Gestern, Freistunde, in der Cafeteria. Ich hatte grade die Religionsklausur hinter mir, es ging um den historischen Jesus und um die Evangelien/ihre Entstehung. Habe mit einem Freund begonnen, darüber zu reden, wie die Evangelien zu verstehen sind etc. Er ist nicht religiös, ich auch nicht, aber was dann von ihm kam, hat mich doch etwas geschockt.
Er ist der Meinung, man sollte Religion verbieten, nicht nur das, man sollte den Menschen verbieten, zu glauben. Ich argumentierte dagegen, dass das wohl schwer möglich sei, und überhaupt ja wohl Blödsinn, warum sollte man, und jeder dürfe schließlich glauben, was er wolle. Nein, ich würde doch sehen, wie es im Moment in der Welt zusteht. Religion sei gefährlich, sie verderbe den Meschen. Beispiel aus dem Bekanntenkreis. Und Glaubenskriege. Aber sei da nicht eher die Kirche dran schuld, als die Religion? Nein, die Religion. Ihm fällt offensichtlich die Unterscheidung zwischen Kirche, Religion und Allgemein "Glauben" sehr schwer. Ich kann seinem Gedankengang nicht mehr so ganz folgen. Er wirft mir vor, die Bibel ja noch nichtmal gelesen zu haben. (Ich bin grad dabei.) Er habe das ja schon getan und das sei alles ein riesen Schwachsinn, Lügen, und Jesus sei überhaupt der größte Schwachmat.
Das habe ich bestritten, Jesus hat die Geschichten über sich schließlich nicht selber geschrieben, und dass das meiste davon nie passiert ist, ist heute auch klar. Aber ist das schlimm? Ich sage, die Evangelien seien schließlich kein historischer Tatsachenbericht, sondern eine Glaubensverkündung, die nichts anderes wolle, als Jesus mit den Augen des Glaubens zu sehen, nach der Auferstehung. (Jedenfalls ist das eine von vielen möglichen Interpretationen und mir momentan die liebste^^)
Da fällt ihm nichts mehr ein, außer, dass ich offensichtlich zu lange bei meiener Relilehrerin hatte und mich von ihr hätte einlullen lassen. Und überhaupt, Religion müsse verboten werden. So gehe es ja offensichtlich nicht, also müsse man etwas Neues ausprobieren. - Aber man kann den Menschen nicht verbieten zu glauben! Sowas kann man nicht verbieten! (Wir drehen uns im Kreis. Irgendwie.^^) - Doch, warum ich das nicht einsehen wolle, wenn es so nicht geht, müsse man es halt anders probieren. Warum nicht so.
Bei soviel Ignoranz fehlen nun mir die Worte. Die Rede kommt auf ein allgemeines Waffenverbot und die Rückkehr zu prügeln und Steinwaffen, mitlerweile mischt sich ein anderer ein, die halbe Cafeteria hört uns zu -.-

Worauf ich eigentlich hinaus will: Kann man Religion verbieten? Liegt es nicht in der Natur des Menschen, an etwas zu glauben? Jetzt nennt man es Religion, aber ist der Name nicht unerheblich? Wann wird es gefährlich? Wenn eine Institution wie die Kirche dazu kommt? Oder erst bei Glaubensfanatikern?
Wären die Auswirkungen bei dem bloßen Versuch eines solchen Verbots nicht katastophal?

Es ist Unsinn, den Glauben zu verbieten. Dann könnten wir ja direkt das eigenständige Denken bestrafen! Glaube und Taten sind nun mal zweierlei. Wenn einer in tausend seinem Glauben ein Verbrechen begeht, kann man doch nicht die neunhundertneunundneunzig anderen den Glauben verbieten, nur in der Annahme, sie seien genauso verrückt wie der eine.

Verbote sind im Allgemeinen eine Einschränkung der Freiheit - und Religion bzw Glaube ist nun mal nicht das allerschlimmste davon, auch die Religion hat ihre guten Seiten. Die Kirche hat ihre Missionen, wo Kinder in armen Ländern geholfen wird, der Glaube weltweit hilft vielen, wenn sie nicht mehr weiterwissen, gibt den Menschen auch eine Umgebung, wo sie sich unter Gleichgesinnte befinden. (Ich denke gerade darüber nach, was denn der Buddhismus oder andere Naturreligionen so falsch machen, dass man sie verbieten sollte. Ehrlich gesagt, der Gedanke ist absurd.)

Und mal ehrlich, auch wenn Jesus Geschichte warscheinlich nicht einmal zur Hälfte stimmt - man kann nicht leignen, dass er ein guter Mensch war und die Menschen geliebt hat. Was ist an dem Gebot "Du sollst andere lieben, so wie ich euch geliebt habe" denn falsch? Es ist nur eine andere Formulierung der Goldenen Regel "Behandelt andere, wie ihr selbst behandelt werden wollt".

Wenn der Glaube mit seinen "menschenverderbenden" Verboten und Regeln verbieten würde, was wäre dann schlimmer - der Verbot oder der Verbot des Verbotes?

TL;DR: Wenn man den Menschen verbietet zu glauben, kann man gleich aufhören zu denken und sich begraben lassen. Glaube ist nur eine abstrakte Art von Denken.

Wer sollte denn eigentlich laut deinem Freund dann die Religionen verbieten? Wie mächtig muss so eine Organisation sein? Und würde dann nicht alldas, was 7 Milliarden Menschen jetzt von Religionen erwarten, dann auf diese Organisation projeziert werden? Dann hätten wir doch wieder dasselbe... Mal abgesehen davon, dass wohl 6,9 Milliarden Menschen nicht damit einverstanden wären, wenn irgendwer daher kommt und ihre Religion verbietet. Dann käme es doch erst recht zu Religionskriegen?

Für mich ist die Bibel auch nichts weiter als der erste Historienroman. Klar, dass da vermutlich vieles erfunden ist. Hat sich eben jemand ein tolles Epos ausgedacht. Ein bisschen Action, ein bisschen Belehrung - kam gut an, so Unterhaltug kannten die damals wahrscheinlich noch nicht, und fiktives schon gar nicht. Ob es Jesus wirklich gab und in welcher Form (Naturheiler, Mentalist, Autosuggestion, Rebell und Sektengründer, Geschichtenerzähler, etc) ist dahingestellt. Aber die meisten Geschichten sind vermutlich einfach jahrhunderte alte, mündlich überlieferte Traditionen über Herkunft und Wunder, die man sich gerne erzählte, und die bei jeder Erzählung toller wurden (eben so, wie wenn wir erzählen, was uns passiert ist ) und irgendwann schriebs dann einer auf...

Zitat

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Wer sollte denn eigentlich laut deinem Freund dann die Religionen verbieten?

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Das hab ich mich allerdings auch gefragt^^ Aber sowas umschifft er sehr geschickt: Müsste man halt machen -.- Aber ich bin völlig eurer Meinung, Glauben lässt sich einfach nicht verbieten. Wo kämen wir denn dahin? Eine Welt ohne Glauben ist eine Welt ohne Denken, ohne Hoffnung und ohne Moral. Das wäre grausam, nichts, was ich jemals erleben möchte. An irgendwas glaubt schließlich jeder. Und sei es ein Nudelmonster.

ShangriLa: Ich denke schon, dass bewiesen ist, dass Jesus existiert hat Und einen Historienroman oder gar ein fiktives Werk würde ich die Bibel nicht grade nennen ... das was du zu letzt sagst, trifft glaub ich schon eher zu, nämlich dass die Geschichten, bevor sie aufgeschrieben wurden, schon einen langen Weg hinter sich hatten und dem entsprechend je nach Erzähler "aufgehübscht" wurden^^ Aber einen Kern Wahrheit wirds da schon geben, man muss ihn nur finden xD

Ich glaube nicht, dass es theoretisch überhaupt möglich ist, den glauben zu verbieten. Die katholische Kirche war und ist eine sehr einflussreiche Institution, die jedoch noch nicht mal die Hälfte der Menscheit zum glauben bringen kann. Wie soll es dann eine Institution geben, die es allen verbietet?

Alle wissenschaftlichen Thesen und annahmen, an die dein Freund dann glauben muss (irgendeine Meinung und Erklärung für die Entstehung der welt und ähnliche Dinge hat schließlich jeder), sind letztenendes auch nur Glaube. Man kann nicht beweisen, was zu Leben oder dem Urknall geführt hat. Man kann lediglich vermuten, was geschehen sein könnte. Dies tut sowohl der Glaube als auch die Wissenschaft, denn schlieslich glaubten auch Wissenschaftler, dass die erde eine Scheibe ist, bis jemand das Gegenteil herausfand.
Und wer weiß was in 100 Jahren ist. Vielleicht hat man dann die Existens eines wie auch immer gearteten Höheren Wesens bewiesen und nimmt es als selbstverständlich an, wie wir heute wissen, dass wir nicht vom Rand der Erde fallen werden (Ende der Zukunftsmusik, zurück zur Realität)

Eigendlich eine gute Diskussion... oder besser zwei. . Sollte man Glauben generell verbieten, 2. Welche Art von Glauben, da man selbst in den Naturwissenschaften Glauben finden kann.. geht es nur um den Glauben an eine Gottheit? 3. Die Umsetzung....

1. Glauben verbieten (mal unter der Annahme, dass das Problemlos zu bewerkstlligen ist), also eigendlich das Entfernen des Glaubens aus der Welt, ohne eine Erinnerung daran - bringt den Vorteil, dass alle im Namen der Religion ausgeführten Verbrechen eine neue Begründung brauchen, was in einigen Situationen vermutlich zu Verbesserungen der Aktuellen Weltsituation führen könnte.

Andererseits verlieren unzählige Menschen die Grundlage auf der ihr Leben aufgebaut ist, verlieren etwas, das ihnen Halt und Hoffnung gibt. Unabhängig davon, ob der Glaube reale Basis hat, würden wir mit ihm neben der Ursache für einiges Leid den Grund für wahnsinnig viel Glück verlieren, was es meiner Meinung nach nicht wert ist.

2. Glaube ansich zu verbieten ist Unsinn, da dadurch tatsächlich unser gesamtes Denken blockiert wird. Alles, was ich nicht mit Sicherheit weiß, glaube ich... ich könnte also ohne Glauben keine Denkansätze mehr starten, was fatal wäre. Man muss sich also auf das religiöse beschränken... und auch da eigendlich nur auf die Religionen, bei denen eine Interpretation mit Gewalt möglich ist. Buddhisten sind glaube ich recht harmlos...

3. Die Umsetzung wird ein Traum bleiben... einfach nicht realisierbar. Punkt.