Wenn dereinst die Zeit für den Abschied gekommen Das Alter mir Herz und auch Seele zerfrisst Dann werd' ich sie sehn in der Sonne so hold Weiße Pferde werden glänzen wie Gold
Wenn Schmerz und Gebrechen die Hoffnung genommen Und fast schon die Ölung vollzogen ist Auch wenn aus den Wangen schon Farbe wich Weiße Pferde werden warten auf mich
Wenn Liebe und Wärme das Leiden ersetzen Und endlich allein ich im Lichte bin Und wenn überquert ist der bröcklige Steg Weiße Pferde werden zeigen den Weg
Wenn Worte und Taten mich nicht mehr verletzen Dann hab ich gefunden den einzigen Sinn Und wenn die Sirenen mich rufen hinaus Auf weißen Pferden werd' ich reiten nach Haus
Die Inspiration hierfür gab mir der großartige Georg Danzer mit seinem Lied "Weiße Pferde." Ich hoffe, es gefällt
You exist because we allow it, and you will end because we demand it. - Sovereign
Ich habe deine bisherigen Gedichte (und auch Texte) sehr gemocht, weil sie einen sehr romantischen Einschlag hatten, nicht verkitscht, aber dennoch Sehnsucht ausdrückend, manchmal etwas düster... Das kommt wohl nicht von ungefähr, bedenkt man deinen selbstgewählten Kulturkonsum x)
Und bis auf eine Kleinigkeit (in der letzten Strophe zweimal "hinaus", woran sich mein Sprachgefühl irgendwie stört) hast du auch diesmal wieder eine schöne Sprachmelodie mit, wie ich denke, fehlerfreiem Versmaß, reichem Wortschatz und überzeugenden Reimen gefunden. (Allerdings ist meine Weisheit da auch nicht überragend, sollte ich etwas nicht bemerkt haben - dann freue dich der Naivität deines ungebildeten Publikums^^)
Aber ach, der Inhalt, der Inhalt...! Du hast dich in diesem Fall in Sachen Todesmetaphern selbst übertroffen, und das in einem Maße, dass es mir nicht mehr recht gefallen will. Nicht nur, dass dieses Thema schon so oft im Laufe der Geschichte verklärt, verharmlost und überromantisiert wurde, du rückst auch allein durch deine Farbbilder alles in ein beinah lächerliches Licht. Ein wenig erinnert es mich an eine individuell-pantheistische (?) Weltanschauung, der ich wohl auch einfach nicht zustimmen kann.
Man kann in Würde leben, aber man kann nicht in Würde sterben finde ich einen ziemlich wahren Satz, weshalb ich vielleicht so gern gegen die verklärten, realitätsfernen (obgleich ich weiß, dass Realitätsnähe nicht deine oberste Priorität war) Todesvorstellungen von Leuten wettere, die (nun wird es endgültig überheblich) noch nie in einem Krankenhaus gearbeitet haben.
Der Tod ist hart und hässlich, danach erwartet einen höchstwahrscheinlich nichts. Man möge lernen, damit zurechtzukommen.
"Sind denn Ideale zum Erreichen da? Leben wir denn, wir Menschen, um den Tod abzuschaffen? Nein, wir leben, um ihn zu fürchten und dann wieder zu lieben, und gerade seinetwegen glüht das bißchen Leben manchmal eine Stunde lang so schön."
Da hast du natürlich recht, Kleo, und gerade in religiöser (bzw. eben nicht-religiöser) Haltung stimme ich dir vollkommen zu! Und es ist gut möglich, dass das ganze ein wenig kitschig geraten ist. Ich halte es jetzt auch nicht für mein Meisterwerk
You exist because we allow it, and you will end because we demand it. - Sovereign
Du weißt, dass ich deinen Schreibstil an sich sehr schätze, und auch gegen die Anwandlungen von Kitsch habe ich nichts einzuwenden, das gehört wohl einfach zu deinen Gedichten dazu.
Und gerade frage ich mich, ob meine Kritk nicht wirklich sehr drastisch ausgefallen ist... Aber mal im anderen Sinne: Gäbe es eine Möglichkeit, dieselbe Art von Stimmung auf etwas zu transferieren, was nicht so extrem todesfixiert ist sondern vielleicht, im Gegenteil, andere Aspekte des Lebens behandelt? Gerade ein solches Unterfangen würde es doch seltener machen als die alltägliche, beinah abgedroschene Verklärung des Sterbens.
"Sind denn Ideale zum Erreichen da? Leben wir denn, wir Menschen, um den Tod abzuschaffen? Nein, wir leben, um ihn zu fürchten und dann wieder zu lieben, und gerade seinetwegen glüht das bißchen Leben manchmal eine Stunde lang so schön."
Den ersten Text liebe ich sowas von. Vor allem den ersten Satz. Und das mit dem Zimt. Und das mit dem gelben Himmel. Hach, die Stimmung hast du einfach perfekt rübergebracht. Ich hab sowieso eine Schwäche für Geschichten, die auf Hügeln stattfinden, keine Ahnung, wieso, aber ich selber benutze diese 'Location' auch sehr oft
Zitat von WishmasterWeiße Pferde
Wenn dereinst die Zeit für den Abschied gekommen Das Alter mir Herz und auch Seele zerfrisst Dann werd' ich sie sehn in der Sonne so hold Weiße Pferde werden glänzen wie Gold
Wenn Schmerz und Gebrechen die Hoffnung genommen Und fast schon die Ölung vollzogen ist Auch wenn aus den Wangen schon Farbe wich Weiße Pferde werden warten auf mich
Wenn Liebe und Wärme das Leiden ersetzen Und endlich allein ich im Lichte bin Und wenn überquert ist der bröcklige Steg Weiße Pferde werden zeigen den Weg
Wenn Worte und Taten mich nicht mehr verletzen Dann hab ich gefunden den einzigen Sinn Und wenn die Sirenen mich rufen hinaus Auf weißen Pferden werd' ich reiten hinaus
Die Inspiration hierfür gab mir der großartige Georg Danzer mit seinem Lied "Weiße Pferde." Ich hoffe, es gefällt
Das ist mein absolutes Lieblingsstück von dir. Ich mag es so unglaublich. Ich wünschte, ich könnte reimen, aber eben, wie ich gerade vorhin in einer anderen Kritik geschrieben habe: Das enge Korsett der Reime liegt mir nicht.
Du klingst wie einer dieser alten Dichter, die Sprache so schön gestochen und doch klar, die Symbolik gefällt mir extrem - hach, ich liebe es einfach.
Huch, da habe ich glatt deinen Beitrag übersehen! Vielen Dank für das Lob! Das zweite "hinaus" bei den "Weißen Pferden" ist übrigens ein Fehler, das sollte eigentlich "nach Haus" heißen. Ich editier das jetzt mal nicht, ich wollte es nur gesagt haben
Staub
Wir alle sind aus Staub gemacht. Nichts als weiches Fleisch und viel zu schwache Knochen. Schnell zerfetzt durch spitzen Zahn Und messerscharfe Krallen; Wir alle sind aus Staub gemacht, zu Staub sollen wir zerfallen.
Wir alle sind aus Lehm gemacht. Nichts als kalter Stein und bröckelige Felsen. Ausgehöhlt durch bitt'ren Sturm, von Moos langsam erklommen; Wir alle sind aus Lehm gemacht, zu Lehm sollen wir verkommen.
Wir alle sind aus Sand gemacht. Nichts als schimmernd' Glanz im unendlichen Ozean. Erodiert durch Salz und Flut, konnt' nie vom Meer genesen; Wir alle sind aus Sand gemacht, zu Sand sollen wir verwesen.
You exist because we allow it, and you will end because we demand it. - Sovereign
Irgendwann schließen wir unsere Augen Träumen uns fort übers endlose Meer Hissen die Segel gen bessere Welt Vergessen das Leid und die Sorgen so schwer
Und haben wir die See lang genug befahren Kommt schon in Sicht das erlösende Land Glitzert im Licht jene goldene Küste Rollen die Wellen an den leuchtenden Strand
Dann sind wir auch endlich wahrhaftig zuhause Dort unter dem wärmenden Sonnenschein Entsinnen uns lächelnd des irdischen Treibens
- Ach, könnt' man sich dessen nur sicher sein!
Zugegebenermaßen, meine Motivik beginnt, sich zu wiederholen. Da muss ich mir mal neue Inspirationen holen.
You exist because we allow it, and you will end because we demand it. - Sovereign
Hey, mit diesem grundsätzlichen Talent für Lyrik (manchmal habe ich das neidvolle Gefühl, sie purzele einfach aus dir heraus oder so^^), wärst du du wunderbar für den Collab-Wettbewerb geeignet! Und ja, ich weiß, ich selbst wollte die Auslosung, aber an sich wäre es bestimmt schön, mit dir zusammenzuarbeiten Magst du nicht vielleicht mitmachen, wenn du nicht gerade furchtbar im Stress bist oder so?
"Sind denn Ideale zum Erreichen da? Leben wir denn, wir Menschen, um den Tod abzuschaffen? Nein, wir leben, um ihn zu fürchten und dann wieder zu lieben, und gerade seinetwegen glüht das bißchen Leben manchmal eine Stunde lang so schön."
Ich habe mich mal an etwas anderem versucht: eine etwas längere, (hoffentlich) einigermaßen humorvolle Geschichte. Über den Tod. Aber anders, als von mir gewohnt. Vielleicht gut, vielleicht nicht so.
Der Tod und ich
Ich muss wohl doch schon betrunkener sein, als ich dachte, denn als ich eben nach links zum Barhocker neben meinem geschaut habe, saß da ganz eindeutig der Tod. Ich riskiere einen zweiten Blick. Kein Zweifel. Er ist es. Die Sense lehnt lässig am Tresen. "Sieh an", sage ich. "Der Tod." Der blanke Schädel unter der schwarzen Kapuze nickt. Ich höre etwas, das frappierend wie aufeinander reibende Knochen klingt. "Stimmt", sagt er. "Was führt dich denn hier her?", frage ich. "Was denkst du denn?", fragt er zurück. Etwas passiv-aggressiv, aber ich will es ihm mal durchgehen lassen. Vielleicht hatte er eine stressige Woche hinter sich. "Ich hoffe doch sehr, du wirst mich heute nicht gleich mitnehmen?", antworte ich. Tod nickt. "Ich fürchte schon", entgegnet er. "Ach", sage ich. "Tja", antwortet Tod. "Ja, nun", setze ich an. "Das ist ja eine Überraschung. Liegt's am Alkohol?" "Nein, nein. Sturz und Genickbruch, ganz unglücklich", erklärt Tod. "Ach", sage ich erleichtert. "Dann geht es wenigstens schnell." "Ziemlich", bestätigt er. "Dann ist ja gut", meine ich. "Schön, dass du das so sehen kannst", entgegnet Tod. "Hm", antworte ich. Er trommelt mit seinen skelettierten Fingern auf der Theke und wendet sich wieder mir zu. "Wir müssten dann auch langsam mal", sagt er und tippt mit dem Zeigefinger an sein Handgelenk. "Wenn du das sagst", entgegne ich. "Möchtest du vielleicht noch ein Gläschen mit mir trinken?" Tod schüttelt den Kopf. "Das vertrage ich in letzter Zeit nicht mehr so gut", meint er. "Ach", sage ich betrübt. "Tja", antwortet er und hätte an dieser Stelle bestimmt mit den Schultern gezuckt, hätte er denn welche besessen. "Aber ich kann doch sicher noch mal kurz an die frische Luft gehen, oder? Ein letztes Mal in die Sterne schauen?", frage ich und bin selbst ganz erstaunt über meine Sentimentalität. "Natürlich, natürlich. Aber lauf nicht weg", fügt er hinzu, ein ganz klein wenig Spott in der Stimme. "Na dann", sage ich und stehe auf. Ich gehe nach draußen und blicke nach oben. Wolkenbedeckter Himmel. Tja, denke ich. Kann man nix machen. Solche Tage gibt's. Ich drehe mich wieder um und betrete die Bar. Eine Kellnerin kommt mir mit einem Tablett Getränke entgegen, unwissend, dass sie in wenigen Augenblicken gegen den ausgestreckten Stiel der Sense laufen wird, die Tod geschickt in Knöchelhöhe platziert hat. Sie stolpert. Die Getränke fallen auf den Boden. Ich rutsche aus und falle mit dem Nacken gegen eine Tischkante. Das letzte, das ich sehe, ist, wie Tod sich über mich beugt. Dann stehe ich plötzlich neben meinem eben verschiedenen Körper. Tod schultert seine Sense. "Grins nicht so blöd", sage ich. "Ich kann nicht anders", erwidert er. Ich sehe noch einmal meinen Leichnam an. "Und jetzt?", frage ich. "Jetzt wird es Zeit für uns zu gehen", antwortet er. Seine knöcherne Hand umfasst meine, und ich finde mich gemeinsam mit ihm in völliger Schwärze wieder. "Du hast jetzt zwei Möglichkeiten", erläutert Tod. "Entweder du beendest deine Existenz jetzt und hier endgültig, oder du bist für immer hier in dieser Leere gefangen. Überleg's dir, aber nicht zu lange." Ich überlege, aber nicht zu lange. "Wenn ich jetzt... meine Existenz beende... was passiert dann?", frage ich. "Dann findest du dich in einem saftig grünen Feld an einem kleinen Bächlein wieder, wo auf immer Frühling ist und Kitzlein durch die Gräser frohlocken", sagt er. "Wirklich?", rufe ich erfreut. "Nö", sagt Tod. "Ach", entgegne ich enttäuscht. "Auch nicht tragisch. Ich bin eh allergisch." "Tut mir leid", meint Tod mitfühlend. "Schon gut", sage ich tröstend. "Also", drängt Tod. "Was darf's denn sein?" "Naja", sage ich. "Ein endgültiges Ende ist wohl besser, als hier auf ewig herumzulungern, oder?" "Das liegt im Auge des Betrachters", sagt Tod diplomatisch. "Was denkst du denn?", frage ich ihn. "Ich habe gar keine Augen", wendet er treffend ein. "Tja", sage ich. "Dann bitte das endgültige Ende." "In Ordnung", meint Tod und hebt die Sense. "Keine Angst, gleich ist es vorbei." "Schön", sage ich. Und warte.
You exist because we allow it, and you will end because we demand it. - Sovereign
Otherboard
Thema drucken
22.11.2011 22:37
Antworten
