Es gibt Menschen, die sind immer positiv drauf und andere, die kaum mal irgendwann Optimismus an den Tag legen. Ich persönlich tendiere in letzter Zeit dazu, andere Menschen viel zu negativ zu finden. Negativ über alles, über Schule und Lernen, über schlechtes Wetter oder Essen, über einen wehen Fuß oder den Tod des Hamsters. Gleichzeitig durfte ich aber den positivsten Menschen kennenlernen, der mir je untergekommen ist. Bei den meisten Sachen stimme ich ihm zu. Details vielleicht in späteren Posts. Ich bin einfach ein positiver Mensch, ich kann nicht anders. Ich sehe einfach keinen Sinn darin, mich über irgendwas zu beschweren. Warum auch? Wir haben so viel im Leben. Das Leben ist eigentlich wunderschön und bietet uns alles, oder? Oder ist es so, dass viele Menschen Dinge einfach nicht wertschätzen können, weil sie nie etwas wirklich negatives erlebt haben, weil sie alles für garantiert sehen und sich nie Gedanken darüber machen, was wirklich von Wert ist?

Ich gebe zu, ich verstehe negative Leute nicht. Aber vielleicht ist ja auch daran was tolles. Wer weiß. Ich habe jedenfalls noch nie einen Pessimisten gefragt, was an negativem Denken toll ist, also geht diese Frage mal an die Welt hinaus, vielleicht gibt es ja Negativdenker auch hier: Warum seid ihr negativ eingestellt? (und ich will hier wirklich keinen irgendwas vorwerfen. Mich interessiert es einfach mal, wie sich wer zum negativ denken entscheidet. Ich will auch das verstehen lernen.)
Und gleichzeitig auch an alle Optimisten: Was macht euch positiv? Gibt es Anleitungen zum Glücklichsein, persönliche Lebenserfahrungen oder Rituale? Was würdet ihr andere raten?

Ich drücke es mal mit einem sehr simplen und doch vielsagenden Zitat eines meiner liebsten Autoren aus:

"Wer das Schöne nicht sieht, wird böse; wer das Schlechte nicht sieht, wird dumm."
- Erich Kästner -

Und ich fürchte, eine bessere Erklärung für die Ablehnung von allumfassendem Optimismus kann ich dir nicht liefern.

Es ist ja auch nicht so, dass man sich hinstellt und sagt "ich will mir heute mal selbst schlechte Laune machen und alles negativ sehen". Manchmal geht es eben einfach nicht anders, auch wenn man sich noch so sehr bemüht. Selbst wenn man genau weiß, dass es Unsinn ist und es anders viel besser wäre.
Von daher finde ich die Frage unpassend, warum man sich zum negativen Denken entscheidet. Man wurde so erzogen, das Leben hat einen dazu gebracht, irgendwelche anderen Gründe...

Ich bin eher ein positiv denkender Mensch, so nebenbei.

Hm... ich stimm LadOz' erstem Absatz weitestgehend zu - ich glaube nicht, dass es eine freie Entscheidung ist, ob man positiv oder eher negativ denkt, eher optimistisch oder eher pessimistisch ist. Man wird nicht am Anfang seines Lebens vor zwei Alternativen gestellt, zwischen denen man sich entscheiden kann (unter den Umständen wäre es ja auch absurd, freiwillig ein pessimistisches, negatives Weltbild zu wählen)... - Ereignisse, Erziehung usw. prägen einen.
Ich glaube, ich bin sehr... wankelmütig, was sowas betrifft. Nicht konstant pessimistisch geschweige denn durchgehend optimistisch...
Mit einer negativen Haltung macht man es sich wohl ein wenig einfach, man kann sich auf seinem depressiven "Ach, was ist die Welt doch böse und schlecht" und Die-Welt-ein-Jammertal-Gejammere ausruhen, kann rummeckern und sich somit aus der Verantwortung stehlen.
Man kann sich für besonders scharfsinnig, kritisch, realistisch halten...
"Melancholie adelt" sagt man ja - vielleicht ist es hier ähnlich.
Optimisten erscheinen schnell leicht oberflächlich.

Umgekehrt ist reiner Optimismus wohl wirklich nicht ganz... aufrichtig, oder? Verfälscht es nicht die Realität, beschönigt, vereinfacht sie?
Es kommt mir manchmal ein wenig absurd vor, angesichts der ganzen Scheiße, die so passiert, optimistisch und positiv zu sein...

Kurz, beides ist verfälschend. Beides, pessimistisch und optimistisch, sind verzerrungen von "realistisch", oder?

Pessimismus geht bei mir oft mit einem... ein wenig selbstgefälligen Zynismus einher, was ihn unsympathisch macht. Optimismus hingegen geht oft mit Naivität einher. - und ich fühl mich oft... unauthentisch, unecht, oberflächlich, entfremdet, wenn ich mich in so eine nervöse Heiterkeit reingesteigert hab, die man Optimismus nennen könnte...
Außerdem ist Optimismus anstrengend, Kräftezehrend.

Keine Ahnung. Ich glaub, beides ist in Extremform nicht gut, ein Blick für die Realität ist hilfreich... und man wird eh niemanden finden, der nur eines von beidem verkörpert, oder?

Zitat

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Hm... ich stimm LadOz' erstem Absatz weitestgehend zu - ich glaube nicht, dass es eine freie Entscheidung ist, ob man positiv oder eher negativ denkt, eher optimistisch oder eher pessimistisch ist. Man wird nicht am Anfang seines Lebens vor zwei Alternativen gestellt, zwischen denen man sich entscheiden kann (unter den Umständen wäre es ja auch absurd, freiwillig ein pessimistisches, negatives Weltbild zu wählen)...

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Ja ist klar, dass man nicht als solches geboren wird. Aber warum kann man sich nicht dazu entscheiden? Sprichst du da etwa gerade dem Menschen den freien Willen ab? Naja, wie auch immer. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir uns entscheiden können, positiv zu denken, und zwar in jeder Situation. Das ist doch irgendwie eine Sache der persönlichen Einstellung zu manchen Dingen. Scheiße passiert, das ist wohl allen klar. Aber unterschiedlich ist, wie wir auf die Scheiße reagieren. Und da hat jeder Mensch sehrwohl die Wahl, ob er in Selbstmitleid verfällt oder sagt okay macht nichts war eine Erfahrung wert.

Ich glaube jeder Mensch strebt doch nach Glück, oder? Aber macht es einen glücklicher, pessimistisch zu sein? Macht es glücklicher, sich über Scheiße aufzuregen, die nun mal passiert ist? Das ist das Problem, dass positive Menschen oft als naiv und oberflächlich hingestellt werden. Aber für mich ist das viel eher eine Erweiterung der geistigen Fähigkeiten. Klingt schwammig. Aber seh es mal so: Auch in etlichen Religionen dieser Welt wird danach gestrebt, loszulassen und Ärger, Wut, Enttäuschung zu überwinden. Heiterkeit als Ziel. Und warum eigentlich nicht? Es ist ja nicht so, dass diese Menschen die Probleme dieser Welt nicht sehen oder sich ihnen verschließen. Viele Probleme wären nämlich gar keine Probleme, wenn alle Menschen so denken täten. Oder wenn Menschen mal aufhören täten, so viel vom Leben zu erwarten und ihre Ansprüche etwas herunterschrauben.
Ich meine hier auch nicht Positivismus, zu dem sich Menschen selbst zwingen müssen. Am Sterbebett eines lieben Menschen zu stehen und zu sagen "Das wird schon." ist vielleicht wirklich ignorant und selbstbetrügerisch. Aber man kann auch hier positiv sein: Was ist eigentlich so schlimm an Sterben?
Und das ist glaube ich auch meine Einstellung dazu. Positiv sein ist einfach. Es braucht nicht viel. Für mich 2 Sachen jeden Morgen: Sonne noch da? Check. Atme ich noch? Check. Na dann kann es ja nicht so schlimm sein.

Und zu der Frage, ob ich nicht auch manchmal todtraurig bin: Ich habe mich bemüht etwas zu finden, aber da war nichts was das adjektiv todtraurig verdient. Ehrlich. Und ich fühle mich dabei nicht mal naiv oder ignorant. Ich versuche nur, in jeder Situation möglichst glücklich dabei auszusteigen. Viel zu viel Energie wird verschwendet, zu jammern und traurig zu sein über irgendetwas was entweder vergangen oder zukünftig ist.

Das seh ich wie Morgenrot. Sicher gibt es Situationen, in denen Menschen die Wahl haben: Eins bemerkt, dass dieser Abgrund, der sich auftut, nicht nötig wäre, vielleicht auch im Moment von der Müdigkeit beeinflusst ist, geht hinaus in die Sonne, um dort in einen grell-schönen Himmel zu lächeln, oder geht schlafen. Derartige "Entscheidungen" habe ich allerdings noch nie hauptsächlich als Willensanstrengung erlebt, es ist eher ein Aufdenken der Möglichkeiten und ein Hineingleiten in das "Positivere".
(Wobei so ein Sonnenspaziergang auch nicht helfen muss, wenn eins sich dazu überwindet.)

Stimmungen neigen außerdem dazu, sich nach einiger Zeit einfach "normal" anzufühlen. Sofern gerade an die gedämpfte Traurigkeit gewöhnt, bin ich zumindest mir ihr nicht immer bewusst, erst wenn ich plötzlich ehrlich lächeln muss löst sich ein Knoten, den ich gar nicht mehr richtig fühlte, oder erst, wenn etwas sich schlimmer anfühlt, merke ich, dsas etwas sich schlimm anfühlt.

Und, ich denke auch, wie schon einige erwähnt haben, dass es keine rein positiven oder negativen Menschen gibt.
Man höre und staune: Ich würde mich oft in vielen Bereichen als Optimistin betrachten, ich finde viele Dinge toll, ich kann oft das Positive in allem möglichen sehen. Nur halt nicht, wenn es um mich geht. Da bin ich dann, oft, die "Negative". Aber auch das nicht immer und überall. Ich freu mich über Dinge, die ich mach, ich nehme Dinge ab und an sehr gelassen.
(Oder ist es überhaupt letzteres, was du meinst, ShangriLa? Eine gewisse "Gechilltheit", egal was kommt?)

Zitat

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Aber "traurigen" Menschen Willensschwäche zu unterstellen (entschuldige, wenn ich da etwas aus deinem Text lese, was da vielleicht garnicht steht), finde ich jetzt doch ein wenig hart...

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Willensschwäche, hmm, nein eigentlich nicht. Nicht ganz. Ich will das jedenfalls nicht glauben müssen, aber bei manchen Menschen kommt es mir manchmal so vor. Scheint für viele bequemer zu sei als den eigenen Geist zu erforschen, außerdem kann man sich gut bemitleiden lassen. Aber das ist ja auch genau meine Frage: Mir fällt positives Denken ziemlich einfach, trotzdem ist es für mich eine Entscheidung. Oder war es mal. Aber gibt es denn auch gute Gründe, warum man manchmal nicht positiv sein kann/darf/soll und einen das im Endeffekt glücklicher macht?


Irgendwer hat auch mal erwähnt, dass es Erfahrungen sind, die einen zu dem machen, was man ist. Aber ist das so? Sind es wirklich die Erfahrungen oder die Schlüsse die man daraus zieht, sprich die Einstellung dazu? Zu einem erfüllten Leben gehören denke ich allerlei Erfahrungen - gute wie schlechte. Ohne schlechte Erfahrungen wären wir nicht das, was wir sind. Alles prägt uns und doch ist es nicht das Ereignis an sich, sondern unser Denken darüber.
Bsp: Ein Gefährte von mir war mal im Koma, wachte komplett gelähmt wieder auf und musste alles neu lernen - gehen, sprechen,... Menschen glauben immer noch, dass er alkoholisiert und auf Drogen ist, so wie er geht und lallt, trotzdem ist er dankbar, die Möglichkeit zu haben, das Leben richtig wertschätzen zu können. Das macht der auch, jede Sekunde. Das alles war für ihn also im Endeffekt eine positive Erfahrung. Das macht ihn zu einem der bedingungslos positivsten Menschen die ich kenne. Ist er deshalb naiv oder ignorant? Auch gechillt trifft es nicht wirklich. Obwohl gechillt sein natürlich immer gut ist!

Also einerseits glaube ich, dass es nicht Erfahrungen sind, sondern unser Denken darüber, wie schon gesagt. Andererseits bin ich davon überzeugt, dass wir mit der Kraft positiver Gedanken sehr viel erreichen können. Es kann zB helfen, sich vorzunehmen, nicht krank zu werden. Wenn man aber immer Angst hat krank zu werden, dann wird wrsl irgendwann genau das eintreffen. Das gilt für viele Situationen. Ist natürlich abstrakt und liegt vllt auch zu einem Teil an spirituellen Überzeugungen aber hey das ist Thema für einen anderen Thread.

Zitat

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Aber gibt es denn auch gute Gründe, warum man manchmal nicht positiv sein kann/darf/soll und einen das im Endeffekt glücklicher macht?

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Das glaube ich nicht. Erkenntnis ist auch glücklich zu gewinnen (allerdings eher nicht zufrieden- oder ist diese Unterscheidung kleinlich?), und sonst geht es eh nur ums Wohlbefinden der eigenen und umgebenden Person/en. Allerdings sollte man dran denken, dass auch nicht-glückliches Auftreten Teil irgendeiner Art von Identität ist. Nichts schlimmeres als "Lächel doch mal!".

Deinem Punkt mit der Einstellung zum Erlebten stimme ich absolut zu. Nur leider mit einer großen Einschränkung: Auch Einstellungen, Bewertungen sind gelernt, hängen also irgendwo von Erfahrungen ab. An einem überzeichneten Beispiel: Ein Mensch, der früh erfahren hat, einfach nichts gut, ausreichend und richtig machen zu können (man beachte, dass das alles Bewertungen sind, die zuerst von anderen vermittelt werden) wird das wohl lernen und auch im weiteren Leben eigene Handlungen erstmal als unzureichend sehen. Ein anderer überzeichneter Mensch, dessen depressive Eltern sich für nichts recht begeistern konnten, wird möglicherweise (fürs erste) auch nicht die motivierteste und liebendste Person werden.
Und so sind wir, denke ich, im kleinen alle "vorbelastet".

Das mit dem "nicht krank werden" ist übrigens eines meiner Talente, bei sich anbahnenden Erkältungen pflege ich mir vorzunehmen, am nächsten Tag in vollem Wohlbefinden aufzuwachen (das ganze von ein paar übertriebenen Kuschelsocken- und Einschlafriten begleitet), und üblicherweise hält sich zumindest befürchtetes Fieber fern.

Dazu fällt mir noch diese Sache ein, die wir früher zum Teil so heftig negiert haben, die aber zu stimmen scheint: Glücklichsein ist immer relativ zur zuvor erlebten Stimmung. Um dauerhaft als solches erlebt zu werden, müsste das Glücksgefühl sich immer steigern. (So, wie man sich an Lärmpegel, schwere Lasten und scharfes Essen gewöhnt.)
Morgenrots Vorstellung von der hohen Grundzufriedenheit ist also, zusammen mit regelmäßiger guter Laune, wahrscheinlich wirklich das, wovon wir hier sprechen.

Ein Mensch hat für die Süddeutsche Zeitung einen Artikel verfasst, der sich mit der immer mehr in Mode kommenden Glückssuche beschäftigt und mir natürlich gefällt, deswegen verlinke ich ihn hier.

Natürlich schaffen es die meisten, und solche im journalistischen Milieu sowieso, das auszudrücken, wofür ich kaum Formulierungen finde, es ist natürlich ein wenig faul, das so zu tun wie ich jetzt, aber was solls.
Ich habe viel aus der Debatte in diesem Thread wiedererkannt, die Suche nach Glück, die Ablehnung...und, ganz insgesamt, die Bedeutung von Glück im Leben von uns allen.

Allein, wie viele Facetten mir inzwischen eingefallen sind...

Das aufgeregte Glück, das man in sich selbst trägt, das Herzklopfen verursacht und Nervosität, z.B. aufgeregt-auf-jemanden-warten. (Und sich trotzdem nicht trauen, anderen damit auf den Wecker zu gehen.)

Das extrovertierte Glück, mit anderen zusammen zu sein und zu lachen und an nichts anderes zu denken, zumindest für den Moment. (Diese Art fällt mir, und wohl nicht nur mir, oft etwas schwer, weil ich nicht einfach Gedanken ausschalten kann, weil Menschenkontakt mir gelegentlich schwerfällt und ich allein darüber viel nachdenken muss, sodass für völlige Gelöstheit wenig Zeit und Raum bleibt. Deswegen ist das nicht meine "liebste" Art von Glück, obwohl es zuweilen vorkommt.)

Das zufriedene Glück, wenn einem bewusst wird, dass es gerade nichts im Leben gibt, über das man sich richtig schlimme Sorgen machen muss. (Das kommt bisweilen und verschwindet auch wieder, denn wo kämen wir hin, wenn wir nicht auch von kleineren Problemen beschäftigt werden würden und diese je nach Situation und Vergleich unterschiedlich groß einschätzen...sonst würden wir ja nicht versuchen, Angelegenheiten zu lösen.)

Das Glück eines kleinen Moments, der viel bedeutet und einen ebenso aufgeregt werden lässt wie die Freude auf etwas; mit dem kleinen Unterschied, dass das Glücklich-Machende bereits geschehen ist.

Das Glück der Erinnerung an etwas schönes, selbst, wenn es schon lange her ist...dennoch ist da das Wissen: Ich habe das tatsächlich erlebt. Ich war da, ich habe das gemacht. Dieses Glück ist oft schon mit Wehmut verknüpft...aber nicht immer.

Altruistisches Glück und Stolz, was für mich so etwas wie Gegensätze sind.

Das leise Glück, das in der Melancholie liegt, im Erleben von Dingen auf eher traurige Weise. Ja das bedeutet mir unglaublich viel.

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Gerade lese ich "Fahrenheit 451" von Ray Bradbury (nicht zum ersten Mal) und bin wieder und wieder so froh darüber, dass ich (im Gegensatz zu den Protagonisten) die Möglichkeit habe, alle Facetten des stillen Glücks und der Melancholie ausschöpfen zu dürfen.
Es gibt diese Phasen, in denen kein trüber Gedanke meinen Kopf "belastet"...in diesem Phasen fange ich nach und nach an, mich taub zu fühlen, abgestumpft und flach. Ich kann nicht immer nur Glück haben. Ich fürchte mich vor den Zeiten, in denen ich sehr unglücklich bin (und hoffe, dass sie in dieser Form nicht in absehbarer Zeit noch einmal wiederkommen), aber wenn ich daran zurückdenke (natürlich ist das etwas anderes), dann gibt es auch Dinge, die mir beinahe fehlen: Die Empfindsamkeit, der Verzicht auf Stolz und Überheblichkeit - zumindest mehr als jetzt - und das Erleben vieler Dinge als intensiver, bedeutsamer als jetzt. Ich war unglücklich, aber mein früheres "unglückliches Ich" gefällt mir, so rein von Charakter her, fast besser als das jetzige. Natürlich weiß ich auch, dass ich vielen Leuten sehr auf die Nerven gegangen bin und sie mit meinem Unglück belastet habe...aber wenn man den Charakter von vor-zwei-Jahren auf den seelischen Zustand von heute übertragen könnte... Wenn, wenn, wenn.

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Die Menschen in meinem Buch sind alle "happy", ich würde es mit "fröhlich" übersetzen, aber sie sind nicht...ach, ich beziehe mich hier auf das wunderbare Wortspiel des Gedichts von Mascha Kaléko namens "Der kleine Unterschied":

Es sprach zum Mister Goodwill
ein deutscher Emigrant:
»Gewiß, es bleibt dasselbe,
sag ich nun land statt Land,
sag ich für Heimat homeland
und poem für Gedicht.
Gewiß, ich bin sehr happy:
Doch glücklich bin ich nicht.«

Ich finde es wichtig, diese Grenze zu ziehen und gefährlich, sie völlig außer Acht zu lassen. Natürlich haben blubbl und Morgenrot recht: Glück kommt und geht, und gerade weil es wieder geht (und wir das aus Lebenserfahrung wissen), empfinden wir es, wenn es zu uns kommt, als Glück.

(Ich habe in diesem Text aus reiner Faulheit sämtliche gender-Angleichungen weggelassen, bitte entschuldigt.)

Kaléko... achman, es ist doch deprimierend, wie wenig ich lese, wie viele Autorinnen (und auch Autoren) ich allenfalls dem Namen nach kenne...
Aber es ist nett, das Gedicht und trifft es ganz gut, in mancherlei Hinsicht.

Die Differenzierungen des recht allgemeinen Glücksbegriff, die du in deinem post vorgenommen has halte ich im Übrigen auch für ziemlich sinnvoll - letztlich wollte ich wohl auf so etwas ähnliches hinaus, dass Optimismus, Fröhlichkeit, dauerhafte gute Laune auf ihre hysterische, flache, substanzlose Art vielleicht weniger erstrebenswert erscheinen mag als andere Formen von Glück, die vielleicht nicht diese bedingungslose Lebensbejahung, Heierkeit, Fröhlichkeit beinhalten, dafür aber ein tieferes, substantielleres, sich echter anfühlendes Glücksgefühl, ein wahrhaftigeres, aufrichtigeres Ichgefühl usw. usf. beinhaltet. (Auch nur ein Beispiel.)

Im Übrigen lässt sich, denk ich, auch kritisch hinterfragen, wie sich Optimismus, Gutgläubigkeit usw. auf unsere Entscheidungen und unser Handeln auswirken - ist es nicht so, dass zu großer Optimismus mangelnde Kritikfähigkeit mit sich bringt? Dass Handlungen unüberlegt, Probleme übersehen werden? Dass Kontrollinstanzen wegfallen, weil es keine Zweifel gibt, die einer Entscheidung im Weg stehen würden? Dass, aufgrund der extrem positiven, vielleicht ins positive verzerrten Weltsicht, Entscheidungen weniger durchdacht sind, weniger auf rationalen Abwägungen, als auf Bauchgefühl und Lust und Laune beruhen? Klar, das ist überzeichnet und karrikiert, aber ich sprech ja auch von der Extremform, die m. E. durchaus auch negative Folgen mit sich bringt.

Umgekehrt sind zu große Zweifel auch nicht gut, klar. Pessimismus hämmt die Wagnis, den Mut, schränkt in der Entscheidungsfähigkeit ein, indem alles von Zweifeln zerfressen wird, man in ein Sinnlosigkeitsgefühl abrutscht... alle Handlungsoptionen scheinen negative Konsequenzen mit sich zu bringen, man lässt sich auf Gedanken garnicht erst ein, nimmt ggf. Möglichkeiten, die vorhanden sind, nicht als solche wahr. Letztlich wird man dadurch, wenn man, wie im Fall vom Optimismus oben, von der Extremform ausgeht entscheidungs-, handlungs und damit lebensunfähig.
In Maßen kann ein eher negatives Weltbild aber auch Vorteile mit sich bringen, wie auch der Optimismus eindeutig Vorteile hat. - Er ermöglicht eine kritische Distanz, Zweifel- und Kritikfähigkeit usw. usf.

Achja, was die Frage der Entscheidungsfreiheit betrifft: Auf die Frage, ob ich den freien Willen des Menschen bestreite möcht ich nicht direkt eingehen, das scheint mir doch etwas überzeichnet und themenfremd zu sein.
Was ich bestreite ist jedoch, dass Menschen unabhängig von Umwelteinflüssen, gesellschaftlicher Prägung usw. dazu befähigt sind, sich frei auszusuchen, wie sie denken und empfinden möchten. Und ich bestreite, dass ein Mensch sich aussuchen kann, was er für eine Persönlichkeit hat. Und dass Erlebnisse im Leben eines Menschen diesen nicht, ob er nun will oder nicht, beeinflussen und bestimmte Charakterzüge bestärken können. Man kann an sich arbeiten, sicher, aber nur im Rahmen der Möglichkeiten, die einem gegeben sind. Man ist nicht vollkommen frei in seiner Selbstgestaltung und Formung (eigentlich ist das ja eine Binsenweisheit) - und man kann sich nicht aussuchen, ob man zweifelt oder nicht, ob man etwas mag oder nicht, ob man optimistisch ist, oder Angst vor etwas hat usw. usf. - man kann eine Seite betonen, kann auf etwas hinarbeiten, kann Sorgen verdrängen usw., klar. Aber auch das, inwiefern wir an unserer Einstellung und unserer Persönlichkeit arbeiten (können) hängt davon ab, was wir für Einstellungen haben, wie unsere Persönlichkeit ist.

Von einer unbeschränkten Freiheit des Menschen auszugehen ist wohl fast schon naiv - ich denke auch nicht, dass das irgendjemand tut. Wo die Grenze liegt ist wohl eher die Frage. Dadurch, dass ich davon ausgehe, dass negative, pessimistische (, depressive) Einstellungen nicht zwangsläufig selbstverschuldet sind und dass es umgekehrt nicht unbedingt ein eigener Verdienst und das Ergebnis einer bewussten Entscheidung sein muss, wenn man optimistisch ist und eine positive Einstellung zu Zeugs hat, bestreite ich noch nicht zwangsläufig, dass der Mensch einen freien Willen hat. (Das ließe sich jedoch auch diskutieren, klar) - aber ich denke, dass man mit einberechnen muss, dass Menschen immer beeinflussen und beeinflusst werden, dass unser Denken ständig durch fremde Einflüsse geprägt wird und wir teilweise biologisch, gesellschaftlich, psychologisch determiniert und unfrei sind.

Ohman, es ist spät. Entschuldigt die Gedankenwirre.

Sind das "oberflächliche Glücksgefühl" und das "wahre Glück" nicht sehr ähnlich, fühlen die sich nicht gleich an oder bedingen einander? Mir ist gänzlich unklar, woran die zu unterscheiden sind. Außerdem wirkt das ein bisschen wie eine humanistische Rechtfertigung eines letzten bisschens Wahn, indem gesagt wird? ach nein, das trübt unsere Ratio nicht, das macht die Vernunft nur angenehmer.
(Es gab da tatsächlich mal diese Studie, in der eines der Ergebnisse (meiner Erinnerung nach) war, depressive Menschen würden Ereignisse "realistischer" beurteilen als andere. Wie die einzuordnen sein könnte weiß ich ganz und gar nicht und wo ich sie gefunden habe noch weniger? damn you, Internetsalat. Kennt die noch jemand?)

Zitat

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Sind das "oberflächliche Glücksgefühl" und das "wahre Glück" nicht sehr ähnlich, fühlen die sich nicht gleich an oder bedingen einander? Mir ist gänzlich unklar, woran die zu unterscheiden sind

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Hm, das ist wohl was, wo ich eh nur subjektiv drauf antworten kann, ich geb mir also keine Mühe, das hinter einer Scheinobjektivität zu maskieren.
"Wahres Glück" ist vermutlich ein etwas gefährlicher Begriff, das tut mir leid. Klingt direkt so nach Dogmen, pseudoreligiösem Gehabe. Wie gesagt, es war spät ^^ (Aber das ist wohl eher Formsache und folglich zu vernachlässigen.)

Mit dieser oberflächlichen Art von Glück meinte ich wohl Phasen, in denen man nicht so häufig irgendwelchen Gedanken nachhängt, in denen die Tage bedeutungslos dahinfließen, man von einer unbestimmten Fröhlichkeit erfüllt ist, die mit einer gewissen Leere einhergeht.
Oder Situationen in Gesellschaft, in denen ich mich in eine fast schon hysterische, exaltierte Form der Fröhlichkeit reinsteigere - und das dümmliche Grinsen, sobald ich wieder allein bin, in mein Gesicht gebrannt fühle und mich für den Kontrollverlust hasse, mich nicht mit diesem grade vergangenen Ich identifizieren kann, sondern mich fremd fühle.
Oder sinnloses Rumgealbere, Witzeleien o. Ä.
Wie auch immer, es ließen sich viele Beispiele bringen, die alle nochmal jeweils andere Schattierungen haben, aber immer ist diese Form von Glück ("Glück" trifft es nicht ganz - eher Kleos "happy") mit einer gewissen Selbstentfremdung und Leere verbunden.
Andererseits gibt s Zeiten, in denen es ein gedankenvolleres, leiseres, vielleicht zarteres Glück ist, nicht so vulgär, laut und aufdringlich, was sich viel eher mit Selbstbildzeugs vereinbaren lässt.

Ach, ich bin nciht gut im beschreiben... -.-
Tut mir leid, blubbl.

Wie auch immer - ich wollt garnicht sagen, dass es zwangsläufig zwei vollkommen unterschiedliche, unabhängige Phänomene sind oder so. Nur dass es sehr unterschiedliche Formen und Ausprägungen von Glück gibt, die mir auch unterschiedlich viel bedeuten.

(Dass Pessimismus kein Garant für ungetrübte Ratio ist, ist klar - Im Gegenteil kann Pessimismus in die eine Richtung genauso verfälschen wie optimismus in die andere. Und Depressionen können ein Maß annehmen, das rationale Entscheidungen und einen objektiven Blick auf die Wirklichkeit noch viel unmöglicher macht als es eh schon ist. (Steigerungen von "unmöglich". Yay.)