde ich es wohl doch noch anders... Man kann sehr wohl ein Tourist sein, selbst wenn man auf die selbstzufriedene Art mit Rucksack durch ein Land trampt (oder Zug etc. fährt). Gesetzt den Fall, man kommt allein oder zu zweit in ein Dorf/irgendeine feste Gruppe ortsansässiger Menschen, die ihren Ort selten verlassen, dort leben und arbeiten. Man ist immer fremd, wird oft wohl auch belächelt, denn man selbst ist der Europäer (insert dieses komische Zeichen here), der anscheinend nicht arbeiten muss, der Luxus hat, Zeit und Geld, um durch die Gegend zu reisen und sich andere Leute anzugucken, bei denen das anders ist. Denn letztendlich reist man ja wirklich nur für sich allein. Man will eigene Eindrücke gewinnen, Bekanntschaften schließen (die, wie schonmal gesagt wurde, oftja nicht sonderlich tief sind und auch nicht so lang halten, sondern mehr dem Zweck dienen, später sagen zu können: "Ich hab mal einen getroffen, der...") und alles in allem die eigene Reiselust befriedigen.
Leute, die am selben Ort bleiben und arbeiten, oft sogar sehr hart, tun das, weil sie andere ernähren müssen, sich um jemanden kümmern, weil sie Pflichten haben, weil sie für mehr existieren als nur für sich selbst.

Mag sein, dass das altbacken und kleinkariert wirkt, aber ich bin nicht zwangsläufig reiselustig. Herumreisen kann ich, doch es gibt auch sehr vieles, was mich hält, was ich liebe und bewahren will und nicht wegwerfen, um die Welt zu erkunden. Das geht für mich auch in Ordnung, solange ich niemandem damit Schaden zufüge. Und glücklicherweise treffe ich auch so viele Leute, die von woanders herkommen, die mir von ihren (Heimat-)Ländern erzählen, vom authentischen Leben dort.
Ich bin nicht sehr auf Orte fixiert, denke ich. Deswegen kann ich auch an einem Ort bleiben. Nicht für immer, aber doch für länger.

(In diesem Beitrag habe ich Pauschaltourismus und Strandurlaube einfach mal vollkommen ausgelassen, weil ich denke, dass die hier allgemein nicht wirklich diskussionswürdig sind, oder?)

Zitat von Kleo

---

Oder wird man irgendwo einen Menschen (unserer Altersgruppe) finden, der nicht behaupten würde, gerne zu reisen?

---

Anwesend! Und ich behaupte es nicht nur, es ist tatsächlich auch so. Mag jetzt etwas unglaubwürdig erscheinen angesichts meiner Fernbeziehungen, die ich hatte (vorrausgesetzt, eine 5-Stunden Zugfahrt zählt auch schon als Reisen..), aber auch abgesehen davon hasse ich Urlaube, Kurztrips, Flugzeug fliegen, Bahn fahren, Auto fahren. Das hat mich zwar nicht davor bewahrt, in ein paar (europäische) Länder gezwungenermaßen mitzukommen, aber naja. Natürlich kann ich nicht sagen, dass ich an jedem Urlaub alles einfach schrecklich fand. Es gab sicher nicht wenige Momente, wo ich gedacht habe "wow ist das hier schön".
Ändert aber nichts an meiner grundsätzlichen alles-außer-zu-Hause-ist-bäääh-Einstellung.

Vieles von dem, was es für mich zu sagen gäbe, hat Kleo schon geschrieben. Ich versuch trotzdem mal, noch was dazuzudichten, von einer anderen Seite aus?
Immerhin, Reise = Egotrip, so weit muss ich einfach zustimmen. Ab und zu reist man gezwungenermaßen an mehr oder weniger ferne Orte, um Verwandte zu der einen oder anderen Gelegenheit zu sehen, oder vielleicht irgendwann beruflich. Reisen im Sinne von "einfach den Ort verändern", darum geht es hier aber glaub ich nicht, wir setzen Freiwilligkeit voraus.

Freiwilligkeit kann zerstörerisch sein: Freiwillig kann man 1-Stunden-Flüge von einem Land in das nebenan buchen. Später mag man darauf kommen, dass ein Bus in die nächste fahrplanmäßige Stadt und Weiterfahrt mit dem Zug, oder selbst eine Mitfahrgelegenheit, irgendwie auch Optionen gewesen wären. Das ändert an Treibstoffverbrauch und CO2-Ausstoß aber erstmal gar nichts, rückwirkend. Und diesen Aspekt des Reisens kann ich nicht ausstehen.
Reiseerinnerungen, mit Familie? Man fliegt irgendwohin. Oder: Man fährt mit dem alten VW-Bus irgendwohin und die eigentliche Reise besteht dann aus weiterem Herumfahren. Wunderschön! Aber, das kann man sich doch irgendwie auf Dauer nicht leisten, umweltrechnerisch gesehen. Es mag ein netter Anfang sein, um das Prinzip kennen zu lernen. Dann aber müsste man doch Alternativen finden.
Innerhalb von Europa ist das ja auch kein Problem. Da man sich den Zug (diesmal rein finanziell) nicht leisten kann, fährt man eben Bus, 50 oder mehr Menschen in ein enges Fahrzeug gepfercht ist jedenfalls besser als fliegen und wahrscheinlich auch besser als 5 Personen in einem pittoresken Van. Von Wien nach Vilnius, eine Fahrt von rund 22 Stunden, zahlt man aktuell knapp über 100?, 182 hin und retour, wie ich eben gesehen habe. Nach Stockholm 110/192, unermäßigt. Mostar 95/~140. Alles innerhalb des irgendwie möglichen. Ach. Es gäbe viel zu sehen.

Aber außerhalb Europas? Es gibt, zum Beispiel, einen Bus von Florenz nach Agadir. Aber, das ist ja rein kartentechnisch "fast noch Europa", gerade so über dieses Meer drüber. Auch an andere Orte rund am Mittelmeer wird man sich ohne großen Aufwand mit Bus, Zug und Schiff etwas zusammenbasteln können. Aber. Das ist eben "rund um das Mittelmeer".

Ich bin ein reisebegeisterungsanfälliges Menschenetwas. Ganz egal wo hin, eigentlich. Und ich bin Touristin: Selbst, wenn ich zu Fuß von Glasgow nach Balmaha spaziere (bzw mich die Hälfte der Strecke mitnehmen lasse), bleibe ich Touristin. Ich gehöre nicht dazu. Ich treffe keine Menschen, bei denen ich mich "wie zu Hause" fühlen würde. Ich lebe nicht mit ihnen, ich lebe nicht alleine ganz normal, ich schlaf in der billigsten Jugendherberge und koch mir Gemüsezeugs und spazier herum und sitz in Cafes, um mal meine bisher einzige "richtige" Reise als Beispiel zu nehmen.
Zusätzlih bin ich aber neugierig. Ich will all das mal in anderen Kulissen tun, will mal beim Smalltalk mit anderen Menschen verzagen und versagen, will mal auf andere Art fremd sein? Es wird mich wohl oder übel nach Irgendwo ziehen und dorthin werde ich fliegen.

(Ich hoff sogar darauf, im Sommer zum 80er einer Großtante in eine enorm öde Ecke der USA fliegen zu können, die immerhin relativ nahe an Boston liegt, von wo aus man auch billig nach New York kommt und weniger billig nach Montreal, wenn man schon sonst nichts sieht von der Welt?)

(Ach, jetzt fällt mir nichts mehr ein. Ich hab enorm viel Zeit verträumt und den Faden verloren.)

In meiner Familie sind alle ziemlich "reisewütig" und das hat dann auch irgendwie auf mich abgefärbt. Schon meine Großeltern waren praktisch überall: Russland (davon allerdings vieles wegen des Berufes meines Großvaters), Indien, Himalaya, Pakistan, Iran, fast der gesamte Arabische Raum, eine Motorradreise durch Europa, Mexiko... Meine Eltern waren viel in Asien, aber auch Südamerika. Als mein Bruder und ich noch kleiner waren, gingen so weite Reisen nicht, aber gereist sind wir trotzdem, und haben seitdem praktisch nicht aufgehört.
Urlaub, im Sinne von Erholung, sind bei uns die drei Wochen Camping in Frankreich im Sommer, alles andere ist Reisen, um andere Länder, andere Kulturen kennenzulernen. Das geht am besten abseits aller Touristenpfade, natürlich kommt man um bestimmte Sehenswürdigkeiten nicht herum (In Venedig der Markusplatz, in Paris der Eiffelturm, etc), aber ansonsten: Einfache Unterbringungen, weil wir meist eh nur zum Schlafen im Hotel sind, wir gehn einfach viel spazieren, fahren mit den Öffis, besuchen Märkte und gehen abends nicht in Touristenrestaurants, wo es eh nur Schnitzel und Spaghetti gibt, sondern in Restaurants in denen Einheimische essen.
Und ich möchte das alles nicht missen, auch wenn mir natürlich die Konsequenzen für das Klima bewusst sind. Allein heuer war das einmal Langstrecke von ca 10-12 h Flug und einmal Mittelstrecke mit ca 4 h. Allerdings kann man das ein wenig mit ansonsten nachhaltigem Lebensstil kompensieren. Wir haben in der Schule einmal so einen CO2-Rechner gemacht und wenn man unter 400 Punkte hatte lebt man nachhaltig und nicht über seine Verhältnisse, und bei mir kam 406 oder so raus, also nicht drastisch mehr. Das schlechte Gefühl und írgendwie auch Gewissensbisse sind aber immer präsent, denn, das mit dem CO2-REchner ist nur eine schlechte Ausrede, das weiß ich. Aber solange sie noch wirkt, wirds mich immer wieder von hier fortziehen, allerdings glaube ich nicht auf Dauer. Auch wenn ich das Reisen an und für sich toll finde (große Flughäfen sind etwas ungemein Faszinierendes, selbst hier bei unserem Provinzflughäfchen ist es spannend auf der Aussichtsterrasse zu stehen und beim Starten und Landen eines Flugzeuges zuzusehen), ich glaube ih brauche ein Zuhause, etwas, wohin ich immer wieder zurückkehren kann.

Die Frage ist halt, ob es bei Klimaschädigung wirklich um eine Sache geht, bei der man einen bestimmten Spielraum hat, der vertretbar ist, ob es eine Grenze gibt, die man nicht überschreiten darf, unter der bleibend man aber nichts falsch machen kann. Ob man das wirklich gegeneinander aufwiegen kann. Und das ist, denke ich, nicht der Fall. (Darf man ein Produkt kaufen, das unter menschenunwürdigen Bedingungen produziert wurde, wenn man dafür ein zweites fair gehandeltes kauft? - ich fürchte, wir machen uns als Konsumenten zwangsläufig schuldig, wir können nur etwas am Ausmaß ändern.) - im Übrigen halte ich das mit den 400 Punkten für recht... naja, keine Ahnung. Jeder Deutsche stößt durchschnittlich pro Jahr 11 Tonnen CO2 aus, der weltweite Durchschnitt liegt bei etwas mehr als 6 Tonnen (und da sind so Staaten wie D. oder die USA ja mit eingerechnet) - selbst, wenn wir weit unter dem Durchschnitt der mit uns vergleichbaren Menschengruppe liegen sollten wären wir wohl noch ein gutes Stück über dem weltweiten Durchschnitt und selbst der ist ja bekanntermaßen viel zu hoch, sonst hätten wir ja die ganzen Probleme nicht. (Und dass es für jemanden in D. möglich ist, weniger als die hälfte der durchschnittlichen CO2-Emissionen zu verursachen und somit den weltweiten (und damit einzig relevanten) durchschnitt zu verbessern wage ich zu bezweifeln.
Vor ein paar Tagen hatte ich zufälligerweise auch so einen CO2-Rechner vor mir - und dort hieß es, es sei für einen in D. lebenden Menschen grundsätzlich nicht möglich, wenig genug zu konsumieren um ein für die Erde verträgliches Maß zu wahren, schon weil für jeden von uns aufgrund von Infrastruktur etc. schon ein gewisses Maß an Emissionen gegeben ist, auf das wir keinen Einfluss haben, selbst wenn wir privat nichts konsumieren und kein CO2 ausstoßen würden. Klar stellt sich die Frage, ob man für etwas verantwortlich ist, worauf man keinen Einfluss hat - aber wir profitieren schließlich von diesen gesellschaftlichen Strukturen und zumindest für das, worauf wir Einfluss nehmen können sind wir verantwortlich. Und wenn Dinge, auf die wir keinen Einfluss haben das verträgliche, akzeptable Maß schon voll ausfüllen, ist alles, worauf wir Einfluss haben zu viel, somit also auch fliegen, unabhängig vom Rest des presönlichen Konsums. (Ohne damit Bemühungen in anderen Bereichen herabwürdigen zu wollen, Gott bewahre.)

Reisen... ja, das ist eine recht zweischneidige Sache. Ich stimme Kleo und blubbl in den meisten Punkten zu - wenn wir den Begriff "Reisen" nicht auch auf notwendige Ortswechsel anwenden (und was ist schon notwendig?), läuft es auf ein recht egoistisches Vergnügen hinaus, klar. Niemand hat was davon, wenn ich durch die Welt reise, von mir selbst mal abgesehen, im Gegenteil, das Reisen schadet anderen (Ressourcenverschwendung u. CO2-Emissionen seien weiterhin als Beispiel genommen...) - sicher kann man vor Ort auch positives tun, das bestreite ich nicht, aber das hat nichts mit dem Reisen an sich zu tun, kann also auch nicht als Argument dafür herangezogen werden, denk ich.
Nicht alles, was egoistisch ist, ist unverantwortlich und moralisch absolut verwerflich, aber man sollte sich dessen zumindest bewusst sein und abwägen. Reisen ist eine tolle Sache, ich selbst finde es wunderbar, kenne Fernweh in einem gewissen Maße wohl auch, reise alles in allem sehr gerne, klar (auch wenn ich noch nicht allzu weit gekommen bin, aber das ist ein anderes Thema.) - ein pauschales Verurteilen halte ich auch für falsch. Ich widersprech Kleo auch, wenn sie sagt, dass "die Erlebnisse, die man machen kann [...] ortsunabhängig" sind. Man kann vieles erleben, egal, wo man ist, klar. Man kann ein weltoffener, toleranter Mensch sein, egal, ob man nun viel "von der Welt gesehen" hat, oder nicht. Man kann viel über fremde Kulturen, Religionen, Architektur, Kunst, Natur, Whatever, wissen, ohne vor Ort gewesen zu sein, sicher. Und man kann ein genauso glückliches und ebenso wertvolles Leben führen, wenn man das eigene Land nie verlassen hat, wie jemand, der alle zwei Wochen das Land verlässt, in dem er sich grade befindet, das bestreite ich nicht. Aber es gibt Dinge, die man tatsächlich nur an bestimmten Orten erleben kann, da bin ich mir ebenfalls sehr sicher - die Frage ist halt, ob das wirklich notwendige Erfahrungen sind.
Und diese positiven Aspekte des Reisens ändern nichts daran, dass es ein großer Luxus ist, den man sich da leistet, dass es, wie blubbl gesagt hat, letzten Endes ein "egotrip" ist.

Zitat von Kleo

---

Das Entdecken anderer Kulturen, natürlich, doch zu welchem Preis? Man wird doch niemals dazugehören. Das heißt, natürlich gibt es die vage Möglichkeit, irgendwann einmal dazugehören zu können, irgendwie, doch das schließt ein, dass man dort wiederum sesshaft wird, feste Kontakte knüpft, eben nicht immer weiter zum nächsten Ort reist.

---

Muss "dazugehören" denn das Ziel sein, wenn man andere Kulturen kennenlernen möchte? Ich denke nicht - ich glaub, das kann auch so eine Horizonterweiterung sein, kann Inspiration sein, bringt wertvolle Erfahrungen mit sich, erweitert das eigene Wissen. - Interesse muss nicht mit dem Wunsch verbunden sein, sich anzugleichen. Ich kann mich doch mit dem Hinduismus auseinandersetzen, ohne den Wunsch, selber Hinduist zu werden, oder? Dass ich nicht das Bedürfnis habe, dazuzugehören macht es noch nicht wertlos, mich mit fremden Dingen auseinanderzusetzen, im Gegenteil. Würde man immer so denken, würde man sich ja grundsätzlich nur für Dinge interessieren, die mit der eigenen Lebensweise zu tun haben, was mit Weltoffenheit, Interesse, Toleranz usw. nicht sonderlich zu tun hat, denk ich.

Zitat

---

Die Leute, von denen du erzählt hast, ShangriLa, die nie länger als zwei Wochen irgendwo bleiben "können", könnte es sein, dass die vielleicht auf der Suche nach einem solchen Ort sind und ihn nur noch nicht gefunden haben? Oder ist das etwas vollkommen anderes?

---

Ich denke, dass es einfach Leute gibt, die das verweilen als unerträglich empfinden, die sich keiner Gruppe wirklich zugehörig fühlen, sich nicht irgendwo eingliedern wollen, sondern ständigen Wechsel brauchen, um ihr Leben für halbwegs erfüllt zu halten. - ich glaub nicht, dass die Suche nach einem Ort, an dem man sich niederlassen kann der Antrieb sein muss. (Was nicht heißt, dass das meiner eigenen Seelenlage entspricht, oder ich das bedingungslos gutheiße oder so.)

Zu dem Begriff "Tourist" - ich denke niemand nennt sich wirklich gerne so, es klingt ein wenig dümmlich, vollkommen unindividuell, klingt nach pauschalreise, tagelangem sonnenbaden, billigflügen, Sightseeing, nach digitalkameras und Reisegruppen (um mal ganz bewusst billige Polemik in konzentrierter Form zu bieten.). Man grenzt sich selbst gerne von sowas ab, möchte sich selbst als viel authentischer, individueller sehen, sonnt sich in seiner alternativen Lebensweise, seiner kulturellen Fortschrittlichkeit, gefällt sich darin, dass man mit den Menschen vor Ort Kontakt aufnimmt, die Kultur kennenlernt, ein Stückchen Welt miterlebt, meint, man gehöre nicht zu diesen ganzen Touristen, die nur Eindringlinge sind, ohne Verständnis für die dortige Kultur, schließlich reist man ja mit seinem Rucksack trampend durch die Welt und redet hin und wieder mal mit einem Flüchtling... (Auch hier bewusstes Klischees-aneinanderreihen, verzeiht mir.) ach, ich weiß nicht - sicher gibt es sehr verschiedene Arten zu reisen, sehr verschiedene Arten von Tourismus - aber wie auch immer es im eigenen Fall aussehen mag, es bleibt ein Stück weit eigennützig, es ändert nichts daran, dass man irgendwo hinfährt, um das Unbekannte, Fremde kennenzulernen und letzten Endes auch "nur" ein Tourist ist. (Aber natürlich kann man das Reisen unterschiedlich gestalten, kann auf verschiedene Dinge wert legen, verschieden Tief in die Umgebung eintauchen und dem Fremden mit verschieden viel Respekt begegnen)
Das macht Reisen nicht zu was Schlechtem, im Gegenteil. Man sollte das ganze nur auch ein wenig selbstkritisch sehen und Maß halten, denke ich.

Bezüglich CO²:

Klar sind Langstreckenflüge ungut. Kurzstreckenflüge genauso. Wieso nicht einfach 24 Stunden Zugfahren statt 3 Stunden innerhalb Europas fliegen? Da haben wir wieder unsere Zeitvorstellungen. Mal abgesehen vom Geld. Das Vorwertskommen wird glaube ich von vielen heute eher als unangenehme Sache gesehen und nur die verschiedenen Orte als reisen. Das hat auch mit der Geschwindigkeit des Transports zu tun. Wenn wir nicht immer Autobahn fahren würden, der Zug langsamer wäre und fliegen auch kein Thema, dann hätten wir mehr Zeit, auch schon den Weg als Ziel zu sehen. Dann ist der Weg ansich schon Teil des Reiseerlebnisses.
Und auch lange Strecken (andere Kontinente) lassen sich ohne Flug bewältigen: Zug, Bus, Auto, Fahrrad, zu Fuß, Fähre...es geht alles. Aber wiederum: nur wenn man den Weg auch als Ziel sieht und sich die Zeit dafür nimmt.


Zu "Egotrips":

Ja, ich gebe zu, für mich ist reisen sehr viel selbstzweck und in gewisser Weise Egotrip. Na und, ist es falsch sich selbst weiterzuentwickeln und zu sich selbst zu finden (oder neue Seiten an sich zu entdecken)? Hat noch niemandem geschadet. Kleo - wenn reisen für dich nie Selbstzweck ist, was ist es denn dann? Auch mehr Toleranz zeigen wäre eine Selbstentwicklung die dich auch selbst weiterbringt.

Reisen ist für mich teilweise ortsuabhängig. Einerseits kommt man mitunter in Landschaften oder Kulturen, in denen du was neues, interessates entdeckst, was es daheim nicht gibt. Das bringt dir persölich oft auch neue Challenges, also wieder Egotrip wenn du so willst. Andererseits machen zumindest für mich die Menschen einen großen Teil einer Reise aus. Interessante und Coole Leute kann man überall treffen, aber manchmal kommt es auch darauf an wann du wo bist. Also in gewisser weise ortsgebunden, aber auch nicht. Und bezüglich Bekanntschaften: Wenn ich ein paar wenige Menschen auf dieser Welt als Seelenverwandte bezeichnen darf, dann sind das welche, die ich auf Reisen getroffen habe bzw mit ihnen gereist bin. Daraus haben sich echte Freundschaften entwickelt. Natürlich gibt es viele, "die man mal getroffen hat", aber gerade auch die machen das Erlebnis einer Reise aus.


Zu "dazugehören" und "authentisches Leben":

Wenn ich reise, dann will ich zwar das Leben der Einheimischen kennenlernen, aber ich muss nicht zwangsläufig dazugehören. Schon toleriert zu werden ist sehr gut. Klar wirst du, wenn du nicht länger bleibst, immer "fremder" bleiben, in manchen Erdteilen allein schon wegen der HAutfarbe. Aber du kannst zumindest auf Learning-by-doing einen Einblick ins LEben der Einheimischen erhaschen. Fährt man halt nicht bequem, sondern 3. Klasse und schläft man halt nicht in Hotels sondern bei Einheimischen. Und isst am Straßenbazar statt sich vor Krankheiten anzuscheißen, etc. Und dann weiß ich nicht, Kleo, was Erzählungen von Menschen hier "authentischer" sind.




Meine Eltern sind leider auch reiselustig, und zwar so, dass sie sich auf geführte Touren mit Reiseveranstaltern begeben. Sie wissen mittlerweile, was ich davon hallte, und das ist: Gar nichts. Dort fahren sie 2 Wochen im Touristenbus herum und fotografieren Sehenswürdigkeiten. Am Ende haben sie 2000 Fotos aber mit keinem einzigen Einheimischen geredet! Ihnen gefällts und für wildes Reisen sind sie zu alt. - Nur, dann sollen sie doch zu Hause bleiben, dann gehts halt nicht mehr.
Wenn ich was schrecklich finde, dann eine Gruppe weißer Touristen, die gerade aus einem Bus aussteigen - alle mit mindestens einer Kamera bewaffnet und Kugelschreiber und Schokolade für die Kinder. Ja warum glauben die betteln die Kinder für das?? Na genau, weil in ihren Augen jeder Weiße sowieso immer Kugelschreiber und Schokolade hergibt. Die würden das ja sonst nicht. Weit haben wirs schon gebracht. Dann lieber gar nicht "reisen". Das einzig positive dran: Die Einheimischen und ich haben dann gemeinsam darüber Witze gerissen. Aber ja, ich schweife schon wieder ab...



Was mir gerade durch den Kopf schoss: Ich finde es sehr befreiend, ohne Kamera zu reisen. Von reisen ohne Kamera habe ich tiefere und eindrücklichere Erinnerungen. Muss eigentlich jeder Mensch heutzutage eine Kamera haben? Und wozu fotografiert ihr eigentlich, falls ihrs tut?



Und ganz konkret: War hier schon mal jemand auf Färöer, Island oder gar Grönland und kann mir was darüber erzählen? Oder Dänemark, wie ist da der Transport am günstigsten und wie sind die Supermarktpreise so? Wäre dankbar für ein paar Tipps!

Zitat

---

dass "die Erlebnisse, die man machen kann [...] ortsunabhängig" sind.

---

Vielleicht hätte ich das präzisieren sollen. Ich wollte damit sagen, dass ich zumindest im europäischen und osteuropäischen Raum ein Stückchen herumgekommen bin (Was sicher auch einiges an Transportaufwand war). Doch wenn mich jemand fragen würde, nach den besten/eindrucksvollsten/lehrreichsten Erlebnissen meines Lebens, würde ich vermutlich nichts angeben, was während dieser Reisen passiert ist. Bzw. dass es eine Art Erlebnisse war, die einem wohl überall hätte passieren können und nur zufällig an einem Ort geschehen sind, der weit weg von Zuhause war.

Das Dazugehören, vielleicht ist das auch nur bei mir ein Wunsch. Wenn ich an einen weit entfernten Ort reise, dann will ich nicht weniger bleiben als zumindest mehrere Monate. Ich möchte dort arbeiten, ganz sicher, denn das ist es, was ich mit "authentisch" meine. Authentisch sind nicht die Basare/das Essen/Die auf-dem-Boden-bei-Leuten-daheim-schlafen-Unterkünfte. Ich finde es authentisch, wenn mir jemand erzählt, wie er einen Laden für Elektronikzubehör von seinem Großvater übernommen hat, nachdem sein Vater "weggegangen" war, wie er die Frau kennengelernt hat, die im betreffenden Moment neben ihm sitzt und nur lächelt, weil sie bisher kaum englisch oder deutsch spricht, weil sie erst vor wenigen Wochen nachgezogen ist wegen der Asylbewilligung, wegen politischer Verfolgung ihrer Familie.
Authentisch ist, wenn ich mitverfolge, was Bekannte erlebt haben; dass eine Frau, mit der ich in Russland zusammen gewohnt habe, nach zwei abgeschlossenen Studien doch wieder zurück in ihre kleine Heimatstadt gegangen ist, genau wissend, dass sie dort niemals einen guten Job finden würde, aber um näher bei ihren alten Eltern zu sein.
(Ich werde, egal, in welches andere Land ich gehe, niemals so etwas erleben, ich werde es immer nur von außen beobachten. Das meine ich, wenn ich mich selbst, die Reisende, als nicht authentisch bezeichne. Ich bin in einem Land, aber ich werde auch wieder weggehen. Jeder weiß das.)
Andererseits ist das, was ich zumindest von einem Hauch Authentizität erwarte: Die Härten eines Alltags kennenlernen, jeden Morgen um halb sechs aufstehen und an einem Bahnhof stehen, bei 25 Grad Kälte wie bei 35 Grad Hitze, freie Tage nach einer anstrengenden Woche, anderen Leuten den Weg zeigen können, Lieblingsorte haben, in der Bahn lesen/schlafen und trotzdem garantiert richtig aussteigen, wissen, wie es ist, wenn es einen Monat lang durch die Decke regnet.

Vielleicht ist das, was bei normalem "Reisen" einfach fehlt, die Arbeit. In meinem Studiengang ist eine, die auch in Indien war, aber kaum herumgereist ist, sondern in einem (Kinder-)krankenhaus in der Nähe von Chennai gearbeitet hat. Eigentlich für ein Jahr, schließlich kam sie dann nach drei Jahren wieder. Ich bewundere sie zutiefst dafür. Sie hat nicht so viel "von der Welt gesehen", dafür aber ganz andere und wohl mindestens genauso viele Erfahrungen gemacht.

Zitat

---

Kleo - wenn reisen für dich nie Selbstzweck ist, was ist es denn dann?

---

Was ich damit wohl einfach sagen wollte, war Folgendes: Wenn ich reise, dann eher selten aus purem Fernweh. Ich bewege mich woanders hin, aber fast immer nur, um dort Leute zu treffen, solche, die ich kenne; um "Besuch zu machen", wie man so schön sagt. Im Prinzip ist es also weniger Reisen um des Reisens selbst willen, sondern mehr der Sehnsucht geschuldet ^^

(Was mir gerade durch den Kopf geht: Wenn man sehr oft "Die Einheimischen" sagt, dann klingt das seltsam, wie Zooaffen, denen man sich nähern "darf", aber nicht muss.)

Ich nehme oftmals meine Kamera mit irgendwohin, fotografiere dann aber doch nichts spezielles, keine Menschen, keine ganzen Orte, sondern nur irgendwelchen Kleinkram, der rein gar nichts darüber aussagt, wo ich denn nun eigentlich gewesen bin o.O Was irgendwie sinnlos ist, ich ärgere mich selbst auch oft darüber, aber wenn man es anders hält, ist man mit einer Kamera oft so aufdringlich.

Island, Faröer und Grönland sind natürlich Orte, an denen ich noch nie gewesen bin. Ich war als Kind mal in Dänemark. Die Strände sind oft so lang, dass man an manchen Stellen einen Kilometer laufen muss, ehe man am Wasser ist. Die meisten Deutschen, die dort Urlaub machen, schlafen in Häusern, die immer von Samstag bis Samstag vermietet werden (es ist demzufolge empfehlenswert, sich an Samstagen fernzuhalten).
Man darf, wie überall in Skandinavien, wild zelten. Die Supermarktpreise sind recht hoch, weil wohl in Dänemark nicht allzuviel angebaut sind.

Die Vorstellung, nur Arbeit könne reisen authentisch machen, "echt", hat soeben ein Lächeln in mein Gesicht gezaubert.
Das ist doch eine schöne Vorstellung? Noch fast nie hab ich gearbeitet, hab ich mich, in welchem Bereich auch immer, für etwas mit Anstrengung eingesetzt. Ich üblicherweise Touristin in meinem eigenen Leben.
Man stelle sich Zahnräde vor, die erst durch Einsatz zusammengreifen und eine bestimmte Art von Realitätserfahrung ermöglichen.
Vielleicht schließe ich mich deshalb Kleo an, mit den situationsunabhängigen Erfahrungen. (Wobei ich da die Ausnahme definieren würde, dass manche Orte natürlich so sehr mit irgendetwas Positivem oder Negativem belegt sind, dass manche Erfahrungen begünstigt oder ausgeschlossen werden. So sorgt schon die Definition von ein paar Wochen wo anders als "Reise" für größere Freiheit und und eine größere Bereitschaft zur Fröhlichkeit als die entsprechende Zeit hier, in meinem Wohnheimzimmer, oder gar bei meiner Familie.)

Zitat

---

Muss eigentlich jeder Mensch heutzutage eine Kamera haben? Und wozu fotografiert ihr eigentlich, falls ihrs tut?

---

Reisen ohne Foto kann ich mir schwer vorstellen. Die Gründe, warum ich auf einer Reise fotografiere sind ganz unterschiedlich: Manchmal als Erinnerung, dass ich mir später die Bilder anschauen kann und mich wieder an den Urlaubsort zurückträumen, manchmal um, wenn ich von der Reise erzähle Bilder dazu zeigen zu können (und das Fotoalbum meiner Oma erweitern). Oft fotografiere ich aber einfach aus denselben Gründen, wie zuhause auch: weil ich Motiv besonders schön finde oder weil ich es für eine Collage brauchen kann. Warum sollte ich ausgerechnet auf einer Reise, wenn ich viele Dinge, die ich im Alltag sonst nicht sehe, fotografieren kann, aufhören Bilder zu machen?

Anders als die vielen Reisprofis hier im Forum, bin ich bis jetzt nicht besonders oft gereist. Ich war häufig im selben Ort an der deutschen Nordseeküste, einmal an der englischen ... und möchte an beide Orte noch einmal zurück. Kulturreisen, bei denen man in jeder Stadt nur ein paar Tage bleibt und sich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten anschaut, kann ich mir nur schwer vorstellen. Wenn ich an einen Ort reise, will ich ihn zumindest ein bisschen kennen lernen und auch mal eine Nebenstraße betreten.
Deshalb konnte ich auch die Mitschüler auf einer Sprachreise nur nicht verstehen, die sich am ersten Souvenirstand einen I-love-London-Pulli gekauft habe - als sie gerade mal zwei Stunden in der Stadt waren.

Zitat

---

Ich finde es authentisch, wenn mir jemand erzählt, wie er einen Laden für Elektronikzubehör von seinem Großvater übernommen hat, nachdem sein Vater "weggegangen" war, wie er die Frau kennengelernt hat, die im betreffenden Moment neben ihm sitzt und nur lächelt, weil sie bisher kaum englisch oder deutsch spricht, weil sie erst vor wenigen Wochen nachgezogen ist wegen der Asylbewilligung, wegen politischer Verfolgung ihrer Familie.
Authentisch ist, wenn ich mitverfolge, was Bekannte erlebt haben; dass eine Frau, mit der ich in Russland zusammen gewohnt habe, nach zwei abgeschlossenen Studien doch wieder zurück in ihre kleine Heimatstadt gegangen ist, genau wissend, dass sie dort niemals einen guten Job finden würde, aber um näher bei ihren alten Eltern zu sein.
(Ich werde, egal, in welches andere Land ich gehe, niemals so etwas erleben, ich werde es immer nur von außen beobachten. Das meine ich, wenn ich mich selbst, die Reisende, als nicht authentisch bezeichne. Ich bin in einem Land, aber ich werde auch wieder weggehen. Jeder weiß das.)

---

Aber ist es nicht noch viel authentischer, wenn dir jemand die Geschichte vom Elektronikladen und der Verfolgung etc erzählt, wenn ihr euch gerade nebeneinander auf eine schmale Pritsche im lokalen Bus von Dorf A nach Dorf B quetscht, er dir dies und das zeigt und dich dann noch in sein Haus einlädt, um dir ein traditionelles Getränk anzubieten und das Enkelkind sollst du auch noch umbedingt mal halten...? Du gehst wieder weg, klar, aber warum sollte so eine Begegung nicht trotzdem für beide Seiten sehr schön und auch authentisch sein. Solange du du-selbst bleibst, bist du authentisch, egal ob du ReisendeR bist oder "Einheimischer" (ich mag das Wort auch überhaupt nicht, aber gibt es synnomyme? Eingeborener klingt ja noch dämlicher. Locals ist okay).
Außerdem - Gerade im "Exil" werden doch über die Jahre viele Erinnerungen an die alte Heimat glorifiziert oder horrifiziert, denk ich mir. Und seitdem hat sich sicher auch so viel in der alten Heimat verändert.

Ich preferiere zwar auch die längeren Aufenthalte, aber fahre auch gerne nach ein paar Tagen wieder weiter an ein anderes Plätzchen um noch neues zu entdecken.
Es kommt nicht auf die Quantität an, wie lange man mit einem Menschen oder an einem Ort verbringt. Es ist die Qualität, die zählt.

Zitat

---

Die Leute, von denen du erzählt hast, ShangriLa, die nie länger als zwei Wochen irgendwo bleiben "können", könnte es sein, dass die vielleicht auf der Suche nach einem solchen Ort sind und ihn nur noch nicht gefunden haben? Oder ist das etwas vollkommen anderes?

---

Klar kann es sein, aber das sehe ich eher als Nebenprodukt. Wenn du wo bist, wos dir gefällt, dann wirst du schon überlegen, länger zu bleiben. Aber dazu musst du erst mal hin..usw.. Für mich ist der Antrieb eher der Drang, neues zu erleben. Neue Orte zu sehen, Menschen kennenzulernen und auch neue Herausforderungen zu haben. Hier im Alltag okay ja, ich fühle mich eigentlich pudelwohl, aber will trotzdem weg. Mir wird es einfach zu langweilig, für längere Zeit ohne unterbrechung an einem Ort zu sein. Ich würde aus Suche eher SuchT machen. Nach Abenteuer. Begegnungen, Neues lernen, etc.. Ist irgendwie sehr pushend, dich an einem fremde Ort zu wissen, ohne einen Schlafplatz für die Nacht, und dann gibts kein zurück, dann machst du einfach, egal wie schüchtern du eigentlich bist, und ab da wirds interessant

Zitat von ShangriLa

---

Ist irgendwie sehr pushend, dich an einem fremde Ort zu wissen, ohne einen Schlafplatz für die Nacht, und dann gibts kein zurück, dann machst du einfach, egal wie schüchtern du eigentlich bist, und ab da wirds interessant

---

Mimimi, sag das einem der zweittollsten Menschen der Welt, der ganze zwei Mal, in Dover und in Dunkerque, in tiefster Sinnkrise versank deswegen?
(Es war toll. Das darf der Liebe nicht wissen, aber, mit einem jammernden, ängstlich werdenden und das Leben hassenden Etwas zum Streiten neben mir waren diese Nächte gleich noch ein ganzes Stück spannender.)

(Ich will weg. Leider ist es zur Zeit nicht warm genug für "Schlafen unter freiem Himmel" =/)


edit: Übrigens hatte ich in Schottland keine Kamera dabei. Es war meine erste solche Reise und ich habe nichts vermisst dabei?
Reisefotos sehe ich ohnehin nicht nocheinmal am, üblicherweise. (Fotos allgemein auch sehr selten.) Die Erinnerungen flachen auch so ab, aber wenn sie rund um Bilder abflachen, ist das um so trauriger.
Außer, die Bilder entstehen sehr bedacht und es sind nur wenige. (Deshalb steh ich ja auch so auf analog.)

Zitat

---

Es war meine erste solche Reise und ich habe nichts vermisst dabei?

---

Dito! Ich habe mich seltsam erleichtert gefühlt, als mir schon am 2. Tag in Indien die Kamera abhanden kam. Im Gegenteil - ich war eigentlich sehr froh darüber, als ich mal die plötzliche "Nacktheit" überwunden hatte!
Ich habe mal ein kleines Kloster fotografiert, und dann ist ein alter Mönch auf mich zugekommen, hat gelacht und hat mich gefragt, was ich mit all den Fotos mache (waren eh nur wenige, aber trotzdem). Mir ist spontan keine Antwort eingefallen, an die ich selbst geglaubt hätte. (Auch das mit der Erinnerung ist Blödsinn.) Das war mir sehr peinlich und seitdem mache ich noch weniger, wozu auch.

Komisch, gerade von dieser Zeit ohne Kamera habe ich die eindrücklichsten Erinnerungen. Ich weiß zwar nicht mehr, was ich oder andere anhatten oder so, aber dafür weiß ich, wie ich mich fühlte und kann dieses supertolle Gefühl wieder aufrufen, weiß was ich dachte etc. Zb als wir quer durch de Wald stiegen und auf einer Lichtung am Bergrücken plötzlich einer Gruppe Wildpferden begegneten. Wir sind einfach ewiglang dagestanden und haben die Stuten und Fohlen beobachtet, vollkommen friedlich, ich habe alles in mich eingesaugt. Das ist jetzt eine der tollsten Erinnerungen die ich überhaupt habe. Hätte ich eine Kamera dabeigehabt, hätte ich keine Zeit gehabt das so einzusaugen, ich hätte mich wrsl ums beste Foto davon bemüht.- Alles nur durch ein Display wahrgenommen.



und blubbl, der Sommer wird kommen! Hoffentlcih bald

Ich bin gereist kann man sagen seit ich klein war. Ich kann mich erinnern an das erste mal in Amerika wo alles ganz komisch für mich war. Da war ich 3 oder 4 und habe das ganz komisch gefunden, wenn die menschen dort ihr Trinkwasser die Toiletten hinunter kippen. Es war ein Kulturschock! Seit dem ist es für mich was spannendes an einem Flughafen zu sitzen und gleich geht es los. Ist gut das ich 3 passports habe, dann passen alle Stempel hinein und du kannst dir den aussuchen wo du nicht getötet wirst in einem Land
Meistens sind wir geflogen, ist auch weit von Asien nach Europa oder Amerika. Nach Indien sind wir paar mal mit dem Boot herüber. Und dort dann Bus, Zug oder Jeep. Auch wie ich in der Grundschule war haben mich meine Eltern oft einfach mitgenommen und wir sind mit unserem Jeep zu vielen Orten. Die wollten uns immer alles zeigen was die faszinierte. Geht jetzt nicht mehr so einfach. Jetzt ist meine Familie in 3 Kontinenten in 5 Ländern und das geht nicht ohne fliegen wenn wir uns sehen wollen zum Beispiel zu Weihnachten. Ich glaube das ist jetzt das meiste wo ich reise, einfach die besuchen. Im Sommer bin ich wieder mit meinem Dad irgendwo, ich weiß nicht wo der dieses mal hinfahrt. Der hat immer Tourist Gruppen. Manchmal auch mit dem Motorrad. Aber ich glaube, der fährt nächsten Sommer nach Indonesien oder China, vielleicht kann ich mitfahren. Ist gut, solange es die Touristen gibt die alles fotografieren wollen! Davon kannst du gut leben!