Zitat

---

N... nein. Du denkst schon ganz richtig. Das bewusste Bestätigen der Richtigkeit eines Gedanken ist Sünde, nicht erst die Tat. Die auch. Aber das Bestätigen auch schon. Damit klärt sich dann auch der Rest von selbst.

---

Ist es nicht so, dass ich meine endgültige Bestätigung erst durch die Tat selbst gebe? Bis zu diesem Zeitpunkt ist ja noch nichts geschehen - bis dahin kann ich einfach umkehren und kann erkennen, dass es falsch wäre, den Gedanken in die Tat umzusetzen. Ich kann Selbstmord begehen wollen, schon auf der Brücke stehen und im letzten Moment umkehren, auch wenn ich das eine halbe Stunde vorher nicht einmal für möglich gehalten hab... Endgültig würde meine Bestätigung des Gedanken erst durch meinen Sprung in die Tiefe. (Mir fällt grad auf, dass das hier falsch verstanden werden könnte - ich möchte Selbstmord hier nicht mit Sünde in Verbindung bringen. War ein doofes Beispiel.)
Was soll "bestätigen" schon heißen? Wenn ich noch die Möglichkeit habe, mich dagegen zu entscheiden, habe ich mich noch nicht unwiderruflich entschieden, den Gedanken in die Tat umzusetzen (Was ja noch nicht heißt, dass man seine Position wirklich noch einmal verändert und überdenkt - aber es gäbe zumindest die Möglichkeit.) - und eine Vorverurteilung ist doch nicht grad gerecht, oder?
Und das gilt, denke ich, sowohl, wenn man davon ausgeht, dass diese Möglichkeit noch nicht im Wesen des handelnden begründet liegt, also wirklich absolut nicht vorraussagbar ist, als auch, wenn man ein deterministisches Weltbild hat, und im Grunde schon immer klar gewesen ist, wie man sich entscheiden würde - auch das ändert nichts daran, dass man erst zu einem bestimmten Zeitpunkt schuldig wird - auch wenn der vorraussagbar ist.

Zitat

---

Das heißt nicht, dass Gott abwesend ist. Er handelt in diesem Moment nur nicht in uns, oder wie handeln nicht in seinem Sinne, oder er wirkt nicht in uns, oder nochwasanderespassendes.

---

Wenn wir gutes also nur tun können, wenn Gott in uns handelt, dann sind es doch garnicht wir, die gut handeln, sondern Gott, wenn auch durch uns.
Und wenn wir, sofern Gott nicht durch uns handelt, sündigen, sind auch die schlechten Taten des Menschen Gottes Schuld, denn er hätte ja auch durch uns handeln können und somit das schlechte verhindern.

Das nicht in seinem Sinne handeln ist sicher auch eine Möglichkeit, aber dann geht es ja nicht mehr um die An-/Abwesenheit Gottes, sondern nur darum, ob man grade moralisch gut oder schlecht, also in seinem Sinne oder entgegen dem Selbigen handelt, was ja widerum der Aussage, dass Sünde/der Teufel/das Böse lediglich die Abwesenheit Gottes ist, widerspricht, denn dann wäre ja beides auch ohne Gott möglich, Böses wäre also nicht mehr mit seiner Abwesenheit gleichzusetzen.

Entschuldigt, dass ich diesen Thread nach so langer Totenruhe wieder ausbuddele - ich bin nur auf thematisch eng damit verwandte Fragen gestoßen, die ich zumindest kurz ansprechen möchte und für die ein eigener Thread ggf. nicht notwendig ist.

Dabei geht es mir nicht um "sündige" Gedanken im Wortsinne - bei "sündig" schwingt zwangsläufig die religiöse Komponente mit, die ich außen vor lassen möchte.

Vielmehr geht es mir darum, inwiefern die Einstellung, die Absicht, die Gedanken eines Handelnden Menschen entscheidend für die (moralische) Bewertung eben jener Handlung ist.
Es geht mir dabei in diesem Fall konkret um sexuellen Missbrauch, die Definition des Selbigen und die Rolle, die die Gedanken und Absichten des Täters dabei spielen.
Dass Missbrauch nicht nur in drastischen, offensichtlichen Formen auftaucht, wie es Vergewaltigungen, Kinderpornographie, exhibitionistische Handlungen, sexualisierte Gewalt usw. sind ist klar - auch nach außen hin tendentiell harmlos aussehende Handlungen sind teilweise als sexueller Missbrauch einzustufen und werden juristisch auch als solcher behandelt.
Ich bin konkret auf einer Seite, die von zwei pädophilen Männern und einer Frau, die in der Vergangenheit sexuell missbraucht wurde, betrieben wird, auf ein Zitat gestoßen, in dem der Stellenwert der Absicht, die hinter einer Haltung steht, für deren Beurteilung, besonders hervorgehoben wird. Dazu heißt es danach:

"Dieser Merkspruch ist deshalb so bemerkenswert, weil er nicht das von außen beobachtbare Geschehen (z. B. eine genitale Berührung) zum maßgeblichen Kriterium macht, sondern die subjektiven Beweggründe des Täters, die von außen oft nur schwer zu erkennen sind. Viele Pädophile dürften sich hier auf schmerzliche Weise ertappt fühlen, denn viele von ihnen suchen ja ganz bewusst den Grenzbereich zwischen sexueller und nicht-sexueller Zärtlichkeit (Streicheln, Kuscheln, Schmusen usw.), wo sie für sich eine Form von sexueller Befriedigung finden"

Mir geht es nicht darum das sehr komplexe (und von Massenmedien populistisch verzerrte) Thema der Pädophilie zu diskutieren, zumindest nicht in diesem Thread - aber die Stoßrichtung meines Posts dürfte wohl klar sein.
Kann eine Handlung in einem Fall eine begrüßenswerte Geste der Zärtlichkeit sein und im anderen, obwohl äußerlich vollkommen identisch, sexueller Missbrauch, abhängig davon, was die Intention ist?
Kann ein und die selbe Handlung im einen Fall moralisch verwerflich, im aderen hingegen sogar begrüßenswert sein?
Es gibt ja viele Ansätze, die die Perspektive des Opfers zum einzig gültigen Maßstab erklären. Wie ist es mit der Perspektive des Täters? Zwei äußerlich identische Handlungen, die auch vom Opfer identisch wahrgenommen und nicht als unangenehm empfunden werden, die aber in einem Fall sexualisiert ist, aus Sicht des Täters - ist trotzdem von einem moralischem Vergehen und von sexuellem Missbrauch zu sprechen?
Wenn man scheinbar " aus Versehen", jemanden berührt, diese Berührung, die einen sexuell erregt, aber gezielt sucht und das Ganze wird von dem Betroffenen garnicht als bewusste Handlung wahrgenommen - macht man sich schuldig? (Also, mal unabhängig von der juristischen Seite...)
Habe ich sexuellen Missbrauch begangen, wenn ich Situationen gezielt manipuliert habe, sei es, dass ich ein Spiel in eine bestimmte Richtung lenke, wobei die bewusste Lenkung und die sexuelle Komponente nur mir bewusst ist, sei es, dass ein pädophiler Mensch ein Kind streichelt, auf eine Art, die bei jedem nichtpädophilen Menschen als normal angesehen würde und nur von ihm anders empfunden wird, sei es, dass ich ein Gespräch verbal in eine Richtung lenke, die mich aufgrund von Doppeldeutigkeiten, die dem anderen nicht bewusst sind, erregen, oder was auch immer...
Das ganze ist natürlich nicht nur auf diesen Bereich anzuwenden, sondern lässt sich auf beliebige andere übertragen, ich dachte nur, ich stelle die Frage mit dem ursprünglichen Kontext, in dem ich zufällig darauf gestoßen bin, um die an sich recht abstrakte Frage etwas anschaulicher zu machen.
Ich hoffe, ich hab mich nicht allzu blöd angestellt... Ich befinde mich zur Stunde nicht mehr ganz auf der Höhe, fürchte ich.

Das ist eine wunderbare Fragestellung, und ich finde sie enorm schwierig. Meine erste, impulsive Antwort ist: Es ist in Ordnung. Weil Missbrauch sich sinnvollerweise großteils vom Opfer aus definiert. Dinge, die ich ok finde, sind ok, was dahinter steckt, kann ich ja eh nicht wissen, blablubb?
Dagegen sprechen zwei Punkte.

Der erste ist offensichtlich: Es handelt sich in diesem Beispiel um Kinder. Kinder können nicht für ihr Wohlergehen verantwortlich gemacht werden. Es darf nicht davon ausgegangen werden, dass sie wissen, was Teil normaler sozialer Interaktion ist und was nicht, oder dass sie widersprechen können, wenn ihnen was nicht passt, da sind solche Mehrdeutigkeiten doppelt schlimm. Zu genau diesem Thema hab ich mal einen sehr stark vom debattierbaren Konzept der Consent Culture beeinflussten Text gelesen, indem eine Mutter erklärte, dass sie Verwandten verbietet, ihr Kind ohne Rückfrage zu berühren, da diese kleinen Grenzüberschreitungen den Weg bereiten würden für Unklarheiten über das "wieviel muss ich ertragen", die leicht in eine Opferrolle führen könnten.
Ein zweiter Aspekt dieses Punktes, wenn wir von der Pädophilie abgehen, ist der, dass es nur fair ist, Menschen zu sagen, was Dinge für mich bedeuten, die andere auch betreffen. Wenn es um sowas potenziell sensibles geht eben. Das ist halt schwieriger? wenn mich Intentionen stören, von denen ich erst im Nachhinein erfahre, fühle ich mich ausgenutzt und hintergangen. Wenn ich nicht von ihnen erfahre und die Situationen total unbedenklich finde, dann ist für mich ja tatsächlich nichts passiert?
(Ich kenn jemanden, der hat mir gesagt, dass er lieber nicht umarmt wird, weil das für ihn sofort etwas Sexuelles hat. Auch kein Problem, wenn man es weiß.)

Mein zweiter Punkt ist, ? gnah, den hab ich jetzt vergessen. Ein anderer Aspekt, der mir vorher nicht aufgefallen ist, ist die enorme Macht, die ich damit habe. Über die andere Person eben. Ich muss nur ein bischen expliziter werden, ein bisschen zu aufdringlich, und die gesamte Situation kippt ins sehr bedrohliche.
Aber mein Hirn schaltet gerade ab, ich verlasse das Feld ^^

Zitat

---

Nehmen wir einmal an, dass soetwas existiert:
Was ist Sünde, was kann Sünde sein? Und weiter?

Nachdenklich gemacht haben mich Hel und Kleeblatt, ich zitiere einfach mal exemplarisch:
Hel hat Folgendes geschrieben:
natürlich können gedanken Sünde sein. Wie kleeblatt schon gesagt hat, ist es schlimm auch nur zu denke, dass man einen anderen umbringen will.

---

Gedanken können keine Sünde sein und sie bestrafen zu wollen ist noch viel törichter.
Wenn es danach ginge, müsste ich schon längst in einem Hochsicherheitsgefängnis mit anschließender lebenslanger Sicherheitsverwahrung sein.

Nur echte Handlungen bringen das gute oder schlechte im Menschen hevor - nicht Gedanken. Man kann denken, was man will.
Ich würde niemals einen Pädophilen dafür verurteilen, sexuelle Gedanken von Kindern zu haben. Erst wenn er seine Fantasie in echte Handlungen umwandelt (runterladen von Kinderpornos, echter sexueller Missbrauch), kann dieser bestraft werden, da dies nunmal echte Auswirkungen hat und auch eine Straftat ist (logisch). Genauso gilt es für Mord. In Gedanken habe ich schon viele Personen ermordet. Macht mich das zu einem Täter? Nein, wenn ich noch klar bei Verstand bin und mich an das Gesetz halte.

Nun, Grünschnabel, auf diesem Stand ist ja die Allgemeinheit auch zu großen Teilen angekommen. Pädophilie allein ist kein Verbrechen und darf auch nicht unter Strafe gestellt werden, solange der_die Betreffende keine diesbezüglichen Handlungen unternimmt. Dazu gibt/gab es übrigens auch schon ein längeres Gespräch im...ähm, welcher Thread war das nochmal? Irgendwas mit Sexualität. Ich gucke gleich mal.

Aber die hier gestellte Frage ist ja noch um einiges komplexer, denn sie befasst sich mit den Grauzonen von Handlungen. Eine Handlung kann zwei Seiten haben, je nachdem, wer sie ausführt. Eine Person, die ein Kind auf dem Schoß hat, kann ein_e freundliche_r Verwandte_r/Bekannte_r sein, dann ist das ganze völlig harmlos und schön.
Wenn eins jedoch weiß, dass diese Person pädophil ist, dann hat diese Geste einen ganz anderen Beiklang, auf einmal wirkt sie obszön, verletzend. Weil klar ist: Wäre das Kind in der Lage, diese Situation ganz zu erfassen (was Kinder nunmal meist nicht sind), dann würde es das im zweiten Fall nicht wollen.

Kennt ihr das nicht auch? Auch, wenn ihr keine Kinder mehr seid, zumindest...naja, nicht so äußerlich
Dass es immer wieder Momente gibt im Umgang mit anderen, in denen eins sich unsicher ist, was dabei die Intention des Gegenübers ist. Vielleicht ergeht es mir auch öfter so als anderen, weil ich als weiblich gelesen werde und es so immer wieder vorkommt, das (männliche) Menschen mich ansprechen. Und dabei sind sie oft nett, sagen "schöne Haare", oder "cooles T-Shirt", und eigentlich ist es gar keine unangenehme Situation. Ich finde es ja eigentlich auch schön, wenn Fremde ungezwungen ins Gespräch kommen.

Aber dann folgt doch meistens leider der Moment, in dem sowas kommt wie "lass uns doch mal einen Kaffee zusammen trinken gehen", und ab da bin ich ziemlich sicher, wohin der Hase läuft. Und bin ziemlich enttäuscht, weil mir klar wird, dass sie andere Person mich eigentlich nur angesprochen hat, um mir schlussendlich Avancen zu machen...und nicht, weil ihnen mein T-Shirt wirklich so gut gefällt.
Das führt halt dazu, dass ich inzwischen, sobald ich angesprochen werde, sofort in eine lauernde Verteidigungsstellung gehe und immer nur warte, wann solche Avancen kommen. Und das ist verdammt schade, denn wenn wirklich mal eine Person dabei ist, die einfach nur nett sein will, dann erleben die mich wohl als unnötig kurz angebunden und wortkarg, dabei bin ich eigentlich nicht so.

Sollen sie sich halt bei den ganzen Anbagger-Schleimern und Möchtegern-Pickup-Artists bedanken, die so das Image vom Nettsein zu Fremden ruinieren

So, aber nun bin ich ziemlich vom Thema abgeschwuffen! ^^
Jedenfalls würde ich die gestellte Frage mit einem subjektiven Ja beantworten. Dieselbe Geste kann in unterschiedlichen Kontexten unterschiedlich verurteilenswert sein. Wer allerdings befugt sein sollte, diese Kontexte einzuordnen und zu bewerten, das kann ich nicht sagen...

Hm, ich denke, dass sich Pädophilie als Beispiel nicht wirklich eignet - denn sich sexuelle Aktivitäten mit Kindern zu wünschen ist doch an sich nichts verurteilenswertes und unmoralisches, das beinhaltet ja nicht den Wunsch, jemandem Leid anzutun. In dem Fall ist, denke ich, tatsächlich nur die Auslebung problematisch, da diese zwangsläufig mit Leid verknüpft ist, das eins Hervorruft. Das "Schlimme" liegt also nicht in der Sache an sich (sexuelle Aktivität mit Kindern), sondern an den Folgen der Auslebung dieser Bedürfnisse/Wünsche/Whatever. Wenn es hingegen um den Wunsch, jemandem Gewalt anzutun geht ist das m.E. eine andere Sache, da liegt ja das Leidantun in der Sache an sich begründet, ist Element der gedachten/gewünschten Tätigkeit, whatever.

Ein recht schwieriges Thema, denke ich. Ein Gedanke wie "xy würde ich am liebsten töten" ist wohl nicht wirklich verurteilenswert - du tust es letztlich doch nicht, insofern willst du es eben eigentlich nicht. Wenn du es wolltest und tätest, würdest du nicht... keine Ahnung, dadurch daran gehindert, dass in der Pistole, mit der du abdrückst, zufällig keine Kugel ist, dann ist das eine andere Sache, dann ist es eine andere Dimension von "Denken" und Wollen", oder? Ich würde sagen, in dem Fall ist die Person moralisch genauso zu bewerten, als wäre eben doch eine Kugel drinnen gewesen. Wenn ich auf jemanden schieße mit der Absicht zu töten ist es für die moralische Beurteilung meiner Person m.E. nciht von Belang, ob die Kugel den Menschen auch wirklich tötet, oder ob der Mensch irgendwie überlebt. Insofern kommt es mMn nicht wirklich auf die tatsächlichen Auswirkungen an, wenn es darum geht, die handelnde Person moralisch zu beurteilen.

Du hast eine juristische Dimension ins Spiel gebracht - ich glaube, das ist eine ganz andere Sache. Da wird natürlich (auch) nach den äußerlichen Vorgängen entschieden. Und natürlich wäre es einem Rechtsstaat nicht angemessen, Menschen für Gedanken zu verurteilen. Aber das ist doch ein ganz anderes Thema.