Was kann man überhaupt essen? Eine pessimistische und ziellose Frage, ja. Aber. Billige Bio-Eigenmarken großer Supermärkte (auf den Basmatireis darf sogar das Fair Trade-Siegel geklatscht werden), alverde-Naturkosmetik (für alle leistbar und ofmals vegan, einself!) und das restliche Mimimi. Sicher alle enorm sorgfältig, über den notwendigen Mindeststandards und in Einklang mit Mensch und Natur produziert?
Mit Mainstreamisierung geht Ausbeutung des Konzepts einher. Dass das nicht die Siegel an sich zu einer Werbelüge macht, muss man aber, glaube ich, auch festhalten.
Nur, wann sie eine sind und wann nicht, das ist schwer zu erraten. Der Bio-Fairtrade-Reis von Spar Natur*Pur ist mir verdächtig. Der EZA-Kaffee nicht übermäßig. Wenn man mal von den 3000$-oder-so-Zertifizierungsgebühren für Fair Trade absieht? Da sollte man dann wieder lieber von autonomen, unzertifizierten, rebellischen Selbstvermarktergruppen kaufen, oder? Ja, und welche sind das? Und wie wissen, dass alles echt ist, wenn kein Siegel darauf prangt? Vertrauen ist gefragt, aber Vertrauen ist keine Option, wenn man alle Seiten böse Farce sind. Die Flucht in die kleine Kommune, die mit der Nachbarkommune tauscht und sonst mit niemandem, wird eine enorm sympathische Option. Trinkt man eben Malzkaffee und füttert morgens die Hühner, deren Eier man nur streng dosiert zur Deckung des B12-Bedarfs selbst verwendet?

Ja. Ich wiederhol also eigentlich nur, was Kleo sagt.

Was meine momentane Realität ist (langweilig, hab ich eher für mich selbst aufgeschrieben):
Ich kaufe am weg von der Straßenbahnhaltestelle nach Hause im Supermarkt ein. Dort gibt es Bioprodukte, aber großteils oben genannte Eigenmarke. Bei Nudeln zB hab ich keine Auswahl. Aus Kleos Grund (das geringere Übel) wähle ich trotzdem oft diese leistbaren Dinge, die alle das EU-Bio-Siegel tragen. Nun, gentechnisch veränderte Pflanzen würde ich mit meiner rein pflanzlichen Ernährung ohnehin nicht unterstützen, in Österreich sind die nur als importierte Futtermittel bei konventioneller Produktion erlaubt. Pestizidzeugs und so.
Wenn ich das Geschäft betrete stehe ich mitten in Obst und Gemüse. Jetzt im Winter gibt es dort hauptsächlich Bio-Paradeiser/Melanzani/Zucchini aus Spanien und Italien. Yay. Ich nehme unter Umständen Karotten, Chinakohl, Weißkraut, Erdäpfel, gekochte und abgepackte Ronen, Äpfel. Ab und zu gibt es Schwarzwurzeln und frische Ronen, Zeug, das man schälen muss =/
Dann geht es zum Tee. Ich weiß wahrlich nicht, welche Tees man kaufen sollte. Schwanke zwischen den Yogi-Tees mit den dummen Sprüchen auf den Anhängern und "irgendwas, was gut aussieht und keine Aromen drin hat". (Wie der Pfefferminz-Süßholz-Tee.)
Weiter zur Alternativ-Ecke. Sojamilch, ich nehme meistens die von Joya. Manchmal Kaffee: der, mit dem ich momentan glücklich bin, ist der Espresso (Jambo) von der EZA, in dem flockt die Sojamilch nicht (im Gegensatz zum fast ungenießbar sauren Organico).
Tomatenmatsch gibt es in Päckchen oder bio, in Glasflaschen. Was da das kleinere Übel ist, weiß ich ehrlich nicht, Glasrecycling braucht doch recht viel Energie?
Nudelzeug. Bin gut dressiert, kaufe halbüberzeugt billigbio.
Tiefkühlspinat oder sonstiges Tiefkühlgemüse, ab und zu. Greife unreflektiert zum grünen Aufkleber.
Wenn ich mal Lust drauf hab Tofu, von Sojarei meistens, ich glaube, das ist vertretbar.

Was ich ändern könnte? Also, die Sojamilch nicht, da finde ich nichts besseres. Das Gemüse auch nicht wirklich, bzw hab ich es so weit wie möglich geändert, indem ich fast jede Woche das Regional-Gemüsekistl bekomme. Den Rest im Bioladen zu kaufen, wäre mir bei meinem Verbrauch wirklich zu teuer.
Die Nudeln. Ohjeh. Ja, wahrscheinlich sollte ich die im Bioladen holen, egal, ob die zertifiziert sind oder nicht, vielleicht sollte man Bioläden vertrauen. (Reis kauf ich, wenn ich den brauch, im Weltladen und glaub, dass das das Sinnvollste ist.) Selbiges gilt für Kichererbsen und Linsen, die ich üblicherweise bei dm kaufe. Überhaupt, kleinere Geschäfte statt großen Ketten, das wär schon eine Verbesserung.
(Ach, ach ^^)

Es ist wohl klar, dass "Bio" dem Marketing dient und wie man sieht wirkt es ja auch ganz gut. Aber dass Konzerne, die Bioprodukte herstellen und vertreiben ebenfalls gewinnorientiert sind, die kosten möglichst gering halten wollen und ihre produkte gleichzeitig am liebsten zu möglichst hohen Preisen verkaufen würden ist ja selbstverständlich. Es sind keine wohltätigen Organisationen, die sich über Spendengelder finanzieren, sondern zunächsteinmal Marktteilnehmer, also Betriebe, die in unser kapitalistisches Wirtschaftssystem eingebunden sind. Auf einem freien Markt wird eine Selbstregulierung, die die Produktion teurer macht kaum über das vom Staat vorgeschriebene Maß hinaus stattfinden - um konkurrenzfähig zu sein ist es schlicht möglich die eigenen Ausgaben zu reduzieren, weshalb es recht sinnvoll ist, die Standards, die an Bioprodukte gestellt werden so knapp wie möglich zu erfüllen, klar. Würden die Konzerne anders vorgehen, würden sie über kurz oder lang vom Markt verdrängt und würden von der Konkurrenz ausgestochen. Es bleibt also zum einen die sicher notwendige Umkehrung der schrittweisen Deregulierung der Märkte, die man in letzter Zeit beobachten konnte un strengere gesetzliche Vorschriften, ein verstärktes Eingreifen des Staates - aber wir sprechen hier nunmal nicht über Kapitalismuskritik und sozialistische Heilsideen (was wir an anderer Stelle gern tun können ^^), sondern über Bioprodukte innerhalb des Gegenwärtigen Systems. Dass das Interesse daran, die Umwelt zu schonen, die Arbeitskräfte fair zu bezahlen, Tiere artgerecht zu behandeln usw. auch bei fairtrade- und bioprodukten durch wirtschaftliche Interessen, die im Zweifelsfall größer sind, eingeschränkt werden liegt also auf der Hand - was aber folgt nun daraus für unser Konsumverhalten? Auch Bioprodukte werden nicht immer so hergestellt, dass man die Produktionsweise durchgehend gutheißen kann, auch auf Biohöfen ist Tierhaltung i. d. R. nicht wirklich unterstützenswert, kurz: Klar, auch Bioprodukte sind nicht unbedingt heilbringend, sind nicht perfekt. Und ich stimm euch zu, häufig ist es wohl auch schlicht Etikettenschwindel, in manchen Fällen sind nichtbioprodukte bioprodukten wohl sogar vorzuziehen. Aber das heißt nicht, dass die gesamte Kategorie "Bio" hinfällig wird - das jetzt schon mehrmals angesprohene Prinzip, das kleinstmögliche Übel zu wählen ist hier wohl entscheidend und in der Regel ist das Übel bei Bioprodukten wohl tatsächlich kleiner, es gibt schließlich gesetzliche Auflagen, bestimmte Kriterien, die erfüllt werden müssen, um das Siegel führen zu dürfen - und Unternehmen, bei denen diese Etikettierung/Zertifizierung nicht aus finanziellen Gründen scheitert, was bei fast allen Produkten, die man in größeren Geschäften so findet, wohl der Fall sein dürfte, kann man wohl davon ausgehen, dass sie diese Kriterien eben nicht erfüllen.
(Das Problem greenwashing lass ich mal außen vor...)

Zitat

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Der Begriff "Bio" ist doch sowieso ziemlich widersinnig. "Bios" (gr.) = "Leben".
Das hat zunächst überhaupt nichts mit ökologisch nachhaltiger Anbauweise zu tun und ist ein von der Lebensmittelindustrie kreierter Phantasiebegriff, genauso wie "natürlich"/"künstlich".

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Es ist doch eigentlich vollkommen irrelevant, ob der Begriff nun zutreffend ist, oder nicht, oder? Es ist ein den Anforderungen des Marketings angepasster Begriff, um nicht immer "ökologisch nachhaltig angebaut" draufschreiben zu müssen. Etwas kurzes, prägnantes wie "Bio" ist wohl in der Regel einfach praktischer. Und was auf einem Siegel draufsteht ändert schlicht nichts am Inhalt des selbigen, an den Auflagen und gesetzlich festgelegten Mindeststandards, die damit verbunden sind. Jedem ist klar, was mit "Bio" gemeint ist, was suggeriert werden soll, wenn man "bio" auf ein Produkt schreibt - es ist vollkommen unwichtig, ob die Begriffsbildung nun etymologisch betrachtet sinnvoll ist oder nicht, oder?
Ebenso bei der "natürlich"/"künstlich"-Frage: Wir hatten ja mal eine "Was ist Natur" eigentlich?"-Diskussion, in der es darauf hinauslief, dass eine klare Abgrenzung eben nicht wirklich zu finden ist und letztlich alles irgendwie "Natur" ist - aber im alltäglichen Gebrauch sind Dinge, die ohne menschliches zutun in der "Natur" (der von menschen unbeeinflussten Welt oder was auch immer) nicht vorkommen würden "künstlich" und die Dinge werden für unser Empfinden um so unnatürlicher, je mehr Verarbeitungsschritte o. Ä. zwischen des Ausgangsstoffen und dem Produkt liegen (ein Faustkeil sieht natürlicher aus als ein Presslufthammer, oder?). Hier seh ich das Problem eigentlich nur in der Grenzziehung, die m. E. uneindeutig ist - dass man Begriffe manchmal nicht ganz logisch durchdacht und sinnvoll verwendet, sondern sie bisweilen in Zusammenhängen verwendet, in die sie genau betrachtet nicht wirklich hineingehören... halte ich eigentlich für unproblematisch. Es beeinträchtigt unsere kommunikation kaum, es ist ungefähr klar, was gemeint ist und man muss halt klären, was nun die genauen kriterien sind, um in eine der Kategorien zu gehören. (Dass "natürlich" nicht zwingend gleichzusetzen ist mit "gut" und "gesund" und "künstlich" und "menschengemacht" mit "böse" und "schädlich" ist klar, da stimm ich dir uneingeschränkt zu.)

Zitat

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Dann Leute, die sagen, sie wollten nichts "mit Chemie drin" kaufen, ohne überhaupt definieren zu können, was sie mit "Chemie" eigentlich meinen. (Alles ist Chemie!)

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Klar, auch in einem Kohlkopf laufen chemische Prozesse ab, aber auch hier ist doch klar, was gemeint ist, oder? Unsere gesamte Welt besteht aus Physik und Chemie, aber das ist für unsere Alltagswelt irrelevant. Und auch wenn unsere Gedanken durch chemische Reaktionen verursacht werden, oder sich in chemischen Reaktionen ausdrücken (Bewusstsein ist schließlich ein Phänomen, dass sich auch dadurch kaum erklären lässt), werden dadurch inhaltliche Fragen nicht hinfällig. (Ich führ mal wieder das zu häufig verwendete Beispiel des Gemäldes an, das sich chemisch betrachtet genau erklären lässt, Atom für Atom - den dargestellten Inhalt hat man dadurch aber noch lange nciht erfasst. Das ist Aufgabe der Kunstwissenschaften, da hat die Chemie nicht mitzureden.
Was ich sagen will ist im Grunde nur, dass es keine Rolle spielt, dass auch eine Orange, die nie chemisch behandelt wurde aus chemischen Prozessen hervorgegangen ist - das ist m. E. wortklauberei, die Absicht hinter der Verwendung des Wortes "Chemie" ist einigermaßen klar...
(Natürlich sind normale Konsumenten selten chemiker und haben kaum Ahnung von der Materie. So what? Sie werden trotzdem vor die Fragen gestellt, ob sie nun die Bioorange kaufen sollen oder nicht - und haben nicht die möglichkeit, alles in Erfahrung zu bringen, was sie wissen müssten, um das Risiko, das von chemisch behandelten Produkten ausgeht nun wirklich einschätzen zu können. Also hält man sich an das, was vernünftiger erscheint... und kauft im Zweifelsfall halt den Bioapfel.)

Kommt drauf an, wie weit die Strecke ist, die das Produkt zurückgelegt hat, das bio ist, aber nicht aus der Region kommt, denk ich. Da muss man sich wohl den Einzelfall anschauen, ich trau mir da kein pauschales Urteil zu. Wenn es etwa extra eingeflogen wurde ist wohl das nicht-bio-produkt vorzuziehen, denk ich. Naja und ich denke, wenn man nicht entscheiden kann, was aus ethischer Sicht besser wäre... dann kommen halt andere Faktoren ins Spiel - was sieht besser aus, was ist billiger etc. pp. - wenn man nicht weiß, was jetzt für die Welt besser ist, betrachtet man die Sache halt egoistisch und nimmt das Produkt, das einen weniger kostet, oder?

Kurzer Einwurf @ "Chemie": Tragisch find ich in dieser Bedeutung den Gegensatz "Chemie = ungesund" vs. "Natur = gesund". Während ersteres bloß Produkte ausschließt, die man eigentlich eh bedenkenlos essen könnte, ist letzteres schlicht und einfach falsch. Freut natürlich alle, die natürliche Aromen, naturnahe Produktion, naturbelassene Inhaltsstoffe drin haben, in ihren überzuckerten Frühstückspops aus billigem weißen Mehl mit ein wenig Irgendwas-Geschmack.

Mhm, Tollkirschen sollen auch recht natürlich sein, hab ich gehört...

Wahrscheinlich kennen das schon recht viele, ich wollte trotzdem nochmal kurz foodsharing einwerfen. Mit der Plattform soll der Verschwendung von Lebensmitteln entgegengewirkt werden, indem man übriges Essen dort anbieten kann, oder schauen kann, wer in der Region Lebensmittel übrig hat. Außerdem kann man noch als "foodsaver" aktiv werden und lokale Bäckereien, Supermärkte, etc. kontaktieren, ob sie Lebensmittelkisten mit Resten zum Abholen anbieten möchten.

Das hat jetzt zwar nichts direkt mit Bio-Lebensmitteln zu tun, aber mit dem kleinen Geldbeutel. Und mit Nahrungsmittelverschwendung. Dank foodsaving stand in meinem alten Haus fast täglich eine Kiste mit - nicht mehr ganz frischem - Brot.

Kaktus, darf eins das in Deutschland überhaupt? Ich habe mal in Bäckereien, aber auch in Supermärkten gefragt, ob das theoretisch möglich wäre, da wurde mir immer gesagt, das ginge nicht, das sei verboten, sie kämen mit dem Gesetz in Konflikt (oder mit dem_der Marktleiter_in), wenn sie alte Brötchen etc. einfach so weggeben...Zumindest weiß ich, dass der Kaufland bei mir in der Nähe so 2-1,5 Stunden vor Abendschließung viele Bäckereiprodukte für die Hälfte verkauft und das dann im Laden über Lautsprecher ankündigt... Allerdings würde ich jetzt auch nicht unbedingt empfehlen, zu Kaufland zu gehen, weil das wohl nicht der beste Laden ist, so allgemein ^^

Supermärkte dürfen ja auch nicht mehr einfach so Lebensmittel an die Tafeln weitergeben, selbst wenn diese noch gar nicht abgelaufen sind.

Und...ach, keine Ahnung, vielleicht bin ich zu doof, aber irgendwie kann ich mir Foodsharing persönlich nicht vorstellen. Nicht, weil ich mich ekle, das Essen anderer Leute zu essen, sondern eher, weil hier meistens gar nicht genug Lebensmittel herumliegen, um effektiv zu tauschen. Vielleicht kaufen wir zu spontan ein und wenn, dann immer nur kleinere Mengen. Vielleicht wird manchmal was schlecht, aber dann aus Versehen und nicht so aus wir-konnten-es-nicht-mehr-esse-weil-wir-zu-viele-andere-Sachen-hatten...
Und noch dazu kommt der Veganismus, der dem ganzen etwas im Weg stehen könnte, denn ich mag halt auch keine Sachen annehmen, die unvegan sind und von anderen leuten regulär in Supermärkten gekauft wurden.

In der WG hatte ich ja die Gemüstekiste, die eigentlich richtig gut ist! Wir hatten eine regionale, auch mit Obst... Aber die Summe von 15 Euro pro Kiste (meist wöchentlich) ist doch nicht gerade wenig, und im Moment denke ich nicht, dass ich eine neue bestellen werde. Mal sehen...

Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung, wie das rechtlich aussieht. Ich weiß nur, dass in meiner Uni-Stadt mehrere Supermärkte - u.A. Edeka und Alnatura - dazu bereit waren, und da regelmäßig echt viel zusammenkam. Brot, wie gesagt, aber auch Käse, Kartoffeln, Massen dieser 3er-Packungen Paprika, und anderes Zeug.

Solange das ganze Konzept noch nicht weit verbreitet ist, halte ich privates foodsharing für schwierig, gerade außerhalb von Großstädten. Wenn ich erst 20 Minuten per Auto zum Becher Sahne unterwegs bin, kann ich mir das energiebilanztechnisch wahrscheinlich auch gleich schenken.
Selber hab ich auch selten was übrig, aber grade kurz vorm Urlaub bin ich schon öfter meinen restlichen Kühlschrankinhalt (nicht über die Plattform, aber ähnlich) losgeworden.

Deine Bedenken wegen Veganismus versteh ich grade nicht wirklich, weil du ja nichts annehmen musst, was du nicht essen möchtest?