So etwas entsteht, wenn man sich in zwei Freistunden zu Tode langweilt und anfängt, sich über Liberalismus Gedanken zu machen.
Die Gefahr liberaler Parteien
Schon in der Weimarer Republik fasste die Deutsche Demokratische Partei den Liberalismus als einen politischen Angriffspunkt auf ? sie war nationalliberal.
Allerdings soll es hier nicht um die DDP, sondern um den Liberalismus - und seine Gefahren ? gehen.
Was ist also der Liberalismus? Welche Ansichten verfolgt er?
Im Großen und Ganzen ist der Liberalismus eine Ideologie, die die Freiheit des Menschen gegenüber dem Staate sichern will.
Der DDP der Weimarer Republik ging und der FDP heute geht es aber nicht unbedingt in erster Linie um Presse-, Meinungs- oder Religionsfreiheit (was aber logischerweise nicht abgelehnt wird), sondern um eine wirtschaftliche Freiheit.
Genau diese Freiheit ist meiner Meinung nach eines der Größten Gefahren unserer Zeit ? und wäre in der Zeit der Weimarer Republik garantiert nicht viel weniger schlimm ausgegangen als das Naziregime.
Eine wirtschaftliche Freiheit bedeutet, dass sich der Staat aus den Geschäften bzw. dem Leben der Menschen raushält, sie machen lässt, was sie wollen und nur in Notsituationen eingreift, bzw. eine große Richtung vorgibt.
Dieses System kann nur unter einer einzigen Bedingung funktionieren: Wenn die Menschen in Solidarität zueinander bzw. in einem solidarischen System leben.
Zur Zeit der Weimarer Republik kann davon keines Falles die Rede gewesen sein: Der Krieg saß den Menschen noch in den Knochen, er war noch nicht verdaut. Man hat sich bekämpft, bekriegt, umgebracht. Die Gesellschaft war gespalten, man war völlig ratlos über den Fortgang der Geschichte. ?So, jetzt haben wir den Krieg hinter uns und wie geht es jetzt weiter??
In dieser Situation hätte kein liberales System funktioniert. Unter solchen Umständen hätte man die Menschen nicht aufeinander loslassen können, das hätte nur in einer weiteren Katastrophe geendet, da die Menschen eine Hand brauchten, die sie leitet, die ihnen hilft und ihnen eine Richtung vorgibt ? dies tut der Liberalismus aber nicht.
Noch heute vertritt die FDP eine liberale Auffassung, welche (zum Glück) mittlerweile von vielen Menschen missachtet wird, denn: Liberalismus ist Lobbypolitik.
Kein einziger FDP-Wähler darf sich über zu hohe Benzin-, Strom- und/oder Gaspreise beschweren, denn schließlich wählt er diejenigen, die den netten Herren von den Benzin-, Strom und/oder Gaskonzernen erlauben, die Gesellschaft abzuzocken und sie nach ihrer Nase tanzen zu lassen. Ein Liter Benzin für 1,60?? Selbst Schuld, Leute. Der Staat kann die Konzernbesitzer noch so nett fragen, ob sie die Preise nicht bitte bitte wenigstens ein bisschen senken könnten ? es ist ihnen egal, da sie die Macht über den Markt haben und der Staat so gut wie keinen Einfluss darauf nimmt.
Die Menschen sind meiner Meinung nach zwar nicht von Grund auf böse, jedoch sind sie auch nicht so ?gut?, wie sie vielleicht dargestellt werden. Es ist schade, dass es uns Menschen nicht gelingt, eine Gesellschaft aufzubauen, in der niemand benachteiligt ist, in der jeder Mensch seine ganz eigene Verantwortung und Macht trägt und nicht von oben hinab regiert wird. Es ist schade, dass es uns nicht gelingt in Solidarität zueinander zu leben und einen gelungenen Liberalismus funktionieren zu lassen, denn eigentlich ist dies eine politische Philosophie, die nicht abzulehnen ist.
Zusammengefasst: Die Macht und den Einfluss des Staates auf die Menschen zu beschränken/begrenzen ist gut ? allerdings funktioniert es in unserem Gesellschaftssystem, das voll und ganz auf Konkurrenz und Wettbewerb ausgerichtet ist nicht und stellt eine enorme Gefahr dar.
'Cause finally the tables are starting to turn talking 'bout a REVOLUTION
Um eventuelle Verwirrungen zu vermeiden: Ich bin Mickey, nur mit einem anderen Namen wiedergekehrt.
Das soll nicht klingen, als würde ich den Tod der FDP bedauern oder so - die Partei ist mir zutiefst unsympathisch, das vorweg, aber zu einem Punkt möcht ich nun doch noch kurz was sagen.
ZitatNoch heute vertritt die FDP eine liberale Auffassung, welche (zum Glück) mittlerweile von vielen Menschen missachtet wird, denn: Liberalismus ist Lobbypolitik.
Wenn auch das Unterlassen jeder staatlichen Einflussnahme auf die Wirtschaft Lobbypolitik ist, was ist denn dann keine Lobbypolitik? Dass die FDP nur noch Vetternwirtschaft betreibt ist klar - aber die FDP mit Liberalismus gleichzusetzen halt ich für falsch. Davon haben die sich doch teilweise schon recht stark entfernt. Natürlich nutzt es manch einer Lobby, wenn der Staat überhaupt nicht eingreift - aber das wäre auch im umgekehrten Falle so. Und was die liberale Auffassung betrifft, die von vielen Menschen missachtet wird - ist es wirklich das Prinzip des Liberalismus, dass im Moment von den Wählern abgestraft wird, oder ist es einfach die Tatsache, dass die FDP eine Ansammlung von unfähigen Pseudo-Politikern ist? Die Parteien nähern sich doch immer weiter an, liberale Positionen sind längst schon auch in den anderen Parteien vertreten und die FDP hat sich zu einer Reichen-Partei entwickelt, zu einer Steuer-Senkungs-Partei, einem Haufen Nepotisten. Und liegt der Denkfehler des Liberalismus bzw. des Kapitalismus nicht darin, dass angenommen wird, ein freier Markt könne zum einen auf Dauer frei bleiben, ohne dass sich Macht zentralisiert in Form von übermächtigen Konzernen, ohne dass genau diese Freiheit sich durch Monopolstellung bestimmter Betriebe auf Dauer von selbst einschränkt und zum anderen die Freiheit des einzelnen Menschen ermöglichen, ohne dass Abhängigkeiten, Machtstrukturen, Unterdrückung und Ausbeutung entstehen? Die "Freiheit" des Kapitalismus hat einfach mit Freiheit recht wenig zu tun, da sich unbezwingbare Machtgefüge bilden, wenn auch nicht von Seiten des Staates... (Kann Freiheit ohne Gleichheit funktionieren und umgekehrt Gleichheit ohne Freiheit?)
Gleichheit ohne Freiheit kann mE eher funktioniern als Freiheit ohne Gleichheit. In der krassen ausprägung fällt mir zwar im Moment kein Beispiel ein, aber in der DDR gab es auch sehr viel mehr Gleichheit als heute ( was man aber eher wo anders diskutiern sollte), aber wesentlich weniger Freiheiten. ich weiß, dass das ein umstrittenes Beispiel sein dürfte, mir fällt spontan aber nichts besseres ein
Was den Liberalismus angeht, sollte man das "richtíge" maß finden. Wenn man nicht eingreift, gehts schief. Die netten Worte Wucher, Monopol und Preisabsprachen dürftet ihr ja kennen. Wenn der Staat aber zuviel eingreift, gibts eine Planwirtschaft, die Folgen dürften auch bekannt sein. Wesentlich wichtiger finde ich, das die gebiete, in denen der staat liberal ist, nicht von der Wirtschaft diktiert werden sondern vom gesunden Menschenverstand und möglichst neutralem Fachwissen. ich will aber ehrlich gesagt nicht wissen, wie viele Politiker bei Konzernen auf der Lohnliste stehen. auf diese art kann man sich seine Freiheiten nämlich erkaufen, wobei ich wieder ebi dem Wort Lobbypolitik bin.
ZitatGleichheit ohne Freiheit kann mE eher funktioniern als Freiheit ohne Gleichheit. In der krassen ausprägung fällt mir zwar im Moment kein Beispiel ein, aber in der DDR gab es auch sehr viel mehr Gleichheit als heute ( was man aber eher wo anders diskutiern sollte), aber wesentlich weniger Freiheiten. ich weiß, dass das ein umstrittenes Beispiel sein dürfte, mir fällt spontan aber nichts besseres ein
Wenn ich unfrei bin, und wir nicht von einer Einschränkung durch physikalische, biologische Aspekte usw. ausgehen, sondern von politischer Unfreiheit (worum es ja an dieser Stelle geht) folgt daraus, dass manche Menschen unfrei sind, dass es jemand die Macht hat, die Freiheit anderer Einzuschränken, oder? Und das wiederum ist doch Ungleichheit, oder? Das impliziert ja das Vorhandensein irgendeiner Art von Hierarchie - es impliziert, dass irgendjemand Macht über andere hat, oder? "Gleichheit" meint ja nicht nur wirtschaftliche Gleichheit - das ist wohl zumindest in der Theorie denkbar, klar, aber einen Zustand, in dem Menschen einerseits politisch unfrei sind, andererseits aber gleich (auch was politischen einfluss und macht betrifft) sind kann ich mir grad nicht recht vorstellen. (Was auch an der beschränktheit meines Vorstellungsvermögens liegen kann ^^) Und ich denk nicht, dass man sagen kann, dass die Menschen in der DDR viel gleicher waren als heute... Ob der Honecker nicht doch ein wenig gleicher war als der Rest? (Und im Kommunismus ist doch genau diese Ungleichheit und Unfreiheit im Grunde schon veranlagt - zumindest im Weg hin zum Kommunismus. Auch wenn der Staat sich dann letzten Endes erübrigt und nicht mehr nötig ist, auf dem Weg zum Kommunismus, über den Sozialismus (und das Diktatur-des-Proletariats-Zeug), ist ein starker, nicht demokratischer Staat vorgesehen (wenn auch theoretisch durch die Allgemeinheit legitimiert, ja.), der auch (dadurch, dass es angeblich zum Gemeinwohl beiträgt)legitimiert) gewaltsam auf dieses Ziel hinwirken kann - Ist ein wenig so, als wolle man Morde durch Morden verhindern wollen, oder? Ob man Gleichheit, Freiheit, Gewaltlosigkeit nicht nur durch Freiheit, Gleichheit und Gewaltlosigkeit erreichen kann? Ist ja zumindest in der Vorstellung von Marx nicht so, eher im Gegenteil. Da ist mir (pazifistischer) kommunistischer Anarchismus so viel lieber... naja, aber darum gehts in dem Thread hier ja garnicht, sorry, ich schweife ab.)
Mal angenommen, du hast 10 Menschen. Wenn 9 davon auf einer Stufe stehen und einer meilenweit über ihnen, sind diese Menschen gleicher als 10, die jeweils eine eigene Stufe haben, die zwar nicht soo weit voneinander entfernt sind, aber vom ersten zum 5 und zum 10 gehts dann doch ganz schön auseinander. Soweit zu meiner persönlichen Definition von Gleichheit & gleich sein
Okay, wenn man nicht von absoluter Gleichheit spricht, sondern nur die breite Masse betrachtet, ist das zumindest theoretisch vorstellbar, ja. Aber dafür müsste man dann eben bestimmte Menschengruppen ausklammern - in einer Diktatur wäre dann Gleichheit möglich, allerdings nur, wenn man sich den Großteil der Bevölkerung anschaut und die Machthaber außenvor lässt. Und in der Realität ist es ja nunmal so, dass ein Diktator nicht alleine seine Macht ausübt, sondern dass er einen gewaltigen Machtapparat unter sich braucht, um seinen Willen durchzusetzen, dass er eine hierarchische Machtstruktur mit sich an der Spitze erschaffen hat, was dem Gleichheitsgedanken wiederum gegenüber steht. Aber klar, mit dem Stufenbeispiel funktioniert es wohl, zumindest in der Theorie, sofern man extremes Abweichen Einzelner von der Masse nicht als Widerspruch zum Gleichheitsgedanken betrachtet, was ich wohl tun würde.
ZitatGleichheit ohne Freiheit kann mE eher funktioniern als Freiheit ohne Gleichheit.
In der Theorie könnte es eine Gemeinschaft geben, in der alle an strenge Regeln gebunden sind und sich gegenseitig kontrollieren. Es gäbe dort keinen Alleinherrscher, der "nicht gleich" ist, sondern immer nur die Gemeinschaft, die neue Gesetze macht oder Gericht hält. Natürlich könnte eine solche Gemeinschaft nicht besonders groß sein, da man sonst wieder Abgeordnete braucht, die (auch wenn sie gewählt sind und häufig wechseln) für einen gewissen Zeitraum "nicht gleich" sind. Diese Theorie der Gleichheit ist auch immer wieder Gegenstand von (soft) Science fiction. Spontan würde mir das Jugendbuch "Hüter der Erinnerung" einfallen. Und ist diese Art von Gleichheit nicht auch Ziel des Kommunismus?
In der Praxis gibt es aber auch in diesem System keine Gleichheit. Sobald jemand gegen das System und seine Regeln ist, ist er anders. Er wird auch von der Gemeinschaft anders behandelt, z.B. bestraft, da er das System gefährdet.
Insgesamt finde ich auch, dass Gleichheit ohne Freiheit eher funktionieren kann, aber auch nicht vollkommen. Aber kann es vollkommene Freiheit oder Gleichheit überhaupt geben?
ZitatUnd ist diese Art von Gleichheit nicht auch Ziel des Kommunismus?
Nun, zumindest nicht direkt, oder? Der Kommunismus (Ich sprech jetzt mal nur über den Marxismus, klar, es gibt noch andere Strömungen) ist nur über den Sozialismus und die Diktatur des Proletariats zu erreichen, ein mächtiger Staat ist gefordert, weil das Privateigentum an Produktionsmitteln (Nicht das Privateigentum an sich) an ihn übergeben wird. Und Marx und Engels heißen einen gewaltsamen Umsturz ja prinzipiell gut, wenn, wie sie erwarten, eine friedliche Revolution nicht möglich ist - Und Gewalt ist wohl mit Gleichheit nicht zu vereinbaren, oder? Okay, weil Marx zufolge der Staat sich irgendwann, wenn sämtliche Klassenunterschiede aufgehoben sind, ja selbst erübrigt, geb ich dir in gewisser Hinsicht wohl doch Recht. Eine Grundsätzliche Ablehnung des Staates gibt es aber nicht. Und Macht (die das Proletariat ja ergreifen soll) ist mit Gleichheit doch auch kaum zu vereinen, oder? Außerdem geht es auch nicht unbedingt um jede Form von Eigentum - was ja auch Ungleichheit ermöglicht. Und Gleichheit - nun eine Gleichheit von Mann und Frau ist auch erst in neueren Formen des Kommunismus gefordert... Und die Freiheit ist wohl aus mehreren Gründen nicht gegeben - sei es, weil der Mensch kaum als freies und unabhängiges Individuum aufgefasst wird, wegen der Steuerung des Einzelnen durch das Kollektiv, sei es, weil alles von der materiellen Grundlage abhängig gemacht wird, sei es wegen des von Marx propagierten zwangsläufigen Verlauf der Geschichte, der ja an Determinismus grenzt (Okay, da könnte man jetzt mit Kompatibilismus kommen - der letzte Nebensatz ist zumindest nicht klar.) u. dgl. m. - Höchstens im Endstadium könnte ein ähnlicher Zustand wohl erreicht werden, denk ich. Aber dann ist es eben auch keine Gleichheit ohne Freiheit mehr - der Weg zum Kommunismus beinhaltet sowohl Ungleichheit und das Fehlen von Freiheit und der Theorie nach würde dann im Kommunismus sowohl Gleichheit als auch Freiheit bestehen... Ich bleib wohl bei der Aussage, dass Freiheit und Gleichheit nur zusammen funktionieren können - denn in der von dir genannten Möglichkeit von Gleichheit ohne Freiheit würde man sich doch freiwillig in diese Gesellschaftsform einfügen, oder?
Wenn gleichheit und Freiheit wirklich zu erreichen sind, dann in einem kommunistischen Anarchismus, denk ich, aber das ist wohl ein anderes Thema.
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03.05.2011 17:46
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