Ich sag das gleich hier am Anfang: Das ist ein Thema, das mir in vergangenen Diskussionen öfters aufgefallen ist, meist auf eine Art, die mich gestört hat. Deshalb das hier, weil ich ein bisschen besser verstehen möchte.
In einer ganz kurzen Strohpuppenargumentation mein Standpunkt: Wenn Glücklichsein bedeutet, mich nicht zu bemühen, weniger Schaden in der Welt anzurichten, dann ist es das nicht wert.
In anderen, weniger bissigen Worten: Glücklich zu sein bedeutet für mich nicht, die Welt anzunehmen, wie sie ist, sondern nur, sie oder einzelne Aspekte zu lieben, obwohl sie eben so ist? Ich muss die Welt nicht als einen guten Ort ansehen, um glücklich zu sein, ich muss nicht die vielen Situationen, in denen ich ua diskriminierend handle, ausblenden, um über irgendetwas glücklich zu sein.
Das schreibe ich so, und dann frage ich mich, ob ihr nicht insgeheim denkt, dass ich mir selbst widerspreche. Ich mein, nein, als glückliche Person würde ich mich nicht bezeichnen? Aber dass ich das nicht bin, ist, finde ich, kein Argument gegen meine Behauptung, es wäre möglich, trotz allem Nischen des Glücks zu suchen und zu finden. In Zwischenmenschlichkeiten, in Meditation, in Trivialunterhaltung, das ist ja egal. (Ich kann Sherlock in nicht unerheblichem Ausmaß genießen, obwohl ich das Frauenbild so nicht unkritisiert stehen lassen würde, wäre es gerade Thema.)
Aber wahrscheinlich seht ihr das anders. Wie müssen wir die Welt betrachten, um Glückseligkeit zu erleben? Traut sich jemand, den Zusammenhang zwischen Traurigkeit und dem Diskutieren der Probleme dieser Welt auszuarbeiten?
Ich formulier mal nur einen ganz groben Abriss, ohne ins Detail zu gehen, nur um mal eine Position, ein Verhältnis zum Glücklichsein usw. zu skizzieren.
Dass Glücklichsein für wohl fast jeden Menschen irgendwie eine zentrale Bedeutung hat scheint mir recht klar zu sein. Glück ist aber nicht unbedingt nur auf den Moment bezogene Fröhlichkeit - es ist un komplexen Abhängigkeitsverhältnissen zu anderen Werten und Idealen, denk ich. - Es kann anderen Dingen untergeordnet sein, von anderen Faktoren abhängen und ist darum häufig nur ein abstrakter Begriff, um viele Ecken gedacht. Ein direkter Weg zum Glück kann durch Erkenntnis verbaut werden, denk ich. Häufig spuken irgendwelche Ideale herum, die zunächsteinmal nichts mit Glück zu tun haben - oder höchstens auf einer indirekten Ebene, indem Glück von diesen anderen Werten abhängt. Sei es der Wunsch nach Freiheit und Unabhängigkeit, sei es irgendeine Vorstellung von Gerechtigkeit o.Ä.
Ich glaub nicht, dass ich mir die Welt schönreden muss, um glücklich zu sein. Ich glaub, Problembewusstsein und Glück können koexistieren. Und ich glaub, dass es okay ist, wenn eins gesellschaftliche, politische Dimensionen im eigenen Denken in Momenten ausschaltet, in denen dieses Ausschalten niemandem schadet. Aber eben nur dann. Ein oberflächliches Glück wird sicher erschwert, weil sich alles irgendwie zerreden lässt, ja. Und generell kann eins wohl - wie Wishmaster schrieb - an der Schlechtigkeit der Menschen und der Welt verzweifeln. Aber einige Quellen des Glücks bleiben trotzdem bestehen, denke ich und werden davon nicht tangiert. Glück unmittelbaren Erlebens - sei es bezogen auf Welt und Natur, sei es in einem religiösen Kontext, sei es bezogen auf Menschen, die einem ein "trotz allem!"-Gefühl geben können... Und neben aller Kritik an den Dingen, die schief laufen, sollte wohl nicht zu kurz kommen, den Blick auch auf diese Dinge zu lenken.
Gerade dann, wenn Glück für mich eine zentrale Größe im Leben und in der Welt ist, kann ich doch das Unglück anderer nicht leugnen, um das eigene zu Verstärken. Ich glaub auch nicht, dass Glücklichsein bedeutet, mich nicht zu bemühen, weniger Schaden in der Welt anzurichten. Ich denke, sich zu bemühen, weniger schaden anzurichten, ist sogar zwingende Voraussetzung, um wirklich glücklich sein zu können, sobald ich die Schadhaftigkeit meines eigenen Handelns erkenne. Reflexion macht nicht unbedingt glücklich - es macht es teilweise komplizierter, weil einige Dinge nicht mehr glücklich machen können, die es sonst täten. Insofern macht es mich nicht glücklicher, wenn ich mich mit Diskriminierung usw. auseinandersetze. Aber Erkenntnis lässt sich nicht nach belieben zurückschrauben - sie wehrt sich zumindest dagegen, gemeinsam mit eigenem Weltbild-Ideal-Zeugs, indem sie mir die alte Form des Glückes aus der Zeit vor der Erkenntnis nimmt und damit nicht mehr erstrebenswert erscheinen lässt. Dadurch, dass Glücklichsein in vielen Zusammnenhängen garnicht mehr richtig funktioniert. Insofern - klar macht es eins bisweilen traurig, wenn mal wieder klar wird, wie viel Scheiße in der Welt passiert. Augen und Ohren zuhalten bringt nichts, auf Dauer und macht die Menschheit nicht glücklicher, denk ich. Vielleicht muss eins auf einige Formen des Glücks verzichten, wenn es den eigenen Anforderungen entsprechen will, keine Ahnung.
Was nicht heißen sollte, dass eins es bei einem Zerlegen der Welt in deprimierende Einzelteile belassen sollte. Es gibt viele, viele wundervolle Dinge auf der Welt. Und es ist sehr wertvoll, diese hervorzuheben. Und das wird nicht dadurch gemildert, dass ich darauf verzichte, andere Seiten einfach auszublenden.
Ich selbst werde häufig erschlagen von der ganzen Thematik, von den ganzen Themen. Es gibt teilweise Gefühle von Hilflosigkeit, von Schuld, von Verkommenheit und Verlorenheit. Umso mehr wünsche ich mir, das zu erreichen, was einer "Idealvorstellung" von mir wohl am nächsten kommt - dass ich es schaffe, Dinge zu finden, die mir Halt geben, die glücklich machen, auf einer Ebene, die okay ist. Problembewusstsein zu bewahren mit dem Bestreben ein guter Mensch zu sein - gleichzeitig aber einen Optimismus, einen lebensbejahenden Gestus, Liebe und Glück zu bewahren oder zu erreichen.
Vielleicht eine Utopie, die unerreichbar ist, aber auch das kann Antrieb und Quelle von Glück sein.
Also, ich bin zu müde um jetzt zum philosophieren, aber ich denke manchmal das: Ich sitze vor dem TV und sehe einen tollen Film und esse vielleicht irgendwas. Es ist eine schöne Zeit, ich bin ganz glücklich. Dann wenn ich das sage, kommen andere Menschen und meinen: TV ist schlecht und macht dumm, warum sitzt du nur herum während andere 20 Stunden am Tag arbeiten, du bist so privilegiert einen TV zu haben, der Film hat nur 1:5 Frauen und die ist weiß, das essen ist nicht bio und von weit her, und so weiter. Und ich denke nur: Super danke, du hast mein Glück gerade zerstört, toll. All das weiß ich selbst, aber ich mache es trotzdem, meine Sache. Wenn die Welt scheiße ist, und viel ist da scheiße, und trotzdem ein Mensch gerade bisschen Glücklich ist, ist das toll dann sein Glück zu zerstören mit solchen Kritiken die keinem etwas bringen außer alle unglücklich zu machen? Das macht am ende wirklich weniger Menschen glücklich als davor und du selbst bist am aller meisten unglücklich (sei es weil keiner so sich benimmt wie du das umbedingt willst). Die Philosophie kommt morgen. Jetzt bin ich mit einem Bett ganz glücklich, obwohl ich weiß, das manche Menschen heute auf dem Boden schlafen...
Ok, ok. Hm. Tami, ich glaube, deine Glücksgefühle und meine Glücksgefühle funktionieren ganz unterschiedlich und ich werd das in Zukunft einfach so hinnehmen.
Zitat von blubblOk, ok. Hm. Tami, ich glaube, deine Glücksgefühle und meine Glücksgefühle funktionieren ganz unterschiedlich und ich werd das in Zukunft einfach so hinnehmen.
Das ist aber sehr nett, anderen Glück hinzunehmen, dankeschön. Ich verspreche, ich muss auch keine Sklaven haben oder Kinder umbringen für mein Glück. Oder andere Menschen in Diskussion besiegen
Im Übrigen, ich glaube es ist nicht so verschieden was wir wollen als Glück und als Glück empfinden. Es sind nur unsere Methoden verschieden, das zu erreichen, und was wir dafür aufgeben oder über welche "Leichen" man geht um seinen Kopf durchzusetzen.
Was ist also dein Ziel? Willst du überhaupt Glück finden? Wenn ja, ich kann dir jetzt schon sagen mit deinem denken so wirst du das nicht erreichen können. So wie ich dich aus nur Diskussionen hier kenne, so wirst du unglücklich, du wirst andere Menschen um dich herum unglücklicher machen und ob da viel gutes passiert, das würde ich gerne wissen... Wenn es dein Ziel ist, alle egal welche Mitmenschen generell glücklicher zu machen, dann finde ich andere "Waffen" besser, um das gleiche zu kämpfen, als du verwendest. Aber ich will dich gar nicht irgnedwie kritisieren, denn ich sehe auch du bist ein sehr gebildeter Mensch mit sehr viel Potential für gutes. Wenn dieses Potential nicht so hin und hergerissen, aber in Balance mit anderen und auch mit sich selbst und dem eigenen Glück ist, dann kann das viel machen. Und zu sehen, wie Menschen sich selbst so sehr unglücklich machen ist schlimm. Aber egal was, man kann ihnen nicht helfen. Oder was brauchst du, um ein mal auch glücklich zu sein? Ich glaube, es ist sehr viel leichter andere Menschen hinunter zu ziehen, als die wieder hochzuholen. An beidem kann man arbeiten. Hier im Forum ist aber das erste noch viel öfter, das ist schade, obwohl da so viel Potential ist. Was das bewirkt sieht man ja.
Ich glaube, ein ähnliches Gespräch hatten wir schonmal...Da ging es auch darum, dass diese ständige blinde Fokussierung auf Glück als Selbstzweck (unterstützt durch eine Flut von Ratgeberliteratur) eigentlich Quatsch ist, weil Menschen sowieso nicht dauerhaft glücklich sein können, dass das Glück gerade durch seine Rarität etwas erstrebenswertes, Besonderes ist... Und ich erinnere mich, dass Morgenrot damals treffend zusammenfasste, sie würde eher eine Art beständiger Zufriedenheit anstreben, was ich nur unterschreiben kann. Dieser ganze verzerrte Glücksbegriff kommt mir, je häufiger darüber geredet wird, immer hohler vor. Wann ich glücklich bin, das hat mit ganz unabwägbaren Faktoren zu tun und basiert höchstens auf einer gewissen Stabilität und Sicherheit im Leben - zumindest bei mir.
Noch dazu glaube ich, dass hier dauernd ganz existenziell die Begriffe "Glück" und "Spaß" verwechselt werden (schon wieder!), was die Debatte sinnlos macht.
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es Menschen gibt, die Glück hauptsächlich durch Spaßmomente definieren, es direkt mit Gelächter etc. verbinden. Das stille Glück kostbarer Momente bleibt zwischen dem ganzen Trubel auf der Strecke, wird gar nicht mehr beachtet... Ich kann sehr bescheiden leben und mich stark einschränken, ich kann über die Probleme der Welt nachdenken und trotzdem noch glücklich sein. Ganz ehrlich: Egal, wie gut ein Film ist und egal, wie gerne ich ihn ansehe: Ein Film allein macht mich nicht "glücklich". Trotzdem sehe ich gerne Filme, sie gehören nunmal zu meinem Input dazu, den ich so erfahre und der mich natürlich auch dauernd formt. Natürlich darf eins auch mal Stunden "verschwenden", auftanken, nichtstun.
Schade finde ich es, Tami, dass du gleich wieder so absurde Beispiele bringst, die absolut nichts mit dem Thema zu tun haben, völlig aus der Luft gegriffen und noch dazu übertrieben sind:
ZitatIch verspreche, ich muss auch keine Sklaven haben oder Kinder umbringen für mein Glück. Oder andere Menschen in Diskussion besiegen
Und wer hat eigentlich von "über Leichen gehen" gesprochen?
Und was nützt es eigentlich, wenn ich selbst als Mensch glücklich bin, aber andere dafür leiden müssen? Was ist mein eigenes Glück denn dann wert? Ich lebe doch nicht nur für mich selber... Kann materieller Luxus mich glücklich machen? Können Transkontinentalflüge mir ein besseres Leben bescheren als ein bewusstes Leben in Verbundenheit mit dem Erdteil, in dem ich wohne, wo ich auch direkt Vorgänge beeinflussen kann?
Es ist ziemlich krass, anderen vorzuwerfen, sie würden die Leute in ihrem Umfeld unglücklich machen. Das ist, als würde eins den gesamten Charakter eines Mitmenschen einfach mal durch den Dreck ziehen. Was solche Angriff zu tun haben mit "andere nicht in Diskussionen besiegen müssen", ist mir auch nicht klar...sieht ziemlich danach aus. Wir können uns doch nicht einfach so über Menschen erheben, die wir garantiert nicht so gut kennen wie uns selbst, und ihnen Empfehlungen darüber geben, wie sie sich besser verhalten sollen...wenn uns diese Menschen nicht explizit um unsere Meinung gebeten haben.
Nebenbei möchte ich noch bemerken, dass ich sehr froh bin, eine Person wie blubbl zu kennen, dass das mein Leben bereichert und ich auf einige äußerst glückliche Momente zurückblicken kann, die ich sonst so nicht erlebt hätte, weil alle Bekanntschaften einzigartig sind und kein Mensch ersetzbar.
"Sind denn Ideale zum Erreichen da? Leben wir denn, wir Menschen, um den Tod abzuschaffen? Nein, wir leben, um ihn zu fürchten und dann wieder zu lieben, und gerade seinetwegen glüht das bißchen Leben manchmal eine Stunde lang so schön."
Liebe Tami, ich finde es schade, dass du aus meinen Beiträgen hier, in einem schon länger u.a. durch scharfes Diskussionsverhalten gekennzeichneten Forum, auf meinen Charakter schließt. Dabei geht es mir nicht darum, zu gewinnen, übrigens. Ich nehme aus diesem Forum sehr viele neue Anstöße mit, mir geht es ja eher um Erkenntnisgewinn. Außerdem bin ich mir nicht sicher, wie weit es sinnvoll ist, meine Äußerungen in Diskussionen all zu direkt auf meine Stimmung zu beziehen. Die ja nicht immer nur schlecht ist. Damit, ich würde das "so hinnehmen", meinte ich die vermehrten Vorwürfe des Unglücklichseins, die aus meiner Perspektive in Diskussionen nichts zu suchen haben, mit der Erklärung, wie du das siehst, nun aber nachvollziehbar wurden.
Ok, nachdem ich schon in meinem Post in "Ich bin dann mal weg." aufs Glücklichsein zu sprechen kam, denke ich, ich sollte meinen Standpunkt doch einmal darlegen.
Es ist ja so: ich bin mir durchaus darüber im Klaren, wie unglaublich privilegiert ich bin. Ich habe ein Dach über dem Kopf, Essen im Kühlschrank, Medien, die mir alle erdenklichen Informationen beschaffen können, und ein Auto vor der Tür. Und Kleidung. Und medizinische Versorgung. Und so viel mehr. Der Großteil der Menschen auf dieser Welt kann das nicht von sich behaupten, und das ist nicht schön. Aber! Aber. Das heißt ja nicht, dass ich diesen Luxus nicht genießen darf. Ich fühle mich nicht schlecht deswegen. Im Gegenteil, ich bin dem Zufall dankbar dafür, dass ich mich in dieser Situation befinde, und versuche, es nicht als selbstverständlich hinzunehmen. Das bedeutet nicht, dass ich die Probleme der Welt ausblende oder ignoriere, sondern es bedeutet, dass ich mir ihrer bewusst bin - aber deswegen nicht nachts wach liege und bitterlich weine.
Denn - und das klingt viel, viel zynischer als ich es meine - ich kann ja auch nichts dafür. Mein Luxus ist keine Sünde, für die ich mich selbst kasteien müsste. Ich kann nichts gegen das Elend auf dieser Welt unternehmen (zumindest nichts Direktes), ich kann mir nur immer wieder in Erinnerung rufen, wie verdammt ungerecht gut es mir geht. Und mit diesem Bewusstsein erscheint mir mein Leben in viel hellerem Licht. Worüber soll ich mich denn beschweren? Ich habe gar kein Recht dazu, ich habe alles, was man braucht, und unendlich viel mehr.
Das macht mich glücklich. Ich bin erfüllt von einer tiefen Zufriedenheit über mein Leben, ich ruhe in mir, denn ich habe keinen Grund, mich zu beklagen. Natürlich kann das nur ein sehr geringer Prozentsatz an Menschen von sich behaupten, und solange in Indien Sechsjährige vergewaltigt, in Syrien Kinder erschossen, in Afrika Albinos gesteinigt werden, kotzt mich der Mensch auch manchmal an. Dann entwickle ich Pläne und Vorgehensweisen, was man dagegen unternehmen könnte, woran es liegt, dass so etwas immer noch geschieht. Aber ich weiß auch, dass ich nicht im Alleingang ein pervertiertes Frauenbild umkehren, einen Bürgerkrieg beenden oder gefährlichen Aberglauben abschaffen kann. Ich kann nur ein Teil von vielen Anderen sein, von Menschen wie euch, die sich ebensolche Gedanken machen, und das viel ausführlicher und gründlicher als ich. Und ich bin ein Romantiker, und ich glaube daran, dass alles irgendwann besser werden kann. Und auch das macht mich glücklich.
So, jetzt ganz untypisch für mich doch mal so eine Textwand. Ich hoffe, dass ich meinen Standpunkt einigermaßen klar machen konnte.
You exist because we allow it, and you will end because we demand it. - Sovereign
Man kann sehr zufrieden sein, auf Dauer glücklich (vielleicht mehr happiness als fun mit den Begriffen). Ich glaube, das ist auch mein weg. Aber wenn manche andere Wege haben dann ist das nicht an mir zu beurteilen. Blubbl entschuldigung es war nicht gegen dich gemeint, ehrlich nicht. Ich wollte wirklcih ehrlich wissen, ob du dir vorstellen kannst mal glücklich zu sein und wie das aussieht und was du mit deinem persönlichen Leben dafür hinwegnimmst. Ich glaube schon, das ist eine Grundeinstellung zum leben, und das ist sehr interessant für mich, denn wie ich sagte unsere Methoden für das gleiche in der Welt zu kämpfen sind sehr verschieden. Ich habe meine, du hast deine. Aber ich will natürlich mehr wissen, wie du das siehst, deswegen fragen, immer fragen, und nicht böse gemeint. Ich kenne dich nur von den Texten hier. Ich kann dir vielleicht sagen, wie die auf fremde Menschen wirken, ohne böses zu wollen. Deinen Charakter kann ich nicht urteilen und will ich auch nicht. Du musst natürlich deinen eigenen Weg finden.
Ich denke auch nicht, dass Glück allein mein höchstes Ziel ist. Ich will viele Dinge tun, und ich will eigentlich auch noch vieles erreichen im Leben... und ob ich dann dabei glücklich bin, ist vielleicht eher ein positiver Nebeneffekt. Sofern sich mein Geisteszustand auf dem jetzigen Niveau hält, denke ich, könnte das schon so klappen... Vielleicht sollte ich noch etwas ruhiger und organisierter werden, mir mehr zutrauen, aber insgesamt bin ich auf einer Stufe, dass ich denke: So könntest du noch ein paar Jährchen weiterleben.
Vor einiger Zeit hätte ich das nicht gedacht, ich wundere mich eigentlich selbst...
Aber dennoch denke ich nicht nur, dass ich glücklich sein will und werden will um jeden Preis. Es gibt meines Erachtens wichtigere Dinge als das allein, natürlich haben diese Dinge auch irgendwie mit anderen Menschen zu tun. Ich will Sachen machen, von denen ich denke oder befürchte, dass sie anstrengend werden und bei denen ich ahne, dass ich währenddessen nicht gerade in Glückseligkeit schwelgen werde. Aber was gibt es denn, was eins dafür tun könnte? Sich zurücklehnen und einfach die ganze Zeit entspannen geht nicht, dabei kriege ich über kurz oder lang die Krise, weil ich mich so unproduktiv fühle. Adererseits ist alles, was produktiv ist (oder sein könnte, falls es denn klappt) auch mit Mühseligkeit und Frustration verbunden, eventuell mit Fehlschlägen und Misserfolgen. Dennoch mache ich es, denn im Leben geht es ja irgendwie darum immer weiter voranzukommen und nicht über längere Zeit stehenzubleiben. Deswegen finde ich auch die Vorstellung vom "Erreichen" des Glücks absurd, denn das würde ja bedeuten, dass es ein richtiges Ziel wäre...und was kommt danach? Sollen wir dann an diesem Punkt verharren? Das würde wieder zu Unzufriedenheit führen.
Nun, das sind alles sehr theoretische Gedanken und nicht wirklich praktisch anwendbar, aber manchmal spukt mir diese räumliche Vorstellung so im Kopf herum. Unser Leben ist nunmal kein Film, und nach dem Happy End kommt nicht bloß noch der Abspann... (zugegeben bin ich ein wenig von Madsen beeinflusst ^_^)
"Sind denn Ideale zum Erreichen da? Leben wir denn, wir Menschen, um den Tod abzuschaffen? Nein, wir leben, um ihn zu fürchten und dann wieder zu lieben, und gerade seinetwegen glüht das bißchen Leben manchmal eine Stunde lang so schön."
ZitatAber dennoch denke ich nicht nur, dass ich glücklich sein will und werden will um jeden Preis. Es gibt meines Erachtens wichtigere Dinge als das allein, natürlich haben diese Dinge auch irgendwie mit anderen Menschen zu tun. Ich will Sachen machen, von denen ich denke oder befürchte, dass sie anstrengend werden und bei denen ich ahne, dass ich währenddessen nicht gerade in Glückseligkeit schwelgen werde.
Für mich ist das Glück auf Dauer gar nicht passiv sein und determiniert. Und auch nicht konsumieren. Es ist mehr, so wie du, ich will Sachen machen und die sind nicht leicht. Aber dann wieder, ich glaube man kann versuchen dabei glücklich zu sein. Ich glaube, wenn man das will, dann kann das glücklich machen. Wenn du in Afghanistan Mädchen was lernst, sicher ist es hart, aber es kann dich auf Dauer glücklich machen was gutes zum tun. Und vielleicht gehst du dann nach hause zurück und sitzt vor dem TV, aber das glück in diesen Mädchen Leben Teil zu waren, das bleibt, oder? Für wen anderen ist Glück der Garten oder die enkelkinder in der Schule oder Touristenreisen oder Musik machen. Man kann denen helfen, auch das zu machen in Frieden, das ist auch Glück für andere Menschen bringen. Das ist auch für dauerhaftes Glück, schon allein wissen, das geht. Man kann so beginnen. Und Gelassenheit, ganz viel Gelassenheit das ist auch Glück. Deswegen glaube ich, in einer deutschen Kultur ist es sehr schwer mit Glück und ich bin hier bisschen nicht so glücklich wie wo anders. Aber trotzdem zu versuchen, so glücklich zu sein wie möglich, in einer Situation die du machen willst, das ist gut.
"Erreichen" des Glücks, eternal happiness, vielleicht ist das in indischen Religionen oder Buddhismus speziell mehr wert. Es meint wirklich Glück auf Dauer, weil dein Bewusstsein einfach so gelassen ist. Du kannst das machen, was du machen kannst. Du musst dich nicht aufregen über was, was du nicht ändern kannst. Und das unterscheiden können. Ich glaube, das ist hier auch ein Sprichwort.
Nun...dieses "Mädchen in Afghanistan unterrichten" klingt schon wieder so nach Weltverbesserungs-Träumen... Und solche Träume hatte ich auch, bin nach Russland gefahren, um dort mit Kindern zu arbeiten... und ich bin dieses Jahr über und die Zeit danach wohl so unglücklich gewesen, wie ich es mir nur vorstellen kann, ich bin gegen unzählige unüberwindliche Mauern gerannt und es war furchtbar frustrierend.
Dennoch bin ich insgesamt froh, dass ich das gemacht habe, weil es mich derartig geprägt hat, wie es ein "lustiges" Work&Travel-Jahr (oder etwas in der Art) wahrscheinlich niemals geschafft hätte.
Bei den Bahá'í glauben die Leute daran, dass Leidenszeiten zur Vervollkommnung eines Menschen beitragen und wir letztendlich nur gute Menschen werden können, wenn wir auch Unglück erleben. Und auch, wenn das in einigen Zusammenhängen sehr zynisch wirken kann (insbesondere, wenn unschuldige Menschen von wirklich schlimmen Schicksalsschlägen heimgesucht werden), denke ich, dass im Großen und Ganzen etwas Wahres darin steckt. Das nur mal so nebenbei.
"Sind denn Ideale zum Erreichen da? Leben wir denn, wir Menschen, um den Tod abzuschaffen? Nein, wir leben, um ihn zu fürchten und dann wieder zu lieben, und gerade seinetwegen glüht das bißchen Leben manchmal eine Stunde lang so schön."
Hm, das mit dem Glorifizieren von Leiden ist mir immer ein wenig suspekt, muss ich gestehen. Leiden ist zunächsteinmal scheiße, denk ich, und wenn es sich vermeiden lässt, sollte es vermieden werden. Klar, ich beobachte auch an mir selbst eine... naja, Romantisierung des Unglücks usw. usf. - aber das ist nichts, was ich auch noch zelebrieren will, im Gegenteil, es ist ein Charakterzug, den ich loswerden möchte. Und ich glaube nicht, dass glückliche Menschen nicht auch gute Menschen sein können, dass sich Leiden umkehren lässt in etwas positives. Sicher - Unglück formt uns ein Stück weit, lässt uns vielleicht Zusammenhänge erkennen, die wir sonst übersehen würden, lässt uns vielleicht reifer und "weise" werden, weil sich uns menschliche Dimensionen öffnen, die sonst verschlossen bleiben. Aber letztlich ist das nur in einer unvollkommenen Welt der Fall... Und es ist m.E. kein Grund, Leiden auf einmal in ein positives Licht zu stellen. Leiden ist schlimm, ist scheiße, ist nicht wünschenswert, ist unfreiwillig. Genau darum hat es ja diese prägende, vielleicht reifer machende Wirkung, weil wir eben in einer Unvollkommenen Welt voll Leid leben. Aber das kann doch kein Ideal sein, oder? In einer idealen Welt wäre ein solcher Reifungsprozess nicht nötig, wäre Leiden nicht die Voraussetzung, damit sich die Welt in einem Menschen wiederspiegelt. Unschuldiges, argloses Glück... wäre wundervoll, ist nur in der Realität kaum denkbar (Weshalb es in so vielen Weltbildern in eine Jenseitigkeit verschoben ist.). Die Welt ist (momentan) so beschaffen, dass das nicht die ganze Bandbreite des Lebens und Denkens wiederzugeben vermag, weil so viel Leid in der Welt geschieht. Und deshalb kann, denke ich, eigentlich nur ein "trotzdem!" das Ziel sein. Kein Augen-verschließen, wie es in einer vollkommenen Welt nicht nötig und naives-Glück-anstreben, wie es in einer vollkommenen Welt möglich wäre (Wo Unglück auch nicht als Kontrast notwendig wäre), sondern die Welt in ihrer Ganzheit erfassen, zu der eben auch die negativen Seiten gehören, auch Leiden gehört.
An dem Punkt kann ich wohl wieder zu deiner Position zurückfinden - Um eine wirkliche Tiefe der Erkenntnis und der Empfindung zu erreichen ist wohl ein umfassendes Erleben der Welt notwendig, die ein oberflächliches Glück nicht zu erreichen vermögen würde... Und da Leiden logischer Weise existieren kann, gehört wohl auch die Erkenntnis der Endlichkeit, des Leids usw. usf. dazu... Was nicht heißt, dass Leiden etwas positives ist. Aber das Erkennen von Leid (für das Leiden evt. notwendig ist, um es ganz zu erfassen, zumindest für Menschen, deren Intellekt ja per se beschränkt ist) ist notwendig, damit das Glücksempfinden nicht nur aus Unwissenheit und Unkenntnis vorhanden ist... Insofern ist es wohl erstrebenswert, glücklich zu sein, trotz der Welterkenntnis.
Und das ist ja ein Element, das nicht nur bei den von dir erwähnten Bahai vorkommt. Über die meisten Religionen weiß ich zu wenig, um mir anmaßen zu können, wirklich irgendwas sagen zu können - Ich weiß z.B. nicht, ob es stimmt, dass auch im Buddhismus Leiderfahrung ein notwendiger Schritt ist, in der Entwicklung, die eins durchläuft, auch wenn ich etwas in die Richtung gehendes im Kopf rumspuken hab. Im Christentum ist es ja insofern recht eindeutig, als Gott selbst in die Welt kommt und die menschliche Existenz mit allem damit verknüpften Leiden durchläuft, verraten, gepeinigt, beschimpft, missachtet, gekreuzigt wird und letztlich ruft "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!" Das scheint in vielen Religionen eine große Rolle zu haben (Und ist mit der Theodizee-Problematik ja auch eng verknüpft.) Entschuldigt das geschwafel, ich war beim schreiben selbst noch am Positionsuchen...
Zitat Aber dennoch denke ich nicht nur, dass ich glücklich sein will und werden will um jeden Preis. Es gibt meines Erachtens wichtigere Dinge als das allein, natürlich haben diese Dinge auch irgendwie mit anderen Menschen zu tun. Ich will Sachen machen, von denen ich denke oder befürchte, dass sie anstrengend werden und bei denen ich ahne, dass ich währenddessen nicht gerade in Glückseligkeit schwelgen werde. Aber was gibt es denn, was eins dafür tun könnte? Sich zurücklehnen und einfach die ganze Zeit entspannen geht nicht, dabei kriege ich über kurz oder lang die Krise
Ist es dann nicht letztlich doch Glück, das du anstrebst, nur dass es ein... komplexerer Glücksbegriff ist, dass also Glück nicht mehr auf der banalsten aller Ebenen funktioniert, weil dafür die Erkenntnis zu weitreichend ist? Umso weitere Teile der Welt eins erkennt, desto mehr Dinge fallen weg, die Glücklich machen können, oder? Und letztlich ist es doch nur eine Verlagerung in die Zukunft, in diesem Fall... Wir sind inzwischen ja alle aus dem Säuglingsalter raus und können verstehen, dass Teilweise unangenehme Dinge gemacht werden müssen, um ein Ziel zu erreichen, das letztlich glücklich macht. Wir sind nicht mehr auf unmittelbare Triebbefriedigung angewiesen...
Dasselbe dachte ich irgendwie auch dabei. Natürlich wünsche ich mir irgendwie, glücklich zu sein. Nur rational sollte es nicht mein oberstes Ziel sein. Wenn ich statt dem Herzen auch endlich mal mein Gehirn einschalte, merke ich, dass es noch ganz andere Pläne gibt, die ich ebenso stark verfolgen möchte. Und dass ich vielleicht bis zu meinem Tod nie richtige Zufriedenheit erlangen werde, sondern immer etwas suchen, den Dingen hinterherlaufen werde, die ich gern hätte (nicht unbedingt Gegenstände, sondern auch Fähigkeiten etc.), dass ich mir kaum vorstellen kann, eine Periode von, sagen wir mal mehreren Jahren am Stück zu erleben, währenddessen ich wirklich das Gefühl habe, über alles zu verfügen, was ich brauche und alles erreicht zu haben, was ich mir vorgenommen hätte...
Das mit der Sinnhaftigkeit des Leidens kann insofern problematisch sein, dass wir es niemals auf andere anwenden sollten und dürfen. Ich kann doch niemandem Leid wünschen mit dieser Begründung, dass diese Person dann daran reift... (Einige tun das, und ich finde es unter aller Sau...zum Beispiel ein Mensch von der Stadtverwaltung, der zu meinen Eltern kam, nachdem sie ein Straßenschild auf ihrem Grundstück abmontiert hatten und dafür angezeigt worden waren...Und er sagte allen Ernstes: "Ich wünsche Ihnen, dass deswegen jemand an dieser Ausfahrt einen tödlichen Autounfall hat, damit Sie begreifen, wieso dieses Schild da stehen muss!" Daraufhin haben meine Eltern ihn angezeigt, aber das ist eine andere Geschichte.) Wir sollten die Gedanken über Leid und Vervollkommnung des eigenen Charakters ausschließlich auf uns selbst beziehen...
Noch dazu ist es anders, ob ich gerade selbst in einer Leidensphase stecke und es mir sehr schlecht geht...dann werde ich vielleicht diese Lebensweisheiten in die Tonne treten wollen, weil ich einfach nur wünsche, dass sich meine Situation bessert. Erst im Nachhinein wird es dann auf einmal leicht, den prägenden Effekt der Leidensphase wahrzunehmen, was uns vielleicht zu etwas besseren Menschen gemacht hat. Es hat also nichts mit der "Romantisierung des Leidens" zu tun, das wir bewahren wollen, weil wir z.B. unseren Charakter teilweise über das Sich-schlecht-fühlen definieren... Das ist ein anderer Mechanismus. Menschen, die sich pausenlos ins eigene Unglück fallen lassen, haben davon wohl wirklich nicht unbedingt einen Erkenntnisgewinn.
Doch hier sollte ich sehr vorsichtig sein mit dem eigenen Urteil, was denn nun "echtes" Unglück ist und was nur selbstverschuldet, da sind die Grenzen fließend und unter gar keinen Umständen sollte jemandem unterstellt werden, ihm oder ihr ginge es doch gar nicht "richtig" schlecht und er_sie solle sich "doch mal nicht so anstellen"... etc. Böööse Falle.
"Sind denn Ideale zum Erreichen da? Leben wir denn, wir Menschen, um den Tod abzuschaffen? Nein, wir leben, um ihn zu fürchten und dann wieder zu lieben, und gerade seinetwegen glüht das bißchen Leben manchmal eine Stunde lang so schön."
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24.02.2013 22:44
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